Gesellschaft | Medien

Im Würgegriff

Ein Athesia-Unternehmen verwaltet die Werbung des Konkurrenten „Corriere dell'Alto Adige“. Nur eine der Absurditäten des regionalen Medienmonopols.
Athesia
Foto: Salto.bz
Stellen Sie sich vor, sie besitzen ein Transportunternehmen und ihrem Konkurrenten gehört auch die Tankstelle an der sie ihre LKW's auftanken müssen.
Genauso ergeht es dem „Corriere dell'Alto Adige“. Die Werbung für die zweite italienische Tageszeitung in Südtirol sammelt ausgerechnet ein Unternehmen des Athesia-Konzerns, zu dem auch der direkte Konkurrent „Alto Adige“ gehört.
Diese absurde Situation ist eine der Folgen der Entwicklung am regionalen Medienmarkt und des immer größer werdenden Medienmonopols des Ebner-Verlages. Im vergangenen Sommer hat der „Athesia AG“ von der Grafenfamilie De Gelmi die „Init Holding srl“ übernommen. Zur Holding gehört das Tochterunternehmen „Società Iniziative Editoriali Spa“, dem neben der Trentiner Tageszeitung „L'Adige“ auch „Radio Dolomiti Srl“ und die Werbeagentur „Agenzia Media Alpi Pubblicità Srl“ gehört.
Michl Ebner hat damit nicht nur die größte Trentiner Tageszeitung und eines der wichtigsten Lokalradios im Nachbarland übernommen, sondern auch jene Werbeagentur, die seit Jahrzehnten für den Mailänder „Corriere della Sera“ in der Region Trentino-Südtirol die Werbung sammelt.
Auch auf dem Werbemarkt hat der Koloss Athesia spätestens jetzt eine Vormachtstellung, die einem Monopol sehr nahe kommt.
 
 

Werbung & Marketing

 
Neutrale Beobachter gingen davon aus, dass unter diesen neuen Vorzeichen die Zusammenarbeit der Corriere-Beilagen von Trient und Bozen mit der „Media Alpi Pubblicità“ beendet wird. Doch das Gegenteil ist der Fall.
Der Vertrag zwischen dem Corriere und der neuen Athesia-Agentur wurde verlängert. Das heißt: Media Alpi wird auch zukünftig die Werbeinserate für den Corriere dell'Alto Adige verkaufen. Demnach bedient die Athesia-Agentur in Zukunft auch den einzigen Südtiroler Konkurrenten mit Werbung.
 
Innerhalb der Bozner und Trentiner Corriere-Redaktionen hat diese Entscheidung für einige Unruhe gesorgt. Die Mailänder RCS-Verantwortlichen begründen die überraschende Fortführung mit der Tatsache, dass man auch in anderen Regionen mit den lokalen Markführern in ähnlichen Konstellationen gut zusammenarbeite.
Doch dem nicht genug: RCS hat auch beschlossen über das „Athesia Markting“ eine Werbeaktion für die lokalen Beilagen zu machen. In diese Kampagne fallen auch Plakate an den Südtiroler Bushaltestellen. Diese Werbeflächen werden von der Athesia-Tochter „First Avenue“ betreut.
Diese Zusammenarbeit wurde nach Informationen von salto.bz bei einem Treffen zwischen RCS-Hauptaktionär Urbano Cairo und Athesia-Chef Michl Ebner besiegelt. Es ist ein klarer Nicht-Angriffspakt.
 

Druck in Bozen

 
Nachdem die Lokalredaktionen des Corriere in Bozen und Trient im vergangenen Jahr personell verkleinert wurden und ingesamt rund ein Dutzend hochkarätige Journalistinnen und Journalisten die Corriere-Beilagen verlassen haben/mussten - und anderem auch Direktor Enrico Franco - hat die Bozner Redaktion derzeit kaum mehr als ein Handvoll Mitarbeiter.
Anfang 2019 kommt es jetzt aber zu einem Neuzugang. Carmelo Salvo, Berufsjournalist und den den vergangenen Jahren Pressechef des Südtiroler PD wird dann die Bozner Redaktion verstärken.
 
Aber auch etwas anderes noch weit wichtigeres wird 2019 nach Bozen kommen. Der „L´Adige“ hat in Trient in der Via delle Missioni Africane eine eigene Druckerei, wo die Tageszeitung seit Jahrzehnten gedruckt wird. Damit wird es 2019 vorbei sein.
Denn der neue Besitzer Michl Ebner hat vor der Adige-Belegschaft bereits angekündigt, dass auch die Trentiner Tageszeitung im neuen Jahr in der moderne Rotationsmaschine in Bozen gedruckt wird. Am Sitz der Bozner Athesia Druck GmbH entstehen ab 2019 damit täglich vier Zeitungen: Dolomiten, Alto Adige, Trentino und L´Adige.
Eine direkte Folge davon: Bisher hatte der L´Adige täglich 60 Seiten. Ab sofort wird die Seitenzahl der Zeitung – analog wie bei den anderen Athesia-Zeitungen – auf 48 Seiten beschränkt. Außer es gibt Sonderbeilagen. Das liegt am Bogendruck der Athesia, der immer in 16er-Schritten erfolgt.
Im Trentino hat man jetzt Angst, dass das nur der erste Schritt einer breiteren Rationalisierung sein wird. So befürchtet man seit langen eine Zusammenlegung der beiden Zeitungen „L´Adige“ und „Il Trentino“. Vor allem weil die Trentiner Alto-Adige-Ausgabe defizitär ist.
Obwohl wirtschaftlich kaum sinnvoll, hat Michl Ebner beim Adige-Kauf öffentlich erklärt, dass es diese Zusammenlegung nicht geben wird. Zumindest im ersten Jahr nicht.
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△rtim post Sa., 29.12.2018 - 13:46

Die Ebners sind anscheinend ja gute Zeitungs- Geschäftsleute. Ein Glücksfall, wenn man die veränderten Mediengewohnheiten und das Zeitungssterben der letzten Jahren, nicht nur hierzulande, ansieht.
Die guten, alten Zeiten, als wir haptisch noch Zeitungen mit Druckerschwärze lasen, gehen zu Ende. Da sind dann wohl auch keine Unsummen von Werbeeinnahmen durch die einzelne ("konkurrierende") Zeitung zu erwarten - in Zeiten, in denen längst Werbungen nach Maßgabe von Alogerithmen geschaltet werden. Wir dürfen froh sein, wenn die Zeitung(en) überleben. Da kann eine synergetische Zusammenarbeit ja durchaus Sinn machen, Herr Franceschini - oder?

Sa., 29.12.2018 - 13:46 Permalink
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Rainer Liesing Mi., 02.01.2019 - 14:58

Zweifellos gut recherchiert; aber "mit heißer Nadel" gestrickt und online gestellt - soll heißen: grammatikalische, semantische und orthographische Unzulänglichkeiten, die offenbaren, wie schlecht es um die Deutsch-Kompetenz von Südtirolern stehen muss, wenn schon ein Journalist solche Fehler macht.

Derlei muttersprachliche Inkompetenz findet sich indes nicht nur auf salto.bz, sondern auch in der "Neuen Südtiroler Tageszeitung" und - ganz zu schweigen von RAI Bozen - in den "Dolomiten". Die Athesia-Führung sollte daher nicht nur publizistische Organe - vor allem nicht solche mit redaktioneller italo-nationalistischer Schlagseite - erwerben und (zusammen mit dem werblichen Anzeigen-Volumen) ihrem nahezu monopolistischen Unternehmenskonglomerat einverleiben, sondern ins "Dolomiten"-Korrektorat investieren.

À la longue führen nämlich publizistische Sprachverballhornung und (landes)politisches CLIL-Eiferertum zu muttersprachlichem Kompetenzverlust und - über einen Zustand, den als "Verelsässerung" in die Geschichte einging - zur "ewigen Italianità". So sicher wie das "Amen" in der Kirche!

Mi., 02.01.2019 - 14:58 Permalink