Chronik | Flashback

Das Los von alt und neu

Was war 2018 los?
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Foto: Südtirolfoto/Othmar Seehauser

Loslassen, hinter sich lassen, nach vorne schauen – ein neues Jahr ist die beste Gelegenheit dafür. Doch: Ohne Blick zurück kein Blick voraus. In diesem Sinne ein Flashback auf das “Alte”, das Land, Leute und uns in der salto-Redaktion 2018 in Atem gehalten – und die Weichen für das “Neue” gestellt hat.

 

Zügellos

Die Parlamentswahlen bestimmten das erste Jahresviertel. Für Südtirol bedeuten die Wahlen am 4. März einen Bruch. Die drei Senatoren treten nicht mehr an – Karl Zeller und Hans Berger nicht ganz freiwillig, Francesco Palermo umso lieber. Die zwei PD-Kandidaten Boschi und Bressa sorgen für Unmut. Muss sich die SVP in Rom doch neu orientieren. Mit einem politisch geschrotteten Verbündeten im Gepäck kein leichtes Unterfangen.

In Rom aus den Armen des PD lösen, in Bozen sich in jene der Lega werfen. Und für Europa Berlusconi die Hand anbieten. Dem Edelweiß steht nach den Wahlverlusten eine Bewährungsprobe bevor. Und mit ihm dem Landeshauptmann, auf den aus den eigenen Reihen Querschüsse losgelassen werden. Kein leichtes Los.

Das Gewinnerlos am 21. Oktober zieht Paul Köllensperger mit seinem Team. Der Griff nach den Sternen aber gelingt dem ehemaligen 5-Sterne-Mann nicht. #mitregieren werden in der nächsten Legislaturperiode andere. Sich von der Idee zu verabschieden, fällt dem (auch im Ausland) medial gefeierten Überflieger nicht leicht.

Genauso schwer tun sich andere Kaliber, auf der Zuschauertribüne Platz zu nehmen. Pünktlich melden sich auch 2018 Platzhirsche wie Luis Durnwalder und Reinhold Messner zu Wort. Um den Finger zu erheben. In der Selbstfindungsphase der SVP nach den Landtagswahlen. Nach dem Auftritt von Matteo Salvini beim Kastelruther Spatzen Fest.

 

Wahllos

Zurück auf Los heißt es für Pius Leitner. Am Ende aber fallen die Würfel zu seinen Ungunsten – das Comeback auf der politischen Bühne ist von kurzer Dauer. Auch der Auftritt von Heinz-Christian Strache vor den Wahlen rettet die Blauen nicht vor dem Wahldebakel am 21. Oktober.

Sie werden in den Schatten gestellt von einem, dem ganz ungeniert die große Bühne geboten wird. Matteo Salvini und seine Flügelspieler dominieren die Landtagswahlen. Von der Reservebank auf die Regierungsbank heißt es für die vier Lega-Landtagsabgeordneten. Dorthin bugsieren soll sie jener Mann, der in der eigentlich stillsten Zeit des Jahres mit lauten Tönen für einen handfesten Eklat sorgt: Roberto Calderoli. Denen dort oben zeigen, wo der Hammer hängt, so die Losung.

Mit diesem Motto fährt der Movimento 5 Stelle am 4. März sein bislang bestes Wahlergebnis auf nationaler Ebene ein. Die über 32 Prozent in Kammer und Senat werden wohl auch unübertroffen bleiben. Denn der Stern der pentastellati ist im Sinken begriffen. Die Euphorie weicht dem Entsetzen über den Würgegriff der Lega-Mannen um den “governo del cambiamento”.

 

Brotlos

Es ist ein Jahr der vielen Abgänge. Freiwillig das Rampenlicht verlässt so manch “historische” Politfigur – Hans Heiss, Florian Mussner, Martha Stocker, Richard Theiner –, andere wiederum völlig gegen ihren Willen. Sondern aufgrund dem der Wähler, von denen am 21. Oktober allerdings 89.644 ihre Stimme nicht abgeben. Christian Tommasini, Oswald Schiefer, Roberto Bizzo, Andreas Pöder, Bernhard Zimmerhofer, Tamara Oberhofer, Walter Blaas, Sigmar Stocker und Hannes Zingerle schaffen den Wiedereinzug in den Landtag nicht. Von den neuen politischen Formationen kann nur Köllensperger die Wähler überzeugen.

Ein prominenter Abgang ist auch der des hochgewachsenen, stets Fliege tragenden Thomas Schael. Südtirol ist den “General” im August losgeworden. Hinaus gewünscht und hinaus geschrieben aus dem Land, sucht er in Kalabrien sein neues Glück.

Im Frühsommer erhitzt die Nominierung von Francesca Puglisi die Gemüter. Die ehemalige PD-Senatorin soll in Rom das Image des Landes aufpolieren. Mit Ende des Jahres endet ihr Auftrag. Was bleibt? Das hat sich unlängst SWZ-Chefredakteur Christian Pfeifer gefragt.

 

Hilflos

Noch heißer geht es im Sommer her. Eine Hitzewelle bricht los. Mit 37,8 Grad Celsius in Bozen ist der 1. August der heißeste Tag des Jahres. Viel Schnee zu Jahresbeginn, dann eine Durststrecke – bis im Oktober Rekordregen fällt. Enorme Waldschäden, verursacht durch seltene Sturmböen, die Bilder der Verwüstung hinterlassen. Und zugleich den unbeugsamen Willen hunderter Freiwilliger zum wiederholten Mal bestätigen.

Dauerbrenner und kontrovers diskutiert bleiben 2018 Themen wie Verkehr, Impfen, Flüchtlinge, Doppelpass und Landwirtschaft. Das Wolfsgeheul bricht nicht ab – ein Landesrat startet eine Petition, Südtirol bekommt sein “Wolfsgesetz”. Das wird zwar von der Anti-Wolfslobby goutiert. In Rom weniger. Hinter der A22-Konzession steht am Jahresende ein Fragezeichen. Ratlosigkeit und Wut rufen die fünf Frauenmorde hervor, die es 2018 in Südtirol gibt.

Mit Spannung aufgeladen kommt die Flughafen-Debatte wieder in Gang. Eine versemmelte Ausschreibung der Bus-Konzessionen sorgt für Kopfschütteln. Und Rekurse.

 

Loslassen

100 Jahre Ende des Ersten Weltkriegs. 70 Jahre UN-Menschenrechtserklärung. 50 Jahre 68er. Und 5 Jahre salto.bz werden 2018 begangen. Weiter machen heißt es für uns und den neuen demos-Verwaltungsrat. Loslassen hingegen für eine salto-Dame der ersten Stunde: Susanne Pitro.

Losgelassen haben kurz vor Jahresende mit dem Jugendverein Allesclub und dem Kulturverein Ost West Club zwei, denen Altbewährtes und Neugeplantes nicht vergönnt war. Doch auf ein Ende folgt immer ein Anfang. Sich darauf zu besinnen, kann gerade zu Jahreswechsel ermutigend sein.