Umwelt | Jagd

Der Abschussbefehl

Den Landesbehörden sind die 13 Mufflons in Perdonig im Weg. Sie haben mit dem Abschuss begonnen. Die Eppaner Jäger machen gegen diese Gangart jetzt mobil.
Muffel
Foto: upi
Die Vorgangsweise des Landesamtes stört uns ganz gewaltig“, sagt Christoph Kofler, Präsident des Jagdvereins Eppan, „denn wie kann man ausgerechnet in der Schonzeit diese Tiere abschießen“. Kofler ist mit seiner Kritik nicht allein. Hinter ihm steht nicht nur die Eppaner Jägerschaft, sondern auch ein Teil der Bevölkerung. „Wir halten dieses Vorgehen für eine Riesenschweinerei“, sagt eine Bewohnerin der Eppaner Fraktion Perdonig. 
Der Anlass der Empörung ist ein Schuss, der am vergangenen Donnerstag kurz nach 15 Uhr in Unterrain im Grenzgebiet zwischen den Gemeinden Eppan und Andrian abgefeuert wurde. Ein Jagdaufseher des Landes erlegte damit einen Mufflon, der sich vom Berg auf den Talboden verirrt hatte.
Es ist eine Geschichte mit vertauschten Rollen. Die landläufige Meinung geht davon aus, dass Südtirols Jäger am liebsten alles was sich im Wald bewegt über den Haufen schießen wollen. Und dass die Landesjagsaufseher die schießwütigen Jäger im Zaum halten.
In diesem Fall aber ist es umgekehrt. Eppans Jäger beharren darauf über ein Dutzend Mufflons im Wald um die Weiler Perdonig und Gaid frei leben zu lassen. Doch einigen Mitarbeitern des Amtes für Jagd und Fischerei ist genau das ein Dorn im Auge. Jetzt will man still und leise das Problem mit der Büchse aus der Welt schaffen. Gedeckt durch ein 22 Jahre altes Dekret des Landeshauptmannes hat man mit dem Abschuss der Tiere begonnen.
Der Eppaner Jagdverein will sich das aber so nicht gefallen lassen. Man schießt zurück: Mit einer anwaltschaftlichen Abmahnung, die in den vergangenen Tagen dem Amt für Jagd und Fischerei zugestellt worden ist.
 

Die Muffel

 
Im Frühjahr 2018 tauchten in den Eppaner Weilern Perdonig und in Gaid zwei Gruppen von sogenannten Mufflons auf. Unter den Begriff Mufflon werden mehrere Arten des Wildschafs zusammengefasst. Der europäische Mufflon, der unter Jägern auch Muffelwild oder kurz Muffel genannt wird, stammt ursprünglich aus Korsika und Sardinien. Inzwischen wurde das Wildschaf aber vor allem in den mittel- und osteuropäischen Ländern wie Tschechien, Ungarn, Deutschland, Österreich, Deutschland, Frankreich, Slowakei, Serbien, Kroatien und Bulgarien wiederangesiedelt. Rund 60.000 Tiere leben heute in diesen Ländern.
Obwohl die Mufflons von den Tierschutzorganisationen als gefährdet eingestuft werden, ist fast überall in Europa die Jagd auf die Tiere erlaubt. So werden in Deutschland jährlich rund 8.000 Muffel und in Österreich 2.500 Tiere von den Jägern geschossen.
 
Größere Mufflon-Kolonien gibt es auch im benachbarten Trentino. So etwa im Fassatal, oder am Nonsberg und im Val di Sole. Der Gesamtbestand der Tiere im Trentino liegt dabei bei über 1.000 Stück. Von den Jägern werden in der Nachbarregion rund 50 Tiere im Jahr erlegt.
Bis heute ist nicht klar, woher die 13 bis 17 Eppaner Mufflons kommen. Man geht aber davon aus, dass sie vom Nonsberg über den Penegal und den Gantkofel in die Wälder oberhalb Eppans gewandert sind.
 

Das Dekret

 
Im März 1997 erließ der damalige Landesrat Luis Durnwalder eine Ermächtigung zum Abschuss von Schwarz-, Dam- und Muffelwild. Das Dekret, das bis heute in Kraft ist, besagt, dass Muffel keine heimische Tierart sind, Schäden an Bäumen verursachen und deshalb von den Landsjagdaufsehern und den Mitarbeitern des Amtes für Jagd und Fischerei erlegt werden können.
Mitte April 2018 rückten deshalb die Jagdaufseher in Perdonig an, um den Abschuss der Tiere vorzubreiten. Es kam zu einem Aufschrei der Bevölkerung. Auch weil es in der Gruppe einige Jungtiere gibt. Salto.bz machte die Geschichte damals öffentlich.
Der Wolf und der Bär dürfen herumspazieren“, ärgerten sich die Perdoniger damals, „und die Bergschafe werden abgeknallt, das ist doch absurd“. Von Anfang waren auch die Eppaner Jäger auf der Seite der Bevölkerung. „Man soll die Tiere einfach lassen“, meint auch Christoph Kofler, „sie tun niemand etwas zuleide“.
 
Weil auch andere Südtiroler Medien das Thema aufgriffen, wurde es dem Landesamt zu heiß. Man blies die Abschussaktion kurzerhand ab. „Ich werde demnächst aber den Abschussbefehl erteilen müssen“, sagte bereits damals der Direktor des Amtes für Jagd und Fischerei, Luigi Spagnolli.
 

Die Rufschädigung

 
Doch fast ein Jahr lang passierte nichts. Die Muffel fielen kaum auf und richteten keinen Schaden an. Allein ihre Existenz ist aber einigen leitenden Mitarbeitern des Amtes aber ein Dorn im Auge. Seit langem wird aus dem Landesamt deshalb eine kühne These verbreitet: Die Muffel seien bewusst von einigen Mitgliedern des Eppaner Jagdreviers ausgesetzt worden. Man nennt das „Auswilderung“.
Weil diese Stimmen immer beharrlicher kursieren und jetzt auch als Rechtfertigung für die Abschussaktion herhalten sollen, will sich der Eppaner Jagdverein, das so nicht gefallen lassen. Auf der letzten Vorstandssitzung wurde einstimmig beschlossen gegen diese Rufschädigung vorzugehen.
Nach Informationen von salto.bz wurde diese Woche deshalb dem Amt für Jagd und Fischerei eine anwaltschaftliche Abmahnung (diffida) zugestellt. Mit der Forderung diese rufschädigenden und unwahren Behauptungen umgehend zu unterlassen.
Zudem ersuchten die Eppaner Jäger in dem Schreiben um eine Aussprache mit Amtsdirektor Luigi Spagnolli um eine Lösung für die Eppaner Muffel zu finden.
Dann soll sich klären, ob die Eppaner Muffel weiterleben dürfen oder nicht.
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Pietro Fischer Mi., 27.02.2019 - 09:04

Das Amt ist die wissenschaflich-amtliche Institution die in solchen Fällen einschreiten muss. Wenn man bei jeder Angelegenheit wo es um Wildtiermanagment geht, jedes mal die betroffene Jägerschaft oder die tierlieben Bürger miteinbeziehen muss, braucht es bald keine entsprechenden Gesetze mehr.

Mi., 27.02.2019 - 09:04 Permalink
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Oskar Egger Mi., 27.02.2019 - 12:14

Antwort auf von Pietro Fischer

Oder die Gesetze werden der Tatsache angepasst, dass die gesamte Natur einem enormen Leidensdruck ausgesetzt ist, den es so noch nie in der Menschheitsgeschichte als von Menschen gemacht, gab. Es ist bekannt, dass der Gesetzgeber, notgedrungen, der Realität nachhinkt. Das heißt aber noch lange nicht, dass Wildtiermanagement im Hinblick auf die Veränderung keiner Anpassung bedarf. Vielleicht sind es die tierliebenden Bürger, die einfach schon mehr Bewusstsein haben.

Mi., 27.02.2019 - 12:14 Permalink