Gesellschaft | Presseagentur

Holprige Ausschreibung

Die Agentur für Presse und Information hat die Stelle des Chefredakteurs neu ausgeschrieben. Es ist ein Musterbeispiel, wie man es nicht machen sollte. Die Hintergründe.
Die Botschaft kann auf zwei Arten gelesen werden.
Entweder man ist nicht fähig, eine ordentliche Ausschreibung zu machen. Oder das Ganze ist nur eine lästige Pflichtübung.
Vor zwei Jahren hat Arno Kompatscher das Landespresseamt zur „Agentur für Presse und Information“ umgebaut. Im Mai 2017 wurde der langjährige IDM-Kommunikationschef Marco Pappalardo zum Direktor der neuen Presseagentur der Landesregierung ernannt. Laut Gesetz verfallen die Verträge aller angestellten Journalisten und Journalistinnen am Ende der Legislaturperiode. Konkret: 90 Tage nach Bildung der neuen Landesregierung. Das ist der 25. April. Die 19 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen haben bereits vor Wochen ein offizielles Schreiben zum Auslaufen des Vertrages bekommen. 
Die Stelle als Chefredakteurin hatte bisher Johanna Wörndle inne. Vizechefredakteur ist Michele Bolognini. Auch die beiden haben inzwischen ein Schreiben Pappalardos erhalten, in dem sie zu normalen Redakteuren zurückgestuft werden. Der Grund: Die Stellen des Chefredakteurs und seines Stellvertreters müssen alle fünf Jahre neu ausgeschrieben werden. Genau das ist jetzt passiert. Dabei ist man aber sowohl formal wie auch inhaltlich so stümperhaft vorgegangen, dass es fraglich ist, ob man die Ausschreibung so wie geplant wirklich zu Ende führen kann.
 

Falscher Termin

 
Am 13. März 2019 wurde die Ausschreibung im Amtsblatt der Region unter dem Titel „ Öffentliche Auswahl für Chefredakteurin / Chefredakteur und stellvertretende Chefredakteurin /stellvertretenden Chefredakteur auf bestimmte Zeit für die Agentur für Presse und Information“ veröffentlicht. 
Im entsprechenden Dekret steht:
 
„Die Anträge zur Teilnahme an der Auswahl müssen bis spätestens 29.03.2019, 12:00 Uhr, der Autonomen Provinz Bozen, Amt für Personalaufnahme auf nur eine der nachstehenden Adressen übermittelt werden“.
 
Gleichzeitig wird aber auch auf die Internetseite der Personalverwaltung des Landes verwiesen, wo alle Informationen veröffentlicht werden. Auch dort ist der Ausschreibungstext abgedruckt.
Mit zwei entscheidenden Änderung. Denn dort heißt es plötzlich:
 
„Die Anträge zur Teilnahme an der Auswahl müssen bis spätestens 05.04.2019, 12:00 Uhr, der Autonomen Provinz Bozen, Amt für Personalaufnahme auf nur eine der nachstehenden Adressen übermittelt werden.“
 
 
Doch das ist nicht das einzige formale Defizit der Ausschreibung.  
Eine der Zugangsvoraussetzungen laut offizieller Ausschreibung im Amtsblatt ist die „Einschreibung in das Berufsalbum der Berufsjournalisten“.
Laut Berufskammer und Staatsgesetz müssen diese Ausschreibungen aber auch für Publizisten offen sein. Zudem gibt es einen Beschluss der staatlichen Garantiebehörde „Autoritá Garante della Concorrenza e del Mercato“ (AGCM), der eine wesentlich breitere Öffnung der Ausschreibungen in den öffentlichen Presseämtern fordert.
Dass man damit Probleme bekommt, scheint man inzwischen auch beim Land verstanden zu haben. Denn in dem Ausschreibungstext, der auf den Internetseiten der Personalabteilung veröffentlicht wurde, heißt es plötzlich: „Einschreibung in das Berufsalbum der Berufsjournalisten und Publizisten“.
Der neue Ausschreibungstext wurde bisher nicht im Amtsblatt veröffentlicht. Anscheinend will man den bereits veröffentlichten Text am Mittwoch im Amtsblatt korrigieren. Damit wird aber nicht nur die Zeit knapp, sondern man dürfte mit diesen Schlampereien auch möglichen Rekursen Tür und Tor öffnen.
 

Unerwünschte Kritik

 
Innerhalb der Agentur ist die Stimmung kurz vor der Ausschreibung nicht die beste. Laut Informationen von salto.bz wird sich die amtierende Chefredakteurin Johanna Wörndle nicht mehr um die Stelle bewerben. Zudem gibt es drei Abgänge, zwei davon nicht freiwillig.
Weil alle Verträge mit 25. April verfallen, hat Agenturchef Marco Pappalardo bereits vor Wochen persönliche Gespräche mit allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geführt. Dabei stellte sich heraus, dass zwei Verträge nicht mehr verlängert werden sollen: Jener von Marina Giuri Pernthaler und jener von Maja Clara.
Die gesamte Belegschaft der Agentur schrieb deshalb einen Solidaritätsbrief an Pappalardo. Die Aktion hat nur teilweise genützt. Marina Giuri Pernthaler wandert in die Privatwirtschaft ab, während Maja Clara zwar formal noch Angestellte der Agentur bleibt, ab April aber ausschließlich für die Agentur für den Bevölkerungsschutz tätig sein wird.
 
Es ist ein Kompromiss, hinter dem ein ernsthaftes Zerwürfnis steht und bei dem Agenturchef Pappalardo keine gute Figur macht. Clara hat mehrmals amtsintern offen Kritik an verschiedenen Aktionen der Agentur geübt. So hat sie in gemeinsamen Besprechungen etwa die Kampagne für die neue Notrufnummer 112 vehement kritisiert. Die 300.000 Euro teuere Kampagne wurde von der Agentur DOC gestaltet und mit Texten versehen, die eindeutig aus dem Italienischen übersetzt waren und auf Deutsch kaum funktioniert haben. Auch die Zivilschützer des Landes kritisierten die Kampagne und die Sujetauswahl mehrmals.
Marco Pappalardo goutierte diese interne Kritik aber überhaupt nicht. Maja Clara ist die Ehefrau von RAI-Vizechefredakteur Otwin Nothdurfter. Als Nothdurfter Wochen später – die Kampagne lief bereits – einen kritischen Kommentar im Radio brachte, warf Pappalardo in einem persönlichen Gespräch Clara den Nothdurfter-Kommentar und die Weitergabe von Interna vor. Dabei hatte Nothdurfter nur seine Augen aufgesperrt und seine Aufgabe als unabhängiger Journalist erfüllt.
Es ist fast schon komisch, dass Maja Clara jetzt ausgerechnet als Pressesprecherin des Zivilschutzes weiterarbeiten wird. Demnach dürfte ihre Kritik nicht ganz so falsch gewesen sein.
Zudem wird auch eine dritte Mitarbeiterin die Büros im Palais Widmann verlassen. Auch sie bleibt formal Angestellte der Agentur. Carmen Kollmann wird im April als neue Pressesprecherin zu Landesrätin Waltraud Deeg wechseln.
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Profil für Benutzer Peter Gasser
Peter Gasser Mi., 20.03.2019 - 07:07

Ja, das ist heute so.
Wer Kritik übt, wird beseitigt... auch ich hatte 2014/2015 die Vergabe von mit öffentlichen Geldern finanzierten Projekten als regelwidrig kritisiert, was dann kam war ein nicht endender Tsunami.
Ja, das ist heute so.
Weiterhin ist es in Südtirol kaum möglich, über die Marmorierte Forelle und die Vergabe der Energie-Fonds-Gelder zu reden:
da werden sofort Termine abgesagt, Redeverbote verhängt, Türen geschlossen, und alles schliesst sich: klassische römische Schildkrötentaktik.
Ja, das ist heute so.

Mi., 20.03.2019 - 07:07 Permalink