Kultur | Salto Afternoon

Suppen für Syrien

80 Lieblingsrezepte aus aller Welt, zusammengestellt von Barbara Abdeni Massaad, zugunsten einer Hilfsaktion für syrische Kinder und Jugendliche
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Foto: Quelle: Dumont

Während uns immer mehr schreckliche Bilder aus dem aktuellen Kriegsgebiet im Ghoutatal in Syrien den Magen verdrehen, finden wir im Buchladen einen Bildband zum selben Thema, der genau das Gegenteil erreicht: Suppen für Syrien ist ein Kochbuch von Barbara Abdeni Massaad, einer erfolgreichen Fotografin und Autorin aus Beirut (Libanon), erschienen bei DuMont (224 Seiten, 115 Abbildungen, 34,50 euro). Was ist da so besonders?

Erstens die Entstehungsgeschichte. Noch im Winter 2014/15 wurde ein Flüchtlingslager in der Nähe von Massaad’s Haus eingerichtet und eines Tages packte sie Gemüse und Töpfe in ihr Auto und fuhr mit einem Freund ins Lager, um dort für diese Menschen zu kochen. Sie begann sie zu fotografieren und überlegte, wie sie diesen entwurzelten Familien durch ihre Arbeit helfen kann, und kam auf die Idee, ein Kochbuch für diesen Zweck zu publizieren. Ihr amerikanischer Verleger riet zu einem Großprojekt und lancierte eine Einladung an weltbekannte Köche, worin er um ein Suppenrezept bat. Es kamen über sechzig begeisterte Antworten samt Rezepten! Aber: warum gerade ein Suppenrezept?

Eine Suppe sättigt nicht nur den Magen, sondern bringt liebenswerte Fürsorge, tröstet die Seele und wärmt den Körper. Daraufhin ging alles ganz schnell. Interlink Publishing – so heißt der Verlag in den Usa – kontaktierte die Uno für die Organisation der Hilfsprojekte, die auch gleich mitmachte. Ende 2015 war das Buch auf dem Markt und wurde auch gleich unter dem Titel Soup for Syria. Recipes to Celebrate Our Shared Humanity ein amerikanischer Bestseller. Nun ging es darum, das Buch auch in Deutschland zu veröffentlichen. Da kommt Schritt Nummer zwei. Es wurde der syrische Schriftsteller Rafik Schami aufs Boot geholt, der seit den siebziger Jahren hier lebt und nicht nur durch seine Bücher bekannt ist.  Er hatte schon im Jahre 2012 den gemeinnützigen Verein Schams (vom arabischen „Sonne“) mit dem Tübinger Verleger Hans Schiler gegründet, um den syrischen Kindern und Jugendlichen in den verschiedenen Flüchtlingslagern bei ihrer schulischen Aus- und Fortbildung zu helfen (siehe: schams.org).

Schami, dessen beeindruckendes Buch Sophia oder Der Anfang aller Geschichten von den fünfziger Jahren bis in die Anfänge des sogenannten Arabischen Frühlings hineinreicht, also zeitgenössische Geschichte(n) erzählt, hatte bei mehreren deutschen Verlagen vorgesprochen bis zwei Frauen des DuMont-Verlages begeistert antworteten. Sie wollten nicht nur das Buch groß herausbringen, mit neuem Layout und einigen neuen Rezepten, sondern der gesamte Verkaufserlös sollte zu 100% in die Kassen des Vereines Schams e.V. einfließen. Das gab es noch nie! Normalerweise ist der abgegebene Prozentsatz bei ähnlichen Projekten für Wohltätigkeitszwecke 10%. Das Resultat gibt nun an die Leserschaft genau das weiter, womit die gesamte Crew daran gearbeitet hat: Widmung und Leidenschaft. Selbst wenn wir das hartgebundene Buch nur kurz in den Händen halten, um darin zu blättern, erfüllt uns gleich ein angenehmes Gefühl durch die gekonnte Unterteilung in Anleitungen zu Brühen und Suppen, die vielen Fotos der einzelnen Gerichte aus aller Länder Küchen – auf genüssliche Art serviert, in verschiedenen Tellern, Schüsseln oder Riesenlöffeln, aus Ton, Porzellan oder Holz -  mit den Zutaten in Form von Gemüse und Kräutern, die zahlreichen Portraits von Frauen, Kindern und Männern, ohne den üblichen Blick von oben herab, sondern auf Augenhöhe fotografiert, schauen wir in lachende Kinder- und hoffende Frauengesichter.

Das literarische Vorwort, geschrieben von Rafik Schami, führt uns auf seine Art und Weise, sacht und leise, über eigene Kindheitserinnerungen der arabischen Gastfreundschaft über die Willkommenskultur in die so notwendige Hilfsbereitschaft für diese jungen Menschen, deren einziges Handicap doch nur der falsche Ort im falschen Moment ist. Nur weil sie gezwungener Weise in einem Camp aufwachsen müssen, sollen sie doch nicht auf Schule und Hoffnung auf ein gutes Leben verzichten müssen? Wer also Lust hat, nicht nur eines der 80 Lieblingsrezepte von weltbekannten Köchen auszuprobieren, die auch ganz einfach nach zu kochen sind, sondern auch eine kleine Spende geben möchte, auf dass die „Sonne“ im Leben einiger syrischer Kinder und Jugendlichen wieder scheinen möge, sollte sich dieses wunderbare Kochbuch nicht entgehen lassen. Als Geschenk für sich und für andere.