Umwelt | Pestizide

Dorfmanns Ansichten

Auch in Brüssel geht die Pestizid-Debatte hitzig weiter. Mit vielen Millionen Euro Anschub und Südtiroler Einwänden.
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Foto: Herbert Dorfmann

Für die Pestizid-Gegnerschaft ist es der Ausdruck ewig gestrigen Denkens: „Wir müssen die Welt ernähren“. Und doch war dieses Argument laut einer Mitteilung des Pesticide Action Network Europe in dieser Woche einmal mehr die zentrale Rechtfertigung der Pflanzenschutzmittelhersteller bei einer Konferenz ihrer Interessensvertretung European Crop Protection Association (ECPA) im Europäischen Parlament. „Dabei wird hartnäckig ein Modell verteidigt, das in einer Einbahnstraße gelandet ist“, schreibt PAN Europe, „mit einer niedrigen Effizienz und Beschäftigungsrate, und dafür hohen Gesundheitskosten und Auswirkungen auf die Umwelt.“ Das konventionelle Landwirtschaftsmodell ist gescheitert, predigt die Anti-Pestizid-Lobby. Allerdings mit weit geringem finanziellen Rückhalt als die Pestizid-Lobby, wie PAN Europe auf Basis von Informationen des EU-Transparenzregisters aufzeigt. 133.000 Euro standen PAN Europe, einer der wichtigsten Stimmen gegen den Einsatz chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel, im Vorjahr für Lobbyarbeit in Brüssel zur Verfügung. Die größten Herstellern können dagegen laut den Zahlen vom Vorjahr  auf fast 10 Millionen Euro zurückgreifen, um die EU-Behörden davon zu überzeugen, dass ihre Spritzmittel sicher und notwendig seien. Allein der Konzern Bayer habe für die Pestizid-Lobbyarbeit 1,99 Millionen Euro locker gemacht, BASF hatte dafür 2,33 Millionen und Dow gar 4 Millionen Euro zur Verfügung.

Summen, die sich auch in anderen Zahlen niederschlagen. So ist laut PAN Europe die Zahl der zugelassenen aktiven Substanzen von Pestiziden in den vergangenen  Jahren von 200 auf 496 angestiegen. Nicht zuletzt durch die jüngste Fusionitis unter den großen Chemieriesen werde es aber immer für die Konsumenten immer schwieriger, ein realistisches Bild über den Pestizideinsatz zu erhalten. Die Veröffentlichung von Verkaufsstatistiken werden von den Multinationalen mit Verweis auf „vertrauliche Informationen“ verweigert; laut einer aktuellen Anfrage von PAN Europe bei der EU-Kommission war es nur in 11 von 28 EU-Mitgliedsstaaten möglich, Daten zum Pestizidverkauf zu erhalten. 

Interessante Einwände kamen bei der Diskussion im EU-Parlament laut Tweets des Nachrichtendienstes Twitter auch von Südtirols EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann..

"Farming on a larger scale without crop protection is completely impossible" says MEP ‪@HerbertDorfmann ‪#PesticidesDebate ‪#WithOrWithout"

"We would need double the amount of land in the EU, if we want to reduce pesticides. ‪@HerbertDorfmann at ‪#pesticidesdebate"

Für Pan Europe bewegt sich der Südtiroler Parlamentarier damit eindeutig im argumentativen Fährwasser der Futtermittelhersteller. „Die heutige konventionelle Landwirtschaft ist höchst ineffizient bei der Versorgung mit Lebensmitteln“, widerspricht  Martin Dermine von PAN Europe Dorfmann auf Anfrage von salto.bz. 70 % der bebaubaren Flächen wird laut ihm in Europa der Fleischproduktion gewidmet, die auch einen wichtigen Exportzweig darstelle. „Wenn wir weniger Fleisch exportieren oder konsumieren würden, hätten wir eine enorme Fläche an Land zur Verfügung, auf der wir alle benötigten Lebensmittel ohne Einsatz von Pestiziden produzieren könnten“, meint Dermine.