Politik | Kommentar

Gespräch unter Tauben

Gewissheiten gibt es vor den mutmaßlichen Marathon-Beratungen in Rom kaum. Außer, dass es lange dauern wird, bis Italien eine handlungsfähige Regierung bekommt.
Quirinale
Foto: palazzo.quirinale.it

Wenn Staatspräsident Sergio Mattarella am Mittwoch mit den Konsultationen zur Bildung einer neuen Regierung beginnt, weiss er als erfahrener Politiker, was auf ihn zukommt. Einen Monat nach der Wahl besteht eine Horde störrischer Parteienvertreter auf ihren festgefahrenen  Positionen.

Die Wahlen im Friaul und in Molise könnten der Fünfsterne-Bewegung und der Lega erneut den Rücken stärken.

Luigi Di Maio etwa beharrt auf einer Regierung ohne Forza Italia-Vertreter, der Partito Democratico weist entrüstet das Angebot der Fünfsterne-Bewegung zurück, ein gemeinsames Regierungsprogramm in fünf Punkten zu erstellen. Die Situation in der gebeutelten Linkspartei mutet paradox an. Obwohl Matteo Renzi als Parteichef zurückgetreten und ein Nachfolger nicht in Sicht ist, verhindert er energisch jede Form der Annäherung an die verhassten Grillini. Für die Partei eine gefährliche Zerreissprobe – auch angesichts der Tatsache, dass in den nächsten zwei Monaten sieben Millionen Italiener zu Regional- und Gemeindewahlen aufgerufen sind. Auch Lega-Chef Matteo Salvini weist das Angebot Di Maios zurück. Er kann das Wahlbündnis mit Silvio Berlusconi (noch) nicht opfern. Denkbar wäre jedoch eine Regierungsbeteiligung von Forza Italia-Vertretern, die eine gewisse Distanz zu Berlusconi haben wie beispielsweise Franco Frattini. Oder einige Minister, die nicht der Partei angehören, aber von ihr ausgewählt werden. Der Staatspräsident wird die Parteien dazu drängen, sich  zunächst auf einige wichtige Programmpunkte zu einigen. Dazu gehören Steuersenkungen und Pensionsreform. Auch das Beharren Di Maios auf dem Posten des Regierungschefs erschwert eine Einigung. Mattarellas Konsultationen gleichen daher einem Slalom zwischen den veti incrociati der Parteien und wesentlichen Terminen wie der Genehmingung des Haushaltsvoranschlags (Def), der spätestens am 30. April in Brüssel hinterlegt und vorher vom Parlament genehmigt werden muss.  

Gewissheiten gibt es vor den mutmasslichen Marathon-Beratungen kaum. Ausser der Tatsache, dass es lange dauern wird, bis Italien eine handlungsfähige Regierung bekommt. Für deren Lebensdauer gibt es freilich keine Garantie. Doch die bevorstehenden Wahlen im Friaul und in Molise könnten der Fünfsterne-Bewegung und der Lega erneut den Rücken stärken. Und den Partito Democratico endgültig abstürzen lassen.