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Som espanyols?

Wenn Unabhängigkeit Bühne macht.
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flowers for catalunya
Foto: thetimes

Wenn am Donnerstag, dem 21. Dezember, die ca. 6 Millionen wahlberechtigten Katalanen zur Urne gebeten werden, geht der politische Zwist zwischen Madrid und Barcelona in die nächste Runde.

Längst ist Spanien nicht mehr nur als typische Urlaubsdestination und Barcelona als kulturelle Schatzkammer in den Köpfen Außenstehender verankert. Nach den Ereignissen dieses Jahres und dem losgetretenen medialen Erdbeben, verantwortlich für das Entfachen vieler separatistischer Hoffnungsfunken und einer Welle von Solidaritätsbekundungen, wird die Causa llibertat zu einem Fragezeichen globaler Ausmaße. Gewaltgeladene Bilder der spanischen Exekutive als vermeintliche Bestätigung des neo-franquistischen Regierungsapparates auf der einen, ein verfassungswidriges Referendum einer anmaßenden Unabhängigkeitsbewegung auf der anderen Seite. Im Kreuzfeuer der beiden Parteien, dem konservativen „partido popular“ in Madrid und den sezessionistischen Bewegungen in der autonomen Region: die bunte Bevölkerung Kataloniens. Und nicht nur. Ganz Spanien gerät in den zerstörerischen Strudel der independència. Abgesehen von den wirtschaftlichen Folgen für ein ohnehin gebeuteltes Land bleibt das Image, unabängig vom Ausgang, womöglich nachhaltig geschädigt. Auch die Europäische Union blickt voller Sorge auf den iberischen Problemherd. Keineswegs soll eine Unabhängigkeit Kataloniens als Paradebeispiel für ähnliche Bestrebungen in anderen Mitgliedsstaaten dienen.

Warum aber geht man in Katalonien all die Risiken ein? Bedeutet doch ein offizielles und unwiderrufliches Loslösen vom “Königreich” gleichzeitig einen Bruch mit Europa, eine völlige Stagnation der einstigen Vorzeigeautonomie. Man zerwirft nicht nur Staat und Region sondern schafft auch intraregional gesellschaftspolitische Gräben. Glaubt man aktuellen Befragungen, so sind die Verhältnisse zwischen Separatisten und “Unionisten” längst nicht so klar, wie es die Ergebnisse des Referendums verlauten ließen. Ein erheblicher Anteil der Katalanen spricht sich demnach gegen eine Unabhängigkeit aus. Gleichzeitig muss aber verständlicherweise auf die Forderungen der Sezessionsbefürworter eingegangen bzw. ihnen in Madrid Gehör geschenkt werden. Ob sich dies in Zukunft ändert, hängt wohl vor allem vom Kurs der neuen Regierung ab. Man darf also gespannt auf den Ausgang der Wahlen sein. Inwiefern sich diese aber auf den weiteren Verlauf der Thematik auswirken mögen, bleibt unklar.

 Inzwischen sollte wohl darauf verzichtet werden, voreilige Schuldzuweisungen zu bekunden, denn sowohl Spanien und auch Katalonien haben in jüngster Vergangenheit stark zu dieser Entwicklung beigetragen.Die Bereitschaft beider Seiten, sich einander anzunähern um den Konflikt auf diplomatischem Wege zu regeln, fehlt zumindest (vorerst) noch.

Auch eine Instrumentalisierung der Vorkommnisse für die eignene Sache unter dem Deckmantel der Brüderlichkeit, darf im Interesse des europäischen Geistes nicht zur kollektiven Gangart in anderen Gebieten werden.