Politik | Provinzwechsel

Il sottosegretario e la politica sotto il banco

Ich habe keine Belege, will nichts behaupten. Keine Theorie und ohne jede Verschwörung.

Ich hatte erst gestern davon berichtet, dass der Bellunesische Provinzausschauss eine komplett überraschende Entscheidung gegen den Regionenwechsel der Gemeinde Sappada/Plodn vom Veneto hin zu Friaul-Julisch Venetien getroffen hatte. Eingeweihte halten das für ein gezieltes Störmanöver, das vom römischen Partito Democratico, namentlich unserem Freund Gianclaudio Bressa, gesteuert wurde.

Bressa, der ja ehemals Bürgermeister der Stadt Belluno war, hatte sich niemals als besonderer Unterstützer der Bellunesischen Autonomiebewegung hervorgetan. Ganz gewiss nicht als Unterstützer des BARD, dessen erklärtes Anliegen es ist, die scheidende Provinz Belluno vom Veneto abzutrennen und als eigenständig autonome Provinz unserer Region Trentino-Südtirol, aber auch unserer Europaregion anzuschließen. Anders als der BARD unterstützte Bressa auch nie die diversen Referenden, die Gemeinden zum Teil mit großem Erfolg abhielten, um einen Provinzwechsel in die Wege zu leiten, hin zu den autonomen Ländern Südtirol, Trentino, Friaul.

Wir erinnern uns, dass der ursprünglich überparteiliche BARD im letzten Frühling mit dem PD zwei verhängnisvolle Verträge unterschrieben hatte, in denen sich der PD verpflichtete erstens, die Annäherung Bellunos an Bozen und Trient hinsichtlich Euregio als auch hinsichtlich der Region mitzutragen, wenn der BARD denn nur mit aller Kraft die PD-Kandidatin Alessandra Moretti bei den Venezianischen Regionalwahlen unterstütze - also, gegen den politischen Erzfeind Luca Zaia von der Lega Nord. Der PD verpflichtete sich auch, der Provinz Belluno wieder eine Provinzregierung zu gewähren, die tatsächlich auch von der Bevölkerung direkt gewählt werden dürfte. In den Vertägen steht ausdrücklich, dass sie ihre Gültigkeit behalten, auch wenn Moretti die Wahl verlieren sollte. Nun, bekanntlich hat die Moretti die Wahl verloren und der PD hat den BARD nach Strich und Faden verarscht.

Vor zwei Wochen war der BARD nach Rom geladen, um sich mit dem PD auszusprechen. „L’ultima chiamatanannten es die Belluneser, als ob sie etwas zu drohen hätten. Lorenzo Dellai wollte unterstützend mit von der Partie sein. In Rom angekommen, ließ sich Dellai aus persönlichen Gründen entschuldigen und der BARD wurde seitens des PD nur vom Vizesekretär Lorenzo Guerini (Guerini chi?) empfangen und mit ein paar Weichspülerschulterklopfern wieder heimgeschickt. „Un incontro lungo e cordiale“ wie es im Jargon so schön heißt. Eine totale Demütigung. Ist es zu verstehen, dass der Belluneser Gianclaudio Bressa seine Landsleute derart im Regen stehen lässt?

Zurück zu Sappada, das schon lange von der (damaligen) Provinz Belluno, der Region Venetien und der Region Friaul-Julisch Venetien das grüne Licht erhalten hatte, die Region zu wechseln, wie per Referendum gefordert. Diese Woche sollte die Angelegenheit im Parlament behandelt werden. Beobachter gingen davon aus, dass Sappada noch binnen dieses Jahres Region wechseln könnte. Die Kehrtwende des Belluneser Provinzausschusses kam in letzter Sekunde und verhindert jetzt wohl alles weitere. „Servi di Bressa“ war auf den Schildern der protestierenden Plodner zu lesen, wurde dann aber auch von der Presse so geschildert.

Tags drauf macht die Präsidentin von Friaul-Julisch Venetien, Debora Serracchiani, die bekanntlich Bressas Parteifreundin und Renzis Gutemine ist, dann eine kleine Andeutung, die dem Vorgehen Bressas plötzlich Sinn verleihen könnte (wenn man denn ein Verschwörungstheoretiker wäre):

" Si rispetti la volontà dei cittadini. Tutto il Bellunese si aggreghi al Fvg."

Wie gesagt: keine Theorie. Keine Verschwörung in Sicht, und etwaige Zusammenhänge entspringen rein der Zufälligkeit. Und ich würde nie ernsthaft in Erwägung ziehen, dass in Italien Politik unterm Ladentisch bemacht werden könnte. Der BARD selbst schätzt das auch ganz anders ein.

Allerdings kann ich die hypotetischen Vorteile deuten: Zaia ist ausgetrickst, als unfähig hingestellt, eine weitere Stärkung der widerspenstigen Rossis und Kompatschers ist dank Vereitelung einer historischer Chance verhindert, der PD als einzig handlungsfähiger Retter in der Not dargestellt und die nun autonomen Belluneser derart zufrieden, dass sie im Herbst letztlich trotzdem für das Verfassungsreferendum stimmen - und hoffentlich handzahm wie die Friauler obendrein.