Wirtschaft | Sparkasse

Der Kahlschlag

Die Südtiroler Sparkasse hat sich von ihrem Generaldirektor Peter Schedl und dessen Stellvertreter Andrea Brillo getrennt. Die Hintergründe eines Paukenschlages.

Noch ist die Nachricht topsecret. Selbst Sparkassen-intern ist bisher nur die Führungsebene eingeweiht.
Als sich der Verwaltungsrat der Südtiroler Sparkasse am vergangenen Montag zu einer außerordentlichen Sitzung trifft, geht es vordergründig darum, die Kapitalerhöhung vorzubereiten, die die Gesellschafterversammlung am 4. November absegnen soll. Auf der Sitzung fällt aber auch eine spektakuläre Entscheidung.
Zwischen Donnerstag und Freitag werden die Entscheidungen den Betroffenen mitgeteilt. Am Freitag Abend informiert Präsident Gerhard Brandstätter dann die Führungsebene der Bank: Die Südtiroler Sparkasse trennt sich von ihrem Generaldirektor Peter Schedl und dessen Stellvertreter Andrea Brillo. Es ist eine Trennung mit sofortiger Wirkung. Beide sind dabei ihren Arbeitsplatz in der Sparkasse zu räumen.
Der bisher zweite Vizegeneraldirektor Richard Seebacher soll interimistisch das Bankinstitut führen, während man sich bereits auf die Suche nach einem neuen Generaldirektor macht.

Der General und sein Stellvertreter

Der heute 47jährige Stuttgarter Peter Schedl trat seinen Posten am 1. April 2009 als Nachfolger von Sparkasse-Generaldirektor Timothy M. Brooks an, der Ende 2008 – nicht ganz freiwillig – in den Ruhestand getreten ist. Schedl begann seine berufliche Laufbahn bei der Deutschen Bank in Frankfurt. Danach war er für deutsche Bankinstitute in London, Mailand, Mumbai und Singapur tätig.
Peter Schedl hat in den fünfeinhalb Jahren, in denen er der Südtiroler Sparkasse vorsteht, nach außen hin kaum große Akzente gesetzt. Als Generaldirektor hat er zwar versucht, das angestaubte Image der Sparkasse zu modernisieren, doch wirklicher Reißer war er keiner. Auch weil Schedl einiges an Altlasten von seinen Vorgängern erbte, konnte der Generaldirektor sich auf die schlechten Zeiten vor ihm und die anhaltende Wirtschafts- und Bankenkrise hinausreden, wenn seine Performance kritisiert wurde.
Innerhalb des Bankeninstitutes hat sich der Schwabe durch seine resolute und – manchmal auch unkontrollierte Art – nicht viele Freunde gemacht. Dass Peter Schedl in den letzten Jahren, als die Sparkasse Verluste von insgesamt über 100 Millionen Euro bekanntgeben musste, immer neben dem jeweiligen Präsidenten saß und wenig oder nichts sagte, machte seit langem deutlich, dass der Generaldirektor auf gepackten Koffern sitzt.
Andrea Brillo hingegen war bereits unter Brooks stellvertretender Generaldirektor. Der Bozner Ingenieur ist seit fast eineinhalb Jahrzehnten für die Immobiliengeschäfte und -fonds der Sparkasse und der Sparim AG verantwortlich. Gerade in diesem Sektor hatte die Sparkasse aber in den letzten Jahren Millionen-Ausfälle. Der abgestürzte Dolomit-Fonds und die Raetia-Pleite fallen in Brillos Wirkungsbereich und damit automatisch in seine Verantwortung. Diese Entwicklung dürfte dem Stellvertreter des Generaldirektors am Ende auch zum Verhängnis geworden sein.

Schwierige Situation

Die Krise innerhalb der Sparkasse ist weit tiefgehender als bisher dargestellt. In den vergangenen Monaten und Wochen gaben sich die amtlichen Kontrolleure am Hauptsitz die Klinke in die Hand. Zuerst kontrollierte die Börsenaufsicht Consob und seit einigen Wochen führt die Bankenaufsicht der Banca d'Italia eine außerordentliche Prüfung in der Sparkasse durch.
Dass die Sparkasse derzeit unter besondere Beobachtung steht, liegt an den Millionenverlusten, die das Institut in den letzten zwei Jahren angehäuft und ausgewiesen hat. 2013 waren es 37,8 Millionen, im ersten Halbjahr 2014 weitere 58,5 Millionen. Insider sagen, dass das Ende der Fahnenstange damit noch nicht erreicht ist. Vorsichtige Schätzungen gehen davon aus, dass die Sparkasse am Ende – vor allem durch Wertberichtigungen – über 150 Millionen Euro an Gesamtverlusten einfahren wird.
Diese Verluste versucht man durch laufende Kapitalerhöhungen abzudecken. Im Herbst 2012 führte die Sparkasse durch die Neuausschüttung von Aktien eine Kapitalerhöhung von 123 Millionen Euro durch. Am 4. November soll die außerordentliche Gesellschafterversammlung jetzt eine weitere Kapitalerhöhung beschließen. Der Sparkassen-Verwaltungsrat hat am vergangenen Montag beschlossen, dass es um 150 Millionen Euro gehen soll.

Wichtiges Zeichen

Diese Kapitalerhöhungen müssen von der Bankenaufsicht aber genehmigt werden. Weil die Banca d'Italia aber längst signalisiert hat, dass es nur dann grünes Licht für die Operation gibt, wenn eine klare Wende in der Bankenführung erfolgt, will die Sparkassen-Führung jetzt ein Zeichen setzen. Die Personalentscheidung zur Trennung von Peter Schedl und Andrea Brillo muss auch in dieser Optik gesehen werden. Ob diese Schachzug allerdings genug ist, wagen einige Experten zu bezweifeln.
Führungskräfte in Banken habe einen Vertrag, der ohne Ankündigung sofort aufgelöst werden kann. Das ist jetzt bei Schedl und Brillo der Fall. Der Arbeitgeber zahlt dann rund ein Jahresgehalt dazu. Außer es kann nachgewiesen werden, dass die Arbeitnehmer zum Nachteil der Bank gehandelt haben. „Wenn die Banca d'Italia jetzt bei ihrer Kontrolle höhere Strafen gegen die Betroffen ausstellen sollte, dann gibt es für eine solches Vorgehen durchaus einen Anhaltspunkt“, denkt man innerhalb der Sparkasse inzwischen laut nach.
Dass es dazu aber kommt, darf bezweifelt werden. Denn Schedl und Brillo sind sich nicht die einzigen Verantwortlichen der Sparkassen-Misere. Der Versuch sie anzupatzen, könnte dann in einer Schlammschlacht enden, bis am Ende noch ganze andere Honoratioren ihr Fett abbekommen.
Diese Trennung dürfte deshalb zwar spektakulär sein, am Ende aber einvernehmlich und diskret enden.
Wie es sich für Banker eben gehört.

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Profil für Benutzer Willy Pöder
Willy Pöder Mo., 27.10.2014 - 14:02

Der oben dargestellten Misere und der Entlassung des Generaldirektors sowie dessen Stellvertreters sei der Klarheit halber hinzugefügt, dass über diesen Herren ein Verwaltungsrat thront, der letztendlich alle Entscheidungen von großer Tragweite trifft. Den Generaldirektor als allein Verantwortlichen abzustempeln, dient dem großen Saubermachen nicht. Es muss tiefer geschrubbt werden, falls die Restaurierung des zerfressen-zerfransten Bildes gelingen sollte.

Mo., 27.10.2014 - 14:02 Permalink