Gesellschaft | Ötzi Museum

Streit im SPIEGEL

Der Kampf gegen das von René Benko vorgeschlagene Museumsquartier am Virgl macht international Schlagzeilen. Der Hamburger Spiegel widmet dem Zwist eine Reportage.
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Foto: signa
Der Titel ist durchaus provokant. 
Ein „Kaufhauskönig will sich eine der lukrativsten Leichen der Welt sichern“ ist eine Reportage überschrieben, die am Samstag im „Der Spiegel“  erschienen ist. Das Hamburger Nachrichtenmagazins liefert eine Geschichte über den aktuellen Streit in der Südtiroler Landeshauptstadt um das geplante Ötzi-Museum am Virgl.
Der Artikel wurde vom Brixner Journalisten Anton Rainer verfasst. Rainer zuerst bei der Neuen Südtiroler Tageszeitung, dann beim Wochenmagazin FF, absolviert nach dem Besuch der Münchner Journalistenschule derzeit ein Praktikum beim Hamburger Spiegel.
Rainer beschreibt den „Weltstar Ötzi“ und das Platzproblem im derzeitigen Archäologiemuseum. Dann heißt es in dem Artikel:
 
Der Platz reiche hinten und vorne nicht, heißt es im Museum. Ein neuer Standort wird dringend gesucht.
Reue Benko hätte Platz. Der 41-Jährige ist einer der reichsten Österreicher, in Deutschland gehören ihm die Kaufhausketten Karstadt und Kaufhof. Und hier, am Rande von Bozen, ein ganzer Berg, der Virgl. Dort oben will Benko der Gletschermumie ein gigantisches Museum errichten.
Benko könnte in dieser Geschichte der Retter sein, stattdessen ist er der Buhmann, jedenfalls bei den Kaufleuten unten in der Altstadt. Zwei Jahrzehnte lang haben sie dank Ötzi ein Riesengeschäft gemacht. Er ist ihr bester Mann. Liegt er erst einmal auf dem Berg, kommen die Touristen nicht mehr automatisch an ihren Läden vorbei. Das Geschäft macht dann ein anderer: Benko.“
 
Im Spiegelartikel kommt „Benkos-Statthalter“ Heinz Peter Hager genauso zu Wort, wie einer der vehementesten Gegner aller Benko-Projekte. Der Bozner Kaufmann Thomas Rizzolli.
 
„Thomas Rizzolli, 5o, ist Schuhhändler‚ er führt sein Geschäft in vierter Generation, einen Laden mit Stuckdecken und Fresken aus dem 13. Jahrhundert. In den vergangenen Jahren kam ein Wirtshaus dazu, demnächst folgt ein Hotel.
Ermöglicht hat das Rizzollis Fleiß. Und Ötzi. Rizzolli ist empört: "Man kann Ötzi doch nicht in die Hand eines Investors geben." Als Sprecher der örtlichen Kaufleute ist er der oberste Kämpfer gegen Benko. Rizzolli gibt Interviews und schreibt Pressemitteilungen. Altstädte mit Flair gebe es viele, sagt er, "wir brauchen Attraktionen".
Die Kaufleute argumentieren mit Moral ("Lassen wir doch Ötzi bitte in Frieden ruhen") und Zahlen: Nach Umzug auf den Berg würden bis zu "20 Prozent weniger" Touristen in die Altstadt kommen, das hat ein Algorithmus für sie ausgerechnet. Einige von ihnen haben alternative Vorschläge für die Virgl-Bebauung ersonnen. Sie reichen vom Planetarium bis zum Streichelzoo für das Tirolerhuhn und das gescheckt Alpenschwein.“
 
Der Spiegel zeichnet aber auch die Rolle der „Dolomiten“ und der „Athesia“ in diesem Streit nach. Anton Rainer schließt die Reportage mit einem Schuss Humor und Sarkasmus:
  
„Die Talstation der Ötzi-Seilbahn würde direkt vor Benkos „Waltherpark“ gebaut. Vom Shoppen zur Leiche in 71 Sekunden“.