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Rubato

Uffizien-Direktor Eike Schmidt fordert ein von den Nazis 1944 möglicherweise ins Passeiertal gebrachtes Kunstwerk zurück. Ein Kunstkrimi.
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Foto: Bildquelle: Uffizien Florenz

Knapp 40 LKW-Ladungen mit Kunstwerken hohen und höchstens Ranges wurden in der Zeit vom 8. August bis 9. September 1944 vom „Kunstschutz“ der Nazis aus der Toskana nach Südtirol verfrachtet. Bis auf wenige Ausnahmen wurden die Werke nach dem Zusammenbruch des Deutschen Reiches von den Amerikanern sichergestellt und im Juli 1945 nach Florenz zurücktransportiert. Allerdings nicht das Stillleben des Künstlers Jan van Huysum. Es wurde nach Angaben der Uffizien von Wehrmachtstruppen gestohlen.
„Mein Wunsch für das Jahr 2019 ist, dass dieses hochrangige Kunstwerk an seinen Ursprungsort zurückkehrt, in die Sala dei Putti, in den Palazzo Pitti.“ betont Uffizien-Direktor Eike Schmidt in seinem "Neujahrsvideo". In der Videobotschaft betritt er die besagte Sala mit einer Kopie des Kunstwerkes. 

"La Germania restituisca a Firenze il dipinto rubato dai nazisti..." / Bildquelle: Uffizien Florenz

Seit Anfang der 1990er Jahre war bekannt, wo sich das Bild befindet. Nach Angaben der Uffizien gehört das Bild gegenwärtig zur Privatsammlung einer deutschen Familie, welche es „trotz zahlreicher Aufforderungen von Seiten des italienischen Staates nicht zurückgegeben hat.“  

Werke von Michelangelo, Raffael, Tizian, Lukas Cranach, Botticelli, Donatello, Caravaggio, Lorenzo Lotto, Tintoretto, Roger van der Weyden, Albrecht Dürer und Rembrandt, wurden 1944 von der Abteilung „Deutscher militärischer Kunstschutz“ in Italien in das ehemalige Gerichtsgebäude in St. Leonhard in Passeier und den Ansitz Neumelans in Sand in Taufers verfrachtet. Die abgelegenen Orte in der Operationszone Alpenvorland galten wohl als vergleichsweise sichere Unterbringungmöglichkeiten vor den täglich näher rückenden Angriffen der Allierten.
„Tatsächlich scheint das Vasenbild von Jan van Huysum in der Liste der für das Passeiertal bestimmten Bilder auf,“ erzählt Judith Schwarz, Kuratorin der aktuellen Sonderausstellung Uffizi in Passeier beim Sandhof in St. Leonhard, „allerdings wurde im Oktober 1944 eine genaue Inventarliste erstellt, mit dem Hinweis, dass das besagte Bild nicht im Gerichtsgebäude St. Leonhard aufgefunden werden konnte." 

Bezüglich der Frage: Kunsschutz oder Kunstraub? kursieren seit Jahren verschiedenste Spekulationen und Interpretationen. Mit dem mutigen "Rubato"-Aufruf von Eike Schmidt ist der "Florentiner Kunstkrimi" nun um ein delikates Kapitel reicher.