Umwelt | Belastung

Geheime Grasproben?

Die Umweltagentur hat in 25 Südtiroler Gemeinden Grasproben auf Spielplätzen untersucht. Das Ergebnis: Keine Gefahr. Detailergebnisse will man aber nicht herausrücken.
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Foto: upi
Die Frage, die Paul Köllensperger stellte war mehr als klar.
Welche Wirkstoffe wurden in welcher Konzentration pro Standort pro Zeitpunkt gefunden? Bitte um eine detaillierte Auflistung bzw. Kopien der Laborberichte“, schrieb der Abgeordnete in einer Landtagsanfrage Ende November 2018.
Vor drei Tagen kam die Antwort des zuständigen Landesrates Arnold Schuler. Sie besteht zu dieser Frage aus einem Satz, der keinen Sinn macht und selbst für jeden neutralen Beobachter als eindeutige Provokation zu werten ist.
Die Frage ist nicht Zuständigkeit des Südtiroler Sanitätsbetriebs“, heißt es in der Antwort. Punkt und Schluss.
Landtagsanfragen werden nur formal von den Landesräten beantwortet. Die Antworten werden vom zuständigen Amt vorbereitet. Deshalb gibt es in den Antworten ganz oben den Hinweis „Bearbeitet von“. Normalerweise findet sich hier ein Kürzel, das auf den Autor der Antwort schließen lässt.
In diesem Fall ist diese Bereich leer. Denn hier scheint jemand nicht nur Daten und Fakten verstecken zu wollen, sondern auch seinen eigenen Namen.
Dabei hatte die Landesverwaltung vor 12 Wochen genau mit jenen Ergebnissen öffentlich geprahlt, die man jetzt im Landtag nicht herausrücken will
 

Die Entwarnung

 
Am 21. November 2018 verschickte die Agentur für Presse und Kommunikation des Landes eine Pressemitteilung mit der die Sektion Umweltmedizin im Südtiroler Sanitätsbetrieb die Ergebnisse einer Rückstand-Untersuchung von Gräsern bekanntgegeben. „Keine Gefahr ausgehend von Giftstoffen“, wird bereits im Titel das Ergebnis der Probereihe bekanntgegeben.
Die Probeentnahmen wurden laut Aussendung in 25 Gemeinden „planmäßig zu drei unterschiedlichen Zeitpunkten während der Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln durchgeführt“. „Es wurden keine unzulässigen Überschreitungen von Stoffen festgestellt, die für die Gesundheit bedenklich sind", resümiert Umweltmediziner Lino Wegher.
In der Aussendung wird dann ausführlich das aufwändige Verfahren zur Bestimmung von Rückständen zahlreicher Pflanzenschutzmittel beschrieben. Demnach würden die chemischen Untersuchungen insgesamt mehr als 300 verschiedene Wirkstoffe betreffen. Wegher: „In einigen Proben wurden in diesem Jahr überhaupt keine Rückstände gefunden".
 
Weil das Gras auf öffentlichen Flächen nicht für die menschliche Ernährung vorgesehen ist, gelten dafür keine gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerte für Rückstände. Deswegen sei der Vergleich mit anderen Lebensmitteln – nach Ansicht der Umweltmediziner - auch nicht korrekt. In der Aussendung werden andere wissenschaftliche Maßstäbe und Werte angegeben. Etwa die akute Referenzdosis (ARfD).
Am Beispiel der beiden Wirkstoffe Tetraconazol und Imidacloprid, die gefunden worden sind, müsste ein Kind mindestens 75 Kilogramm bzw. 44 Kilogramm Gras einmalig zu sich nehmen, um den ARfD-Wert, der an und für sich unbedenklich ist, zu erreichen“, heißt es in der Aussendung.
Es sind aber die einzigen beiden Wirkstoffe, die in der Erfolgsmeldung des Landes überhaupt genannt werden. Andere Ergebnisse wurden nicht bekannt gegeben.
 

Die Anfrage

 
Paul Köllensperger wollte mit einer Landtagsanfrage deshalb die Details dieser Untersuchung erfahren. Etwa in welchen Gemeinden und wann genau die Grasproben entnommen wurden? Und vor allem welche Wirkstoffe die Landeslabors in den Gräsern gefunden haben.
In seiner Antwort listet Arnold Schuler die 25 Gemeinden und die Standorte der Probeentnahmen auf. Es sind fünf Proben aus dem Vinschger Gemeinden Mals (2 Standorte), Latsch, Kastelbell und Laas. Sechs Proben aus dem Burggrafenamt aus Partschins, Lana, Naturns und Meran (jeweils 2 Standorte). Jeweils zwei Standorte in Terlan und Eppan und einer in Kaltern. Das Unterland ist mit zwei Gemeinden vertreten: Kurtatsch und Neumarkt. Ebenso das Eisacktal mit Vahrn und Natz Schabs (2 Standorte). In der Stadt Bozen hat man drei Spielplätze untersucht in Leifers einen. Auffallend ist, dass es weder aus dem Wipptal, noch aus dem Pustertal Proben gibt. Entweder gibt es dort kein Gras oder keine Pestizide.
 
Die erste Untersuchungsphase lief vom 9. Mai bis zum 5. Juni 2018 lief. Die zweite Untersuchungsphase fand vom 6. bis zum 27. Juli 2018 statt. Die dritte Untersuchungsreihe lief vom 28. August bis zum 24. Oktober 2018. Zudem ist eine vierte Untersuchungsreihe geplant, die vom Januar bis April 2019 gehen soll.
Auffallend ist, dass es weder aus dem Wipptal, noch aus dem Pustertal Proben gibt. Entweder gibt es dort kein Gras oder keine Pestizide.
Doch das sind bereits alle Details die der Landwirtschaftslandesrat preisgibt. Denn Ergebnisse der Analysen oder eine Auflistung der in den Gräsern gefundenen Stoffe und Konzentrationen wurden dem oppositionellen Landtagsabgeordneten bewusst vorenthalten.
Anscheinend hofft man darauf, dass schon Gras über die Sache wachsen wird.
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rotaderga Sa., 02.02.2019 - 09:24

Zu den Rückstandsanalysen und Bewertungen gibt es nur spezifische Einzelbeurteilungen, welche immer wieder als unbedenklich "verkauft " werden. Zu den Cocktails an Rückständen gibt es keine fundierten Aussagen weil diese unter Anderem zu viel variieren. Es gibt auch keine Aussagen zu den Abbauprodukten dieser PSM. welche oft erst nach 8-15 Jahren oder generationsübergreifend zum Tragen kommen.
Aber es gibt Statistiken zum Anstieg verschiedenster Krankheitsbilder, es gibt allgemeines Insektensterben, es gibt Bienensterben , es gibt eine Reduktion in der Vogelwelt, es gibt genetische Veränderungen und neoplastische Krankheitsbilder usw.
Der Profit als das erste Handlung-Kriterium der Politik führt zu obigen Ergebnissen.
Lieber Schuler, Ehrlichkeit zu dem Volke sieht anders aus!

Sa., 02.02.2019 - 09:24 Permalink