Gesellschaft | Jubiläum

100 Jahre Bauhaus 1919 - 2019

Teil 1/2: Allem Ende wohnt ein Anfang inne oder wie eine Schule in 14 Jahren versuchte, eine neue Welt zu gestalten und dabei eine gänzlich neue Ästhetik begründete.
Hinweis: Dies ist ein Partner-Artikel und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
Bauhaus Dessau
Foto: Tadashi Okochi

Text: Lorenz Brugger

In Zusammenarbeit mit der Architekturstiftung Südtirol / in collaborazione con la Fondazione Architettura Alto Adige.

 

 

Dieses Jahr feiert man in Deutschland nicht nur 100 Jahre Weimarer Verfassung sondern auch die Geburt einer der bekanntesten Ausbildungsstätten der Welt. Drei neue Museen in Weimar, Dessau und Berlin, mehrere Ausstellungen und eine TV-Serie werden uns darüber berichten. Das legendäre Bauhaus war zu Lebzeiten und vor allem danach so einflussreich, dass heute praktisch alles was weiß, rechteckig und mit schwarzen Fensterrahmen versehen ist, kurzerhand dieser Schule zugeschrieben wird, ganz egal in welcher Zeit, an welchem Ort oder von wem dies gebaut wurde.

Eine fatale und absolut ungebührende Pauschalisierung. Es zeigt sich auch hier ein häufiges Problem unserer Gesellschaft, die gerne vieles vereinfacht und in einer Eindimensionalität erklärt. Das Bauhaus wird allzu oft als Pendant zur modernen Architektur des 20. Jahrhunderts angesehen. Nicht nur deshalb ist diese zu Recht kaum definierbare Schule auch ein aktuelles Beispiel dafür, wie wenig differenziert wir uns heute mit unserer (gebauten) Umwelt auseinandersetzen.

Doch beginnen wir am Anfang ... oder doch am Ende? Es ist das Jahr 1919, der 1. Weltkrieg ist gerade überstanden, die europäischen Gesellschaften liegen in Trümmern. Aus diesem Nichts sollte etwas Produktives entstehen: Die Idee eines neuen Menschen, eine Symbiose aus Handwerker und Künstler wird zur zentralen Idee einer neuen Denkweise. Ohne Zweifel ein hehres Ziel. Doch so zukunftsweisend und radikal es auch klingen mochte, vordergründig war es eher eine reaktionäre Haltung, hatte man doch gerade durch die rasant voranschreitende Industrialisierung die Massenproduktion erfunden und das Handwerk ad acta gelegt. Tatsächlich nehmen die Gründer des Bauhauses die mittelalterliche Bauhütte als Ursprungsgedanken. Bereits Jahre zuvor formulierten von der Arts & Crafts Bewegung in England bis zum deutschen Werkbund viele Künstler und Architekten eine Kritik an der Entfremdung von Produkt und Schaffendem. „Architekten, Bildhauer, Maler, wir müssen alle zum Handwerk zurück!“ heißt es dann auch im Bauhaus-Manifest von 1919.

Revolutionär war die Forderung des neu gegründeten staatlichen Bauhauses also nicht. Man verstand aber durchaus die Zeichen der Zeit: wie eben auch der Werkbund proklamierte, Handwerk und Kunst mit der Industrie zu verbinden so wird diese Idee auch am Bauhaus zu einem festen Bestandteil der Ideologie. Viel bahnbrechender war jedoch ein völlig neuer pädagogischer Ansatz: anstatt akademischen Frontalunterricht zu predigen, sollten die Studierenden über das Forschen, Experimentieren und über das individuelle Erleben ihre Fähigkeiten erlernen, im Team zusammenarbeiten und an den Arbeiten der Lehrer mitgestalten. Hinzu kam, dass Frauen 1919 sowohl das Wahlrecht erhielten als auch für ein Studium zugelassen werden mussten. Trotz der viel zu oft erzwungenen Abschiebung von Frauen in die Weberei studierten tatsächlich einige später bekannt gewordene Architektinnen, Fotografinnen und Künstlerinnen am Bauhaus. Liberal, freigeistig und im Ansatz gleichberechtigt, ja das war zu Beginn des 20. Jahrhundert revolutionär.

Und leider auch anfangs durchweg esoterisch. Mit der Person Johannes Itten war ein einflussreicher Mazdaznan-Anhänger am Bauhaus tätig, der dem Haus seinen Stempel aufdrückte und selbst über die Jahre zum Anhänger der Auffassung wurde, die weiße arische Rasse stehe über alle anderen Rassen. Eine durchaus zeitgemäße Ideologie, die am Bauhaus in der Weimarer Zeit zumindest akzeptiert war. Mit den Lehrern Wassily Kandinsky und Paul Klee gelangten daneben eher expressionistische Ideen an die Schule, ihre Farben- und Formenlehre prägte über die Schließung des Hauses hinaus Design, Malerei und Architektur. Erst durch einen Vortrag des Gründers der De Stijl Bewegung Theo van Doesburg setzte sich im Kontext der architektonischen Diskussion über Konstruktivismus und einer technikorientierten Welt eine radikal funktionale Haltung auch beim Direktor Walter Gropius durch. Dieser hatte bereits mit der Realisierung des Fagus-Werks in Niedersachsen Aufsehen erregt, das mit großen Fensterflächen und einer scheinbaren Leichtigkeit aufgrund fehlender Eckpfeiler im Gebäude beeindruckte. Itten musste daraufhin das Bauhaus verlassen und mit dem wegen politischer Umwälzungen erzwungenen Umzug nach Dessau ab 1925 sollte die Schule ihre Blütezeit erleben.

Das einzige Gebäude, das in der Weimarer Zeit am Bauhaus entstand, war das Haus am Horn von 1923. Ein Versuchshaus, das aus heutiger Sicht unspektakulärer nicht sein könnte und doch einige neue Ansätze in die Architektur einbrachte: Um einen stark erhöhten zentralen Wohnraum gruppieren sich mehrere kleinere, niedrigere Räume. Wände und Decken wurden mit neuen, isolierten Leichtbausteinen realisiert, sie brachten wesentliche Material-, Lohn- und Transportkosteneinsparungen. Flachdächer, weißlicher Putz und ein schmiedeeiserner Fensterrahmen für das Oberlicht komplettieren das Haus und werden die Architektur des Bauhauses fortan mitprägen. Die einzelnen Räume wurden von unterschiedlichen Werkstätten des Bauhauses eingerichtet, unter anderem von Marcel Breuer. Es zeigt sich hier ein als Ganzes gedachtes Haus, das auch als solches nutzbar war und im Kontext der Wohnungsnot in der Weimarer Republik als Konzept für eine fabrikmäßige Herstellung von Wohnhäusern präsentiert wurde.

1926 wurde das von Gropius entworfene Dessauer Bauhaus-Gebäude eingeweiht, es gilt als Ikone der Architektur. Der verglaste dreigeschossige Werkstattflügel, der Trakt für die gewerbliche Schule sowie das fünfstöckige Ateliergebäude bilden die Hauptelemente des Ensembles, die über Zwischenbauten miteinander verbunden sind. Gropius setzt auf einen Skelettbau, an dem eine vorgehängte Glasfassade angebracht wurde. Sie gibt den Blick in die Werkstätten frei, denn Transparenz und viel Licht waren ein Grundsatz seiner Architektur. Während die Schule nach Außen über Bandfenster belichtet wird, wurde das Atelierhaus mit einer Lochfassade und teils umlaufenden Balkonen versehen, deren Geländer wie die Relinge eines Schiffes aussehen, eine Hommage an den technischen Fortschritt. Die Innenausstattung wurde wieder von den Bauhaus-Werkstätten selbst angefertigt. Walter Gropius setzte seine Vorstellung einer modernen Architektur konsequent um, benutzte neue Materialien, lässt viel Licht in den Innenraum und trennt Funktionen konsequent voneinander ab. Was später als selbstverständlich erschien und heute noch als zeitgemäß gelten kann, war zu dieser Zeit fast einzigartig. 

Es war dann auch in Dessau die Zeit, in der die bekanntesten Produkte und Bauten entstanden: Die Wagenfeld Leuchte, die ersten Stahlrohr-Möbel, die Marcel Breuer später weiterentwickelte, die Dessauer Meisterhäuser, die Siedlung Törten mit den Laubenganghäusern und vieles mehr. Das Bauhaus war da bereits zu einer Produktschmiede für das gehobene und zahlungskräftige Bürgertum geworden. Die Siedlung Dessau-Törten indes war der Versuch dem Kleinbürgertum aus der Wohnungsnot in der Weimarer Republik zu helfen und könnte man mit den Worten „Aller Anfang ist schwer“ beschreiben. Gropius entwarf einen Masterplan für 314 Reihenhäuser in drei Bauabschnitten mit Wohnflächen zwischen 57-75 qm und Garten. Die Siedlung wurde als Versuchsfeld angesehen, Gropius testete neue Baumaterialien wie Schlackenbeton für Wände und Stahlbetonträger für die Decken. Gestalterisch prägen die kleinen Reihenhäuser vertikale und horizontale Fensterbänder, aber auch teilweise hochwertige Materialien wie Stahl für Fensterrahmen und Treppen. Die Fertigung der Häuser wurde wie in einer industriellen Taktstraße organisiert. Die Betonelemente wurden im Akkord auf der Baustelle gefertigt und direkt verbaut. Ein bautechnischer Fehler in der Produktion der Elemente führte dazu, dass dieser massenhaft wiederholt wurde und viele Häuser von Anfang an baufällig waren. Bald nach Übergabe an die Bewohner wurden sie von eben diesen oft bis zur Unkenntlichkeit repariert und umgebaut.

Törten gilt trotzdem heute als Musterbeispiel für eine rationalisierte Baustellenorganisation mit Fließbandfertigung und kann in gewisser Weise als Vorläufer aller industriell vorgefertigten Häuser angesehen werden, auch für die späteren Plattenbauten der DDR, wenn auch nur rein bautechnisch. Die katastrophalen Baumängel sind dem Versuchsstadium zuzuschreiben und dem Druck der Öffentlichkeit, schnell billigen Wohnraum herzustellen.

Das Desaster Törten und der nicht gern gesehene liberale Lebensstil der Bauhäusler führten dann auch zur Kündigung von Gropius, der seinen Einfluss auf die Schule jedoch weiter aufrecht erhalten konnte. Hannes Meyer, ebenfalls Architekt und Stadtplaner übernahm die Leitung und rief als Reaktion auf die Kritik der Öffentlichkeit und aus seiner eigenen Überzeugung heraus eine gänzlich neue Parole aus: „Volksbedarf statt Luxusbedarf“. Der überzeugte Sozialist trieb das Bauhaus in eine radikale Versachlichung und stellte die Bedürfnisse des Menschen in den Mittelpunkt.

Er realisierte mit seinen Studenten ab 1929 fünf Mehrfamilienhäuser als Erweiterung der Siedlung Törten. Die so genannten Laubenganghäuser wurden explizit für Arbeiterfamilien konzipiert, die dort zur Miete wohnen sollten. Es war der Versuch, zwei Bevölkerungsschichten auf einem Siedlungsgebiet durch stadtplanerische Maßnahmen bewusst zu vermischen: Kleinbürger und Proletarier. Ein bis heute hochkatuelles Thema der Mischung. Die Wohnräume der 48qm kleinen Wohnungen sind alle nach Süden orientiert und werden im Norden über einen Laubengang erschlossen, der als nachbarschaftlicher, öffentlicher Raum ausgelegt war. Wie immer richteten die verschiedenen Werkstätten des Bauhauses die Wohnräume ein. Äußerlich unterschieden sich die Laubenganghäuser maßgeblich von den weißen Kuben und Fensterbändern eines Walter Gropius und betonten die Sichtbarkeit der Materialien über unverputzte Ziegelsteinwände und Stahlbeton-Fensterstürze. Sie stellen ästethisch eine gegensätzliche Position zu Gropius Architekturverständnis dar. Die Wohnqualität wird bis heute von ihren Bewohnern als durchweg positiv bewertet, was man als bemerkenswert erachten muss. Die Häuser gehören seit 2017 zum UNESCO Welterbe Bauhaus.

Hannes Meyer blieb nur zwei Jahre Direktor, am Bauhaus entfaltete sich eine rege sozialistische Gruppierung innerhalb der Studentenschaft, die er nicht zu unterbinden versuchte. Unter dem Vorwand kommunistischer Machenschaften wurde Meyer zügig entlassen. Der Nachfolger, von Walter Gropius empfohlen, war ein bereits damals erfolgreicher Architekt, der vergebens versuchte das Bauhaus zu entpolitisieren. Mies van der Rohe richtete die Schule wieder stärker auf eine hochwertige, sachliche Architektur aus mit dem Motto „weniger ist mehr, egal was es kostet“. Doch die Schule litt immer mehr unter den Restriktionen der Politik: Werkstätten wurden zusammengelegt, der Vorkurs abgeschafft, Studiengebühren angehoben. Das Bauhaus ging seinem Ende entgegen.

Mies van der Rohe selbst baute jedoch rege nach seiner Überzeugung von fließend ineinander gehenden Räumen und der Auflösung von Innen- und Außenraum. Schon 1922 sorgte er mit dem Entwurf eines voll verglasten Hochhausentwurfes in Berlin für Aufsehen. Nach einigen realisierten Bauwerken konnte er als Leiter der Werkbundausstellung „Die Wohnung“ in Stuttgart 1927 die dortige Weißenhofsiedlung planen. Es war ähnlich der Siedlung Törten ein Experimentierfeld für neue Konstruktionen und Baumaterialien. 17 bekannte, europäische Architekten, darunter Le Corbusier, Hans Scharoun, Walter Gropius, Mart Stam und Peter Behrens entwarfen und realisierten Häuser für diese Siedlung. Van der Rohe selbst konnte das erste Mal sein Prinzip des freien Grundrisses durch eine Stahlskelettkonstruktion mit beweglichen Trennwänden errichten lassen. Die Siedlung polarisierte von Anfang an und entfachte eine Diskussion über den „richtigen“ Baustil: Für die einen war sie der Aufbruch in eine neue Welt und das Ende des ewigen Spießertums, für die anderen der Niedergang der deutschen Baugesinnung und schimpften sie wegen der zahlreichen Dachterrassen als „Araberstadt“. Städtebaulich funktioniert diese Siedlung tatsächlich nur bedingt, sie ist eben auch wieder nur ein Versuchsfeld und stellt heute eher einen Fremdkörper in der städtischen Struktur dar. Trotzdem ist sie von hohem Wert für die Entwicklung der modernen Architektur und gehört zu Recht ebenfalls zum UNESCO Welterbe.

 

In der Folge konnte Mies van der Rohe einige noble Wohnhäuser wie das Haus Tugendhat und das Haus Lange realisieren. Doch das wohl berühmteste Gebäude van der Rohes in der Zeit zwischen den Weltkriegen ist der Barcelona-Pavillon, in dem er all seine Theorien und Ideen einer modernen Architektur umsetzen konnte. Fließende, offene Räume, die durch geschickt gesetzte Wandscheiben und großflächige Glasfassaden Innen und Außen verschmelzen lassen sowie ein auf Stahlstützen stehendes Flachdach ergaben eine Raumsequenz, die ihresgleichen noch heute sucht. Kombiniert mit sehr hochwertigen Materialien und selbst entworfenen Möbeln in Zusammenarbeit mit Lilly Reich ist es wohl eines der schillerndsten Beispiele für Architektur überhaupt.

Am Bauhaus jedoch konnte Mies van der Rohe weder große Erfolge verbuchen noch die Schließung verhindern. Ein Jahr nach Amtsantritt eroberte die NSDAP die Mehrheit im Dessauer Stadtrat und man beschloss die Auflösung des Bauhauses. Er führte die Schule privat in Berlin bis zur endgültigen Schließung 1933 fort. Viele der wichtigen Protagonisten wanderten mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten aus und begründeten so den internationalen Ruf der Schule, einige wenige biederten sich aber auch dem neuen Regime an. Der Versuch, die Schule von allen politischen Einflussnahmen und Positionen zu befreien war tatsächlich von Anfang an zum Scheitern verurteilt und musste so enden: Mit der Grundpositionierung des Bauhauses als Erschaffer einer neuen Welt agierten alle Lehrer, Schüler und Beteiligten zuallererst politisch und erst im zweiten, konkreten Schritt gestalterisch. Die Vorstellung, einen modernen, besseren Menschen aus uns allen zu machen ist bis heute ein politisches Ziel unserer Gesellschaft, wenn wir auch oft viele Rückschritte hinnehmen müssen. Das Bauhaus ist dabei ein Beispiel, wie eine politische Kraft unberechtigterweise Druck auf die Kunst und mit ihr auf die Architektur ausübt, sie verbietet und brandmarkt. Es ist daher sogar die Pflicht von Architekten und Stadtplanern gewesen, den so genannten Fischfilet-Skandal um einen Auftritt einer linken Band am Bauhaus mit einem Aufschrei zu begleiten. Denn nichts anderes geschah mit der Absage des Konzerts durch die aktuelle Bauhausdirektorin. Dass es keine Folgen für die Leitung des Bauhauses hatte, beweist wie sehr man sich bereits wieder der Politik beugt, anstatt seinen eigenen Weg zu gehen. 

Ort der Esoterik, Unterricht mit Reformpädagogik, politische Überzeugungen von rechts außen bis links außen, Expressionistische Ideen, technikorientierte Gestaltung, industrielle Serienproduktion, teure Möbelanfertigung, funktionale Architektur, sozialer Wohnungsbau, ... Alles war das Bauhaus nur nie eine homogene gleichgesinnte Einheit, die immer in ein und dieselbe Richtung steuerte und sich um die Ansicht anderer kümmerte. Genau das ließ ein Spannungsfeld entstehen, in dem völlig neue Gestaltungsprinzipien entstehen konnten. Diese Vielfalt aus dem Anspruch, eine neue Gesellschaft im wahrsten Sinne des Wortes zu gestalten, einem auf höchstmögliche Diversität ausgelegter Studiengang, ein für die damalige Zeit sehr liberales Haus und einer erstmalig eingeführten, neuen Pädagogik verhalfen den Studierenden und Professoren am Bauhaus, tatsächlich auch Neues zu schaffen.

So entstanden enorm einflussreiche Zeichnungen, Grafiken, Plakate, Typografien, Fotografien, Kostüme, Broschüren, Küchenutensilien, Möbel, Leuchten, Webstücke und vieles mehr. All dies gilt heute als einer der Ursprünge des Begriffs Design. Doch die Architektur stand dabei immer im Mittel- und am Endpunkt der Ausbildung: „Das Endziel aller bildnerischen Tätigkeit ist der Bau!“ steht als erster Satz im Bauhaus Manifest. So waren es auch drei außergewöhnliche Architekten, die als Direktoren das Bauhaus maßgeblich prägten und gemeinsam mit ihren Studenten wegweisende Gebäude entwarfen, die sich scharf gegen den ornamentüberladenen Historismus wendeten. Klarheit, Einfachheit und Sachlichkeit, neue Materialien, sichtbare Konstruktionen und Elemente neuer technischer Errungenschaften wie des Autos verbanden sie miteinander und schufen ein Gesamtkonzept eines Bauwerks mit dem Ziel, von der Türklinke über die Möbel und Einrichtungsgegenstände bis zur Farbgebung im Inneren und der Gestaltung von Grundriss, Schnitt, Fassade und Dach inklusive äußeren Einflüssen wie Licht und Klima alles aufeinander abzustimmen. Der Anspruch, die Welt von kleinsten bis zum größten Element mit penibler Sorgfalt zu gestalten und aufeinander zu beziehen fand in den Bauten des Bauhauses seine vollkommenste Entsprechung. Der Architekt als Generalist, er fand auch hier seinen Ursprung.

Gemeinsam mit den Vertretern des de Stjil in den Niederlanden, Le Corbusier in der Schweiz und Frankreich, dem Konstruktivismus in Russland, den aufkeimenden Hochhausarchitekten in den USA und den italienischen Rationalisten entstand in der Folge eine ausdifferenzierte und teilweise widersprüchliche Architektursprache, die einerseits durch eine heute nur mehr selten vorhandene Feinfühligkeit der Gestaltung Ikonen von unschätzbarem Wert hervorbrachte und andererseits durch ihre Radikalität in der Herangehensweise und ihrem Hang zum Größenwahn ganze Stadtviertel entstehen ließ, die bis heute einen negativen Einfluss auf unsere Gesellschaft ausüben. Im zweiten Teil dieser Retrospektive zeigt sich das ganze Ausmaß der Veränderung an einigen berühmten und auch erschreckenden Beispielen aus der Architektur der Nachkriegszeit bis heute.

 

 

Quellen und weiterführende Informationen:

https://de.wikipedia.org/wiki/Bauhaus

https://www.bauhaus100.de

https://www.bauhaus.de/de/

https://www.bauhaus-dessau.de/de/architektur/bauhausbauten-in-dessau.html

https://de.wikipedia.org/wiki/Deutscher_Werkbund

https://de.wikipedia.org/wiki/Arts_and_Crafts_Movement

https://de.wikipedia.org/wiki/Musterhaus_Am_Horn

https://de.wikipedia.org/wiki/Ludwig_Mies_van_der_Rohe

https://de.wikipedia.org/wiki/Walter_Gropius

https://de.wikipedia.org/wiki/Hannes_Meyer

https://de.wikipedia.org/wiki/Barcelona-Pavillon

https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/kunst/100-jahre-bauhaus-ein-inbegriff-des-modernen-und-guten-15986918.html

BAUHAUS, Kunstschule der Moderne; Rainer K. Wick; Hatje Cantz, 2000

DW Dokumentationen: bauhausWORLD (3 Teile): https://www.youtube.com/watch?v=JcVAY1MQhEw, https://www.youtube.com/watch?v=zCqS_P6bqVU, https://www.youtube.com/watch?v=OkoVpIHiAjE