Gesellschaft | Coppa Italia

Über Historie und Institutionen

Am Donnerstag trifft der FC Südtirol in der Coppa Italia auf den Torino FC. Ein Spiel, das schon jetzt eines für die Ewigkeit für den Südtiroler Sport und Fußball ist.
FCS
Foto: Fc Südtirol

Sieben offizielle Meistertitel, fünf Mal der Sieg in der Coppa Italia und ein Team, das ob seiner erfolgreichen, jedoch auch tragischen Geschichte zu den großen Namen im italienischen Fußball zählt. Am Donnerstag Abend trifft der FC Südtirol im Rahmen der vierten Runde der Coppa Italia in Turin gegen niemand Geringeres als den Torino FC.

 

Das Spiel enthält historische Züge, ein Leitmotiv, dass man so einer Partie der vierten Runde der Coppa Italia nur selten attribuieren kann. Denkt man an die Granata – wie Torino wegen seiner Vereinsfarben genannt wird – kommt einem unweigerlich die Grande Torino um Valentino Mazzola und Aldo Olivieri in den Sinn. Die Mannschaft aus dem Piemont dominierte in den 40er-Jahren den italienischen Fußball nach Belieben, fünf Mal in Folge konnte man zwischen 1943 und 1949 den Meistertitel holen. 1949 wird den meisten Toro-Fans aber nicht wegen diesem letzten Titel im Gedächtnis bleiben. Das Jahr steht für eine Zäsur im italienischen Fußball; es ist ein Jahr, an dem der italienische Fußball und die Turiner Selbstverständlichkeit in einem Augenblick auf tragische Art und Weise auf dem Kopf gestellt wird.

 

Fünf Spieltage vor Schluss war der Scudetto schon in trockenen Tüchern. Anlass genug für den Präsidenten Ferruccio Novo ein Freundschaftsspiel in Lissabon zu organisieren. Es sollte eine Folgenschwere Entscheidung sein. Beim Rückflug am 4. Mai 1949 kollidierte die Maschine, in der sich bis auf drei Spieler der ganze Kader der Turiner befand, im dichten Nebel mit einer Kirche auf dem Hügel von Superga. 31 Menschen, darunter Spieler, Trainer, Funktionäre, Journalisten und die Crew, fanden an diesem Tag den Tod, kein Insasse überlebte. Nie mehr konnte man in Turin an die alten Erfolge anknüpfen. 1976 gab es noch einen letzten Meisterschaftstitel. Nichtsdestotrotz musste sich Il Toro im Laufe der Jahrzehnte immer mehr dem Schatten des großen Lokalrivalen Juventus Turin beugen.

 

Wenn auch unter erfreulicheren Gesichtspunkten erfüllt das Wort historisch auch im Bezug auf das Fußballland Südtirol seinen Zweck. „Es handelt sich für Südtirol durchaus um ein historisches Ereignis. Es zeigt, dass wir wachsen und unsere kontinuierliche Arbeit Früchte trägt“, sagt FCS-Präsident Walter Baumgartner gegenüber salto.bz. Tatsächlich hat man in der Runde zuvor mit Frosinone schon einen Serie-A-Klub aus dem Wettbewerb befördert, mit 2:0 sogar überraschend klar. Dennoch erhält ein Spiel gegen eine Fußball-Institution wie den FC Turin einen doch wohligeren Beigeschmack. Und natürlich malt man sich auch seine Chancen aus. „Wir gehen bescheiden in dieses Spiel, aber wir fahren nicht nur nach Turin, um eine gute Figur abzugeben. Wenn alles zusammenpasst und die Turiner einen schlechten Tag erwischen, können wir ein positives Ergebnis einfahren. Daran glaube ich und daran glaubt auch die Mannschaft“, betont Baumgartner.

 

Will man das Wort historisch auch auf individueller Ebene anwenden, dann trifft es aktuell besonders auf einem Spieler des FC Südtirol zu. Der Mikrokosmos von Hannes Fink war in den letzten Wochen einem Großereignis nach dem anderen ausgesetzt. Kürzlich erfolgte die Vertragsverlängerung mit dem FC Südtirol bis 2021. Gegen Pordenone am letzten Wochenende erreichte der Klobensteiner Quote 250 an Spielen für den Verein, dessen Trikot er schon seit 2006 überstreift. Am Donnerstag wird er schließlich sein Team als Kapitän ins Stadio Olimpico Grande Torino führen. „Hannes Fink ist für den FC Südtirol und den Fußball im Land eine Institution. Er ist auf einem Niveau, dass man nicht einfach so im Vorbeigehen erreicht und sowohl fußballerische als auch menschlich eine wichtige Persönlichkeit für den Klub“, schwärmt Präsident Baumgartner von seinem Spielführer.

 

„Es war eine sehr wichtige Woche für mich, auch wenn die Zahlen unweigerlich darauf hindeuten, dass ich langsam alt werde“, scherzt Fink bei salto.bz und führt weiter aus: „Zum Abrunden ein Spiel gegen so eine Mannschaft in so einem Stadion spielen zu dürfen, ist schon ein Highlight. Wir können uns mit großartigen Spielern messen und das bei einer unglaublichen Atmosphäre. Wir werden auf dem Platz gehen und jede Sekunde genießen.“

 

Das Team von Walter Mazzarri befindet sich in der Seria A momentan auf Platz sechs und hat sich erst letztes Wochenende mit einem 2:1 Heimerfolg gegen CFC Genoa für die Whitereds warmgeschossen. Kein Grund zu Beunruhigung in Rungg. „Es herrscht große Vorfreude und Enthusiasmus im Team, da ist gar kein Platz für Druck und Nervosität. Mit dieser Einstellung können wir auch das Maximum rausholen“, gibt sich Fink optimistisch. Vielleicht erleben wir gerade am Donnerstag in Turin wieder Historisches im Aufeinandertreffen zweier Institutionen.