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Die Sesselkleber

Die Raiffeisenkassen Naturns, Tschars und Schnals haben zur Raiffeisenkasse Untervinschgau fusioniert. Die Raika Partschins tanzt zum Unmut des Verbandes aus der Reihe.
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Foto: vinschgerwind
Der Mann ärgert sich: „Die Bevölkerung und die große Mehrheit in Partschins war dafür, weil sich aber zwei Personen an ihren Stuhl klammern, ist das Ganze gescheitert“, gibt er die Meinung wieder, die im Verwaltungsrat des Südtiroler Raiffeisenverbandes mehrheitlich vorherrscht.
Diese harte Stellungnahme zeigt die Schattenseite einer aktuellen Jubelmeldung im Raiffeisensektor auf. Denn am vergangenen Freitag und Samstag haben die Raiffeisenkassen Naturns, Tschars und Schnals in außerordentlichen Vollversammlungen einstimmig für eine Fusion votiert. Damit entsteht die Raiffeisenkasse Untervinschgau.
 

Die Fusion

 
Der Weg zur neuen Raiffeisenkasse Untervinschgau begann vor über zwei Jahren. Angedacht war ursprünglich ein Zusammengehen der Raiffeisenkasse Schnals und der Raiffeisenkasse Tschars. Die Neuordnung des Genossenschaftsbankenwesens durch die italienische Regierung stoppte den Fusionsprozess vorerst aber. Als man dann 2016 die Gespräche wieder aufgenommen hat, war klar, dass nur eine größere Fusion wirklich Sinn macht. Deshalb wurde auch die Raika Naturns in Boot geholt.
Nach über einem Jahr Vorbereitung und dem positiven Gutachten der Banca d’Italia April 2017, sowie der Ermächtigung der Landesregierung für den Zusammenschluss von Anfang Mai ist die Fusion der drei Raiffeisenkassen nun perfekt. Am Freitag stimmten die Mitglieder der Raiffeisenkasse Naturns für den Zusammenschluss und am Samstag die Mitglieder der Raiffeisenkasse Tschars und der Raiffeisenkasse Schnals. Damit ist die neue Raiffeisenkasse Untervinschgau geboren, die am 1. Jänner 2018 ihre Arbeit aufnehmen wird.
 
Die Raiffeisenkasse Untervinschgau wird sich mit einer Bilanzsumme von rund 350 Millionen Euro, einem Kundengeschäftsvolumen von 570 Millionen Euro und einem Eigenkapital von knapp 70 Millionen Euro unter die 15 größten Raiffeisenkassen Südtirols einreihen. Auch die Führungsstruktur der neuen Bank wurde bereits festgelegt. Neuer Direktor der Raiffeisenkasse Untervinschgau wird Manfred Leimgruber werden, bisher Leiter der Abteilung Unternehmensberatung Banken im Raiffeisenverband Südtirol. Leimgruber löst mit 1. Juni dieses Jahres den langjährigen Direktor der Raiffeisenkasse Naturns, Michael Platzer, ab, der diese Woche in den Ruhestand tritt.
 

Der verloren Sohn

 
Was beim Zusammenschluss auffällt: Es fehlt eine Kasse, die eigentlich von Anfang an am Fusionsprojekt mitgearbeitet hat. Die Raika Partschins.
Dabei war auch dort eine Mehrheit der Mitglieder und auch der Verwaltungsräte durchaus für die Fusion. Was aber danach passiert ist, darüber gibt es verschiedene Interpretationen.
Sicher ist, dass der junge und ehrgeizige Partschinser Raika-Direktor Christof Ladurner sehr lange für die Fusion war. Auch weil er sich recht unverhohlen Hoffnungen machte, Direktor der neuen Raika Untervinschgau zu werden. Als man bei einer Aussprache im Spätsommer 2016 dann klarstellte, dass Ladurner sich diese Amt abschminken kann, wendete sich in Partschins das Blatt.
Direktor Ladurner und vor allem der Obmann der Raika Partschins Christian Ungerer wurden von Fusionsbefürwortern, plötzlich zu Gegnern. Es waren letztlich diese beiden Funktionäre, die den Beitritt der Raika-Partschins zur neuen Untervinschger Raiffeisenkasse blockiert haben. Obwohl von der Mehrheit im Verwaltungsrat gewünscht.
 
Bei einer Abstimmung im vergangenen Herbst im Verwaltungsrat sprachen sich drei der fünf Verwaltungsratsmitglieder, Annemarie Laimer, Ulrich Kaserer und Alois Rungg, für die Weiterführung der Fusionsgesprächen aus. Zwei Verwaltungsräte haben dagegen gestimmt. Darunter Obmann Christian Ungerer.
Ungerer plädierte die Fusion noch aufzuschieben. Ein oder zwei Jahre. Der Zufall will, dass dann auch Ungerers Amtszeit als Obmann endet. Auch im Aufsichtsrat gab es Bedenken gegen die Fusion. „Man soll die Bank nicht leichtfertig aus der Hand geben“, erklärte Aufsichtsrat Albert Bernhart vor Monaten dem VinschgerWind.
 

Der Präzedenzfall

 
Tatsache ist, dass die Fusionsgespräche deutlich ins Stocken kamen und trotz Mehrheit am Ende gescheitert sind. Dabei hat es innerhalb der Raika Partschins zur Fusion monatelang kontroverse Auseinandersetzungen gegeben. Paul Gasser, Direktor des Raiffeisenverband, versuchte zweimal - im Jänner bei einer Verwaltungsratssitzung und dann bei der Gesellschafterversammlung - die Wogen zu glätten und den Beitritt der Partschinser zu retten. Am Ende aber vergeblich.
Im Verband ärgert man sich über diesen Ausgang. Man geht davon aus, dass der Nichtbeitritt zum Schaden der Partschinser Kasse sein wird. „In spätestens zwei Jahren wird sich Partschins der Untervinschger Raika anschließen“, sagt ein Verwaltungsrat voraus, „dann aber ohne jegliche Verhandlungsmacht.
Für diese Leseart gibt im Partschinser Genossenschaftswesen einen Präzedenzfall. Vor knapp zehn Jahren hat die Partschinser Obstgenossenschaft (POG) bei der Fusion mit der Naturnser und Plauser Obstgenossenschaft (NOG) eine ähnlichen Affentanz aufgeführt. Später hat sich die POG dann kleinlaut der neue fusionierten Naturnser Genossenschaft Texel anschließen müssen.
Genauso wird es auch mit der Raika Partschins passiert“, ist man sich im Raiffeisenverband sicher.