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Überholter Sender Bozen

Der Privatsender Südtirol 1 hat RAI Südtirol bei den Radiohörern überholt. Südtirol Heute kommt der Tagesschau gefährlich nahe. Die Ergebnisse der neue Medien-Erhebung.
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Foto: upi
Es ist wie ein Schlag in die Magengrube. Jahrzehntelang war der „Sender Bozen“, heute RAI Südtirol, im Äther unschlagbar. Das Radioprogramm vom Mazziniplatz, so altbacken es auch daherkam, war bei allen Umfragen zu den Hörergewohnheiten fast uneinholbar an erster Stelle.
Damit ist es jetzt aber vorbei.
Am Donnerstag stellte das Landesstatistikinstitut ASTAT die Ergebung zu den Radio- und Fernsehgewohnheiten 2017 vor. Das einschneidenste Ergebnis dabei: Der Privatsender Südtirol 1 hat RAI Südtirol in den Hörerzahlen inzwischen deutlich überholt. Der Athesia-Sender hat inzwischen fast doppelt so viele Hörer als der öffentliche rechtliche Lokalsender. Und nicht nur das. Auch die ORF-Fernsehsendung „Südtirol heute“ kommt in der Seherstatistik der „Tagesschau“ von RAI-Südtirol gefährlich nahe.
 

Die Erhebung

 
Seit mehr als 20 Jahren erhebt das ASTAT die Radio- und Fernsehgewohnheiten der Südtirolerinnen und Südtiroler (die vorhergehenden Erhebungen fanden 1994, 1998, 2001, 2005 und 2012 statt). Gegenstand der Erhebung sind nicht nur die Einschaltzeiten und Arten der genutzten Programme der beiden Medien, sondern auch die durchschnittliche Einschaltquote der Sender. Während die Erhebung in der Vergangenheit die Einschaltquoten sowohl der nationalen als auch der lokalen Sender analysiert hat, hat man sich diesmal ausschließlich auf die lokalen öffentlichen und privaten Sender konzentriert.
Zwischen Oktober 2017 und Februar 2018 wurden 3.000 Personen mittels Fragebogen teils telefonisch, teils per Online-Ausfüllung befragt. Es handelt sich um eine repräsentative Stichprobe mit der die Ergebnisse auf die gesamte Bevölkerung Südtirols hochgerechnet werden können.
 

Die Fernsehsender

 
69,2% der Südtiroler über 14 sehen täglich oder fast täglich fern, 9,2% vier oder fünf Tage in der Woche und ungefähr ebenso viele zwei oder drei Tage in der Woche. Die Gelegenheitszuschauer (höchstens einen Tag in der Woche) machen 7,0% der Bevölkerung aus, während ungefähr 5% nie fernsehen.
Der durchschnittliche Südtiroler sieht fünf Tage pro Woche fern und verbringt jeden Tag 124 Minuten damit. Im Vergleich zu 2012 sind somit keine nennenswerten Veränderungen festzustellen. Dagegen ist festzustellen, dass die unterschiedlichen Gewohnheiten der städtischen Bevölkerung (die im Durchschnitt 139 Minuten pro Tag fernsieht) und der ländlichen Bevölkerung (114 Minuten) sowie der Bozner (140 Minuten) und der Einwohner der anderen Bezirksgemeinschaften (119 Minuten) zur Gänze auf die jeweilige Muttersprache zurückzuführen sind.
 
Konkret: Italiener schauen mehr Fernsehen als Deutsche. Dies wird durch die Tatsache bestätigt, dass die Personen deutscher Muttersprache, die in den Stadtgemeinden ansässig sind (113 Minuten TV pro Tag) ein ähnliches Verhalten wie die deutschsprachigen Einwohner kleinerer Orte (112 Minuten) an den Tag legen. Nur wenige TV-Zuschauer sehen in den Nachtstunden fern, zwischen 6 und 7 Uhr morgens nimmt ihre Zahl leicht zu. Zwischen 7 und 12 Uhr mittags sehen jede Stunde ungefähr 10.000 Zuschauer fern. Ab Mittag und am Nachmittag schwankt die Zuschauerquote zwischen 20.000 und 30.000, von 17 bis 21 Uhr steigt sie kontinuierlich an und erreicht den Zuschauerhöchstwert von 230.000 Menschen vor dem Fernseher zwischen 20 und 21 Uhr. Danach sinken die Einschaltquoten, mit 195.000 Zuschauern zwischen 21 und 22 Uhr, 95.000 in der Stunde darauf und weniger als 30.000 zwischen 23 Uhr und Mitternacht.
7,9% der Zuschauer sehen via Internet fern (über Smart-TV, Tablet, PC oder Smartphone) und für ungefähr ein Drittel von ihnen ist das Internet der einzige Zugang zum TV. Ein Fernsehzuschauer von sechs (16,6%) gab an, Bezahlfernsehen abonniert zu haben
Die Nachrichten sind Spitzenreiter unter den meistgesehenen Programmen: Für drei von vier Zuschauern (76,1%) gehören sie zu den Sendungen, die sie am häufigsten verfolgen. Gefolgt von Spielfilmen (63,2%), Informationssendungen und Sendungen zu aktuellen Themen (43,1%), Sendungen zu kulturellen und wissenschaftlichen Themen (39,6%), TV-Serien (39,4%), dem Wetterbericht (38,2%) und Sportsendungen (37,8%). Weniger beliebt bei den Zuschauern sind Kochsendungen (24,1%), Quizsendungen (22,2%), politische Diskussionsforen (19,0%), Talkshows (19,0%), Musik- oder Theatersendungen (18,6%), Talentshows (18,4%), Infotainment-Sendungen (12,2%), Zeichentrickfilme (12,2%), Reality-Shows (9,6%), Varieté (8,6%), religiöse Sendungen (5,3%) und Teleshopping (1,0%).
 

Die Radios

 
Auf die Frage nach der Häufigkeit, mit der sie normalerweise Radio hören, antworten 60,6% der Südtiroler im Alter von 14 Jahren und mehr täglich oder fast täglich, 6,9% vier oder fünf Tage in der Woche und 9,0% zwei oder drei Tage in der Woche. Die Gelegenheitshörer (höchstens einen Tag in der Woche) machen ungefähr 10% der Bevölkerung aus, während ungefähr 15% nie Radio hören. Der durchschnittliche Südtiroler hört vier bis fünf Tage pro Woche Radio und verbringt jeden Tag 117 Minuten damit.
Im Vergleich zu 2012 ist somit eine leichte Abnahme der täglichen Radiohörer sowie der Zeitspanne, in der die Südtiroler durchschnittlich jeden Tag Radio hören, festzustellen.
Die nächtlichen Radiohörer sind in der Minderheit. Zwischen 6 und 8 Uhr nimmt die Zahl der Hörer stark zu und erreicht die Tageshöchstzahl von 120.000 Nutzern. In den darauffolgenden Stunden nehmen die Hörer immer weiter ab; jedoch bei Quoten stets über 75.000 wird zwischen 12 und 13 Uhr ein weiterer Höhepunkt mit 95.000 Hörern erreicht. Nach einem Rückgang in den frühen Nachmittagsstunden kommt es zwischen 17 und 18 Uhr zu einem dritten Spitzenwert mit 75.000 Hörern. Schließlich verringert sich ihre Zahl konstant bis in den Abend hinein.
 
Ungefähr acht Radiohörer von zehn (80,4%) hören analoges UKW-Radio, hingegen nur einer von vieren (23,0%) digitales Radio (DAB+). 14,8% hören Radio via Internet und für ungefähr ein Drittel dieser Nutzer ist das Internet die einzige Zugangsmöglichkeit zu Radiosendungen. Ein Radiohörer von zwanzig (5,1%) erklärt, den Fernseher zum Radiohören zu nutzen.
Radio wird vorwiegend im Auto und zu Hause gehört. 66,3 Prozent hören im Auto, 61,7% zuhause und 15,9 geben an am Arbeitsplatz Radio zu hören.
Inhaltlich liegt dabei die Musik vorne. Fünf von sechs Hörern (83,6%) schalten am häufigsten bei Musikprogrammen ein. Auf dem zweiten Platz liegen mit 62,0% die Nachrichten und dahinter mit 35,6% der Verkehrsbericht. Auf den hinteren Plätzen dagegen rangieren Informationssendungen und aktuelle Berichte (24,8%), Infotainment (13,0%), wissenschaftlich-kulturelle Beiträge (11,8%), die Sendun- gen mit telefonischem Kontakt zur Hörerschaft (11,3%), Unterhaltungssendungen (8,6%), Sportsendungen (7,9%), Religiöses (4,9%) und Quizsendungen (2,6%).
ASTAT-Direktor Timon Gärtner erklärte bei der Vorstellung, dass die Erhebung im Auftrag der Landesregierung in Zusammenarbeit mit den Medienhäusern erarbeitet wurde. Sie soll auch eine Grundlagen für die öffentliche Rundfunkförderung sein.
Wenn man bedenkt, dass RAI-Südtirol im Jahr 20 Millionen Euro bekommt, so sollte am Mazziniplatz eine ernsthafte Nachdenkpause angesagt sein.
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Martin B. Do., 05.04.2018 - 18:30

Leider. RAI Bz ist nicht unschuldig das Kulturprogramme und Infosendungen so schlecht abschneiden. Ich wundere mich wo Ö3 und Ö1 steht. Die Existenz des letzteren wurde ja m.W. auch schon in Frage gestellt.

Do., 05.04.2018 - 18:30 Permalink
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gorgias Do., 05.04.2018 - 20:20

Antwort auf von Martin B.

Die blauen wollen Ö1 an den Kragen, von ö3 kann ich mir das nicht vorstellen.

Was RAI BZ gut tun würde, wäre ein besseres Online Angebot. Das ist wirklich grenzwertig amateurhaft. Die Infosendungen würde ich mir schon anhören, wenn es etwas analog zu 7 Tage Ö1 geben würde.

Do., 05.04.2018 - 20:20 Permalink
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Michael Kerschbaumer Fr., 06.04.2018 - 11:15

"ASTAT-Direktor Timon Gärtner erklärte bei der Vorstellung, dass die Erhebung im Auftrag der Landesregierung in Zusammenarbeit mit den Medienhäusern erarbeitet wurde."

Durfte jeder sagen wie oft er seinen eigenen Sender schaut/ hört? oder wie läuft so eine Zusammenarbeit?
Vielleicht kann uns Herr Feuer dazu was sagen?

Fr., 06.04.2018 - 11:15 Permalink
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Astat Landesin… Fr., 13.04.2018 - 10:29

Antwort auf von Michael Kerschbaumer

Die „Zusammenarbeit mit den Sendern“ bezieht sich auf die Ausarbeitung der Fragebögen im Vorfeld der Erhebung und sollte dem Zweck der Objektivität und Gleichbehandlung aller dienen. Unter dem Link http://astat.provinz.bz.it/de/aktuelles-publikationen-info.asp?news_act… können Sie selbst Einsicht nehmen in die von uns herausgegebene Mitteilung. Auf S. 27/28 werden die Methoden für die Stichprobenerhebung unter der gesamten Wohnbevölkerung Südtirols genauer dargelegt.
P.S. Natürlich kann es bei Stichprobenerhebungen innerhalb der Wohnbevölkerung auch passieren, dass ausgerechnet ein, sagen wir, Heiner Feuer gezogen wird :) - der dann genau wie alle anderen Bürger seine Präferenzen angibt, mit derselben Gewichtung.

Fr., 13.04.2018 - 10:29 Permalink
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Mensch Ärgerdi… Fr., 06.04.2018 - 12:08

Das Hauptziel eines öffentlichen Senders sollte nicht sein am meisten Hörer zu haben. Ich höre gern den Sender Bozen (für mich wird er immer so heißen), er ist so ziemlich die einzige Alternative zum Mainstream der sonst in allen anderen Sendern herrscht und das ist gut so!

Fr., 06.04.2018 - 12:08 Permalink