Gesellschaft | Herbergsuche

Lost West

Nach Jahren des Ringens und politischer Vertröstungen zieht der Meraner Kulturverein Ost West Club einen Schlussstrich: “Wir steigen aus dem Projekt ‘Bersaglio’ aus.”
Ost West Club in der Passeirergasse
Foto: Ost West Club

“Das soll keine never ending story werden.” Das Versprechen gab Paul Rösch Anfang Juni 2018. Nun hat die Geschichte ein Ende genommen. Aber kein glückliches. Der Ost West Club zieht sich vom Projekt “Bersaglio” zurück.

 

Zähe Zeiten

Die Vorgeschichte ist bekannt: Seit nunmehr vier Jahren ist man beim Meraner Kulturverein Ost West Club auf der Suche nach einem neuen Standort. Das kleine Lokal in der Passeirergasse vermag die steigende Anzahl an Besuchern und Veranstaltungen nicht mehr zu fassen. 2015 scheint man fündig geworden zu sein. Und immer wieder scheint es, als ob der Verein in das (derzeit baufällige) Bersaglio-Gebäude in der Nähe des Meraner Lido umziehen kann. Doch immer wieder scheitert das Vorhaben. Zuletzt, weil sich die Verhandlungen offenbar zäher als erwartet herausgestellt haben.

Die beiden Meraner Sportclubs SCM Meran und ASM Merano werden sich nicht einig was die Raumnutzung des Gebäudes betrifft. Das Bersaglio gehört dem SCM Meran, der ASM Merano pocht darauf, einen Teil der Liegenschaft nutzen zu dürfen. Trotz mündlicher Zusicherungen – “wir werden Druck ausüben, damit die beiden Seiten zusammenfinden”, beteuert Bürgermeister Paul Rösch noch im Juni –, wird der immerhin größte Kulturverein der Stadt immer wieder von der Gemeinde Meran vertröstet. Auch die Vermittlerrolle von Kulturlandesrat Philipp Achammer bringt in der Sache nichts weiter. Jetzt zieht der Ost West Club einen Schlussstrich.

 

Verlorene Jahre

“Liebe Mitglieder, nachdem die Gemeinde Meran auf eine Anfrage des ost west club est ovest mitgeteilt hat, dass zwischen den beiden Sportclubs SCM und ASM in der Sache ‘Bersaglio’ nach wie vor keine Einigung erzielt wurde, entscheidet sich der Kulturverein für neue Wege.” Mit diesen Worten beginnt der Post, den der Verein am Mittwoch Vormittag auf Facebook veröffentlicht. Zeitgleich geht eine Aussendung an die Medien.

Ihnen sei vonseiten der Gemeinde Meran mitgeteilt worden, “dass die Fronten trotz erheblicher Bemühungen seitens der Gemeinde zwischen den beiden Meraner Sportvereinen SCM und ASM nach wie vor bestehen”, berichtet der Vereinsvorstand um Erwin Seppi. Woran es tatsächlich hakt, und ob nicht vielmehr politisches Kalkül verhindert, dass Nägel mit Köpfen gemacht werden – in Meran stehen diese Fragen seit Langem im Raum. Hinter vorgehaltener Hand heißt es: In der Liste Rösch/Grüne passe es so manchem nicht, dass der Koalitionspartner –  die SVP hat Zustimmung signalisiert, eine Lösung herbeizuführen – einen Durchbruch als seinen Erfolg verkaufen könnte. Auch, weil 2020 Gemeinderatswahlen anstehen.

Beim Ost West Club selbst sieht man jedenfalls keinen Handlungsspielraum mehr: “Wir sind auf eine Einigung der beiden Sportvereine angewiesen und haben auf etwaige Entscheidungen der Gemeinde, die zur Lösung der Situation beitragen könnten, keinerlei Einfluss”, heißt es vom Ost West Club.
Die Enttäuschung ist groß. Ebenso wie der Frust, dass nach jahrelangem Hickhack und entsprechenden Zusicherungen kein Weiterkommen in Sicht ist. “Seit Jahren wurden dem Kulturverein von der Gemeinde bestätigt, dass ein Umzug in eine andere und größere Struktur im Interesse der Allgemeinheit ist. Nun muss der Verein feststellen, dass die seit drei Jahren andauernden Verhandlungen zu keinem Resultat geführt haben.”

 

Am Ende bei Null

Bereits im Sommer stellt Vereinspräsident Seppi in Aussicht, dass man sich vom Projekt “Bersaglio” abwenden wird, wenn die Politik nicht Fakten schafft. “Wenn kein Weiterkommen in Aussicht ist, ist es wahrscheinlich sinnlos, weitere Zeit und Energie zu investieren”, so Seppi. Dass es so weit kommen würde, wollte er aber selbst nicht glauben. Bis jetzt.

“Da in absehbarer Zeit keine Fortschritte zu erwarten sind, hat der Vorstand des ost west club est ovest die Entscheidung getroffen, sich vom Projekt ‘Bersaglio’ zurückzuziehen”, teilt der Ost West Club mit. Die Vision, aus dem Bersaglio-Gebäude eine Kultur-, Sport- und Begegnungsstätte zu machen, wird nun ad acta gelegt. “Bedauernswert ist zudem der Umstand, dass mit dem Scheitern dieses Projektes der Verfall eines geschichtsträchtigen Gebäudes unserer Stadt voranschreitet”, heißt es aus dem Verein. Dort beginnt nun wiederum die Suche nach einem neuen Sitz für den Verein mit 6.500 eingeschriebenen Mitgliedern. “Noch ist nichts Konkretes in Aussicht, wir müssen uns umschauen”, heißt es auf Nachfrage von salto.bz zerknirscht. “Wir stehen bei Null.”

Bild
Profil für Benutzer Toni Ladurner
Toni Ladurner Mi., 19.12.2018 - 18:34

Es ist klar, dass man die Behauptung, “in der Liste Rösch / Grüne passe es so manchem nicht, dass der Koalitionspartner SVP einen Durchbruch als seinen Erfolg verkaufen könnte”, nur hinter vorgehaltener Hand äußern kann. Denn für diese Absurdität gibt es keinen Beleg – im Gegenteil: wir haben uns stets uneingeschränkt für die angestrebte Lösung SCM, ASM und Ost-West-Club beim alten Schießstand eingesetzt. Was man uns höchstens “vorwerfen” kann, ist, dass wir die Engstirnigkeit und den Nationalismus einiger Akteure unterschätzt haben. Denn in Zeiten, in denen das “Wir zuerst” Hochkonjunktur hat, haben Sprachgruppen übergreifende Projekte offensichtlich keine Priorität.
Toni Ladurner, Gemeinderat Liste Rösch / Grüne

Mi., 19.12.2018 - 18:34 Permalink