Gesellschaft | Editorial

Unabhängigkeit kostet!

Südtirols Parteien und Kandidaten haben im Wahlkampf rund 2 Millionen Euro für Wahlwerbung ausgeben. Salto erhielt davon genau: 6.320 Euro. Davon 400 Euro von der SVP.
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Foto: upi
Werbeeinnahmen sind für Medien überlebensnotwendig. Vor allem bei Onlinemedien, die ihre Inhalte kostenlos zur Verfügung stellen, entscheiden letztlich diese Einnahmen darüber, ob ein Projekt überlebensfähig ist oder nicht.
Wir dürfen uns nicht beklagen. Salto.bz funktioniert, wir haben in der Südtiroler Medienlandschaft inzwischen einen durchaus respektablen Stand, und unser Leser- und Leserinnenstamm wächst kontinuierlich.
Es gibt Hunderte User und Userinnen, die uns finanziell durch Abos die Treue halten. Es gibt einige Südtiroler Unternehmer und Freigeister, die uns unterstützen - mit Spenden und durch Werbeschaltungen. Auch wir gehören inzwischen zum Medienplan einiger öffentlicher Institutionen (bei weitem nicht aller), und so fallen beim großen Werbekuchen-Schneiden auch für uns immer wieder ein paar Brösel ab. Es sind wichtige Brösel, die wir brauchen.
Dazu kommt seit drei Jahren die Medienförderung des Landes. Wir erhalten jährlich rund 30.000 Euro. Es ist mehr oder weniger die Summe, die Südtirols Medienkoloss „Athesia“ - mit allen seinen Verästelungen - täglich (!) an Werbung von Südtirols öffentlichen Institutionen und Körperschaften erhält.
Es sind drei Parteien, die auf salto Wahlwerbung geschaltet haben: Das Team Köllensperger, die Grünen und die SVP.
Wahlen sind für die Werbeabteilungen der Medien wie Weihnachten und Ostern zusammen. Man weiß: Parteien und Kandidaten investieren viel Geld, um ihr Konterfei oder ihre Botschaft an die Wählerinnen und Wähler zu bringen. Es sind Inserate, die alle Medienunternehmen notwendig brauchen.
Die Südtiroler Volkspartei hat in diesem Landtagswahlkampf rund 800.000 Euro in ihre Wahlwerbung investiert. Das ist allein die Summe aus der Parteikasse.
Wie kann man soviel Geld ausgeben? Das ist relativ einfach: In den vergangenen Tagen erschienen die Dolomiten mit einer sogenannten Klappe. Das heißt, auf der Titelseite finden wir eine Art Faltblatt. Kostenpunkt: 15.000 Euro.
Wenn man diese Position in einer Woche zweimal bucht - wie es die SVP diese Woche getan hat -, kostet das 24.000 Euro. Eine Doppelseite in den Dolomiten schlägt mit rund 20.000 Euro zu Buche.
Diese Investition lohnt sich. Der Ebnerverlag bricht für die Volkspartei sogar, die traditionelle Wahlruhe am Samstag vor der Wahl und bringt - so als wäre es das Normalste auf der Welt - noch einmal ein großes Interview mit dem Landeshauptmann. Demokratische Spielregeln gelten für manche in diesem Land nicht.
Zur Parteiwerbung kommen aber auch noch die privaten Werbebudgets der einzelnen Kandidaten. Per Gesetz ist die Wahlwerbung auf 30.000 Euro pro Kandidat beschränkt. Es gibt aber legale Schlupflöcher, um diese Beschränkung zu umgehen; mancher unterm Edelweiß gibt das Dreifache davon aus. Allein die SVP kommt so auf eine Summe von 1,5 Millionen Euro, die in den vergangenen zehn Wochen für Werbeschaltungen, Plakate, Wahlkampfauftritte, Radio- und Videospots ausgegeben wurde.
Alle anderen Südtiroler Parteien haben weit kleinere Budgets. Bei 13 Parteien und 375 weiteren Kandidaten kommt aber auch da leicht eine Summe von einer guten halben Million Euro zusammen.
Kritische Berichterstattung und unabhängiger Journalismus scheinen in den Parteipalästen nicht gefragt zu sein.
Von diesem 2-Millionen-Werbekuchen profitieren auch wir. Und wir sind dankbar dafür, dass einige Parteien und auch einige Kandidaten und Kandidatinnen auf salto.bz um die Gunst der Leser und Leserinnen geworben haben.
Weil salto.bz aber für Transparenz steht, hier die genauen Zahlen. Salto hat bei diesen Landtagswahlen Wahlwerbung für insgesamt 6.320 Euro verkauft.
Es sind drei Parteien, die auf salto Wahlwerbung geschaltet haben: Das Team Köllensperger, die Grünen und die SVP.
Das Team Köllensperger hat dafür insgesamt 3.660 Euro ausgegeben: 700 Euro die Partei, den Rest drei Kandidaten und Kandidatinnen. Die Südtiroler Grünen haben Banner für 1.620 Euro gebucht: 680 Euro die Partei und den Rest zwei Kandidaten.
Am interessantesten aber ist die finanzkräftige SVP. Die Volkspartei hat genau 1.040 Euro für Wahlwerbung auf salto ausgegeben.
Der Großteil davon stammt von einem jungen Kandidaten. Dass einzig und allein dieser Kandidat aus der Edelweiß-Liste die Courage hatte, (auch) auf diesem Onlineportal zu werben, dürfte für ihn sprechen.
Am vergangenen Montagabend kam dann die große Bestellung aus der SVP-Parteizentrale: Die Volkspartei bestellte ein „Video Ad“. Kostenpunkt: 400 Euro. Wir haben kurz überlegt, darauf mit Champagner anzustoßen.
Dass die Regierungspartei bei einem Budget von ca. 1.500.000 Euro genau 400 Euro für die Werbung in diesem Medium ausgibt, sagt einiges über die Politik in diesem Land aus.
Natürlich bleibt es den Parteien überlassen, wie und wo sie ihre Werbegelder ausgeben wollen. Es ist verständlich, dass manche Parteien in der Salto-Stammleserschaft kein relevantes Stimmenpotential zu haben glauben und ihr Geld somit dort investieren, wo sie sich eine höhere (Stimmen)rendite versprechen.
Ganz sicher hat Wahlwerbung auch nicht die Funktion oder gar die Aufgabe, kleinere Medien zu unterstützen. Und dennoch: Dass die Regierungspartei bei einem Budget von ca. 1.500.000 Euro genau 400 (also 0,027%) für die Werbung in diesem Medium ausgibt, sagt einiges über die Politik in diesem Land aus. Es ist ja nicht so, dass nur 0,027% der Südtiroler Salto lesen – und dass Salto weniger Leser hat als „stol“ und „Südtirolnews“, ist kein Argument: Unsere Tarife sind entsprechend niedriger. Und auch potentielle SVP-Wähler lesen Salto.
Das gilt aber nicht nur für die Volkspartei, sondern mit Abstrichen auch für die Freiheitlichen, den PD oder die Südtiroler Freiheit.
Kritische Berichterstattung und unabhängiger Journalismus scheinen in den Parteipalästen nicht gefragt zu sein; ganz offensichtlich scheinen sie aber kein attraktiver Werbeträger zu sein. Dabei brüstet man sich nur allzu gern in den Sonntagsreden, wie liberal und weltoffen man sei.
Für uns ist das Ganze aber dennoch auch ein Ansporn, unseren Weg so weiterzugehen wie bisher. Auch wenn diese Unabhängigkeit finanziell zu sichtbaren Einbußen führt.
Und ja: Wir setzen weiterhin auf Sie und ihre finanzielle Unterstützung. Damit unsere Arbeit noch besser werden kann.
 
Wir setzen weiterhin auf Sie und ihre finanzielle Unterstützung. Damit unsere Arbeit noch besser werden kann.
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Martin B. Sa., 20.10.2018 - 21:27

Leserschaft impliziert nicht Unterstützerschaft und Unabhängigkeit nicht politische Neutralität durch und durch. Salto positioniert sich hingegen recht oft und eindeutig politisch (nicht parteiisch), deshalb zählt was die Redakteure vermeintlich für Außenstehende unterstützen und wählen. Ich denke in der Mehrheit so 2-3 Parteien und dazu wird die SVP wohl nicht gehören. Von der SVP mehr Wahlmittel zu erwarten wäre so ähnlich wie wenn unsertirol24 schreibt Sie wollen bitteschön etwas von den Werbegeldern des PD (wahlweise könne man auch die Grünen einsetzen).

Sa., 20.10.2018 - 21:27 Permalink
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Mattia Frizzera Sa., 20.10.2018 - 23:53

Dieser Wahlzyklus (18-20 Staat-Provinz-Europa-Gemeinde) ist der erste in dem (hier in unserer "Athesinischer" Region) ein bisschen mehr Werbemittel online zur Verfuegung gestellt werden. Sei geduldig Christoph, es werden mehr Gelder in den naechsten Wahlkaempfen kommen. Und wenn nicht, dann bleibt Salto wie Berlin, arm aber sexy :-)

Sa., 20.10.2018 - 23:53 Permalink
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Renate Holzeisen So., 21.10.2018 - 12:49

Von Parteien unabhängige Medien sind die einzigen Garanten dafür, dass es so etwas demokratiesystemisch Notwendiges wie die sog. Vierte Gewalt gibt. Leider sind Medien, die diesem Anspruch genügen eine absolute Ausnahmeerscheinung, ja gar Exoten, und umso mehr unterstützenswert. Südtirol zeichnet sich darüber hinaus speziell dadurch aus, dass die meisten politischen Kräfte, allen voran die bisherige Mehrheitspartei, sich in ein skurriles Abhängigkeitsverhältnis zum sog. Tagblatt der Südtiroler und den damit verbundenen Medien begeben haben... dafür gibt's dann freilich in radikaler Verletzung der par condicio ein Exklusivinterview der SVP-Spitze einen Tag vor den Wahlen ... ich hoffe...rectius ... ich bin mir sicher, dass dies die Südtiroler auf Dauer mehrheitlich nicht mehr goutieren.

So., 21.10.2018 - 12:49 Permalink
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Martin Daniel So., 21.10.2018 - 18:27

Ein seitenfüllendes Interview auf der 1. Seite des Lokalteils (dem, der zählt) mit dem amtierenden LH am Vortag der Wahl, jenem der "pace elettorale", ist ein Skandal und außer Salto kratzt es keinen!

So., 21.10.2018 - 18:27 Permalink
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Robert Tam... So., 21.10.2018 - 20:21

Tut mir leid, aber die Märtyrerpose von Christoph Franceschini ist nicht glaubwürdig. Wenn die Parteien Werbung schalten, achten sie eben stark auf die Leserzahlen. Genau da ist Salto (noch) sehr schwach, also (noch) keine besonders interessante Werbeplattform.
Trotz geringer Leserzahlen hat aber Salto nicht nur direkt, sondern auch indirekt üppige Förderungen bekommen. Es ist erstaunlich, wieviel Werbung durch öffentliche Institutionen Salto bekommt. Das sind – wenn man sich die kleine Leserschaft von Salto vor Augen hält – wirklich überraschend viele Werbeflächen, die da vom Steuerzahler finanziert werden, das sind nicht nur "ein paar Brösel", wie Franceschini hier vorspielen möchte.

So., 21.10.2018 - 20:21 Permalink