Economia | Volksbank

Gerichtliche Caparra

Die Verbraucherzentrale hat in Sachen Volksbankaktien vor Gericht einen Erfolg erzielt. Die Bank versucht jetzt mediale Schadensbegrenzung.
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Foto: Hannes Prousch
Die Botschaft ist deutlich. „Das ist ein klares Zeichen“, sagt Massimo Cerniglia, Anwalt der Verbraucherzentrale Südtirol,wer sich wehrt, kommt auch in Bozen zu seinem Recht“.
Ganz anders sieht es die Volksbank. „Die Bank weist den Vorwurf eines unrechtmäßigen Verhaltens aufs Schärfste zurück“, heißt es in einer als Richtigstellung gekennzeichneten Presseaussendung.
Es ist ein Kampf um die Deutungshoheit in den Medien. Ein Kampf, den die Bank verlieren dürfte. Denn die Tatsachen liegen deutlich auf der Hand.
 

Die Klage

 
Im Spätherbst 2016 wurde aus der Genossenschaftsbank Volksbank eine Aktiengesellschaft. Bei einer solchen Umwandlung hat jedes Mitglied das Recht, zurückzutreten und sich seine Anteile auszahlen zu lassen. Von den über 60.000 Volksbank-Aktionären nahmen rund 1.400 Mitglieder dieses Rücktrittsrecht in Anspruch. Betroffen waren 2.645.288 Stammaktien mit einem Gegenwert von insgesamt 32 Millionen Euro.
Anlässlich der Kapitalerhöhung 2015 hatte die Volksbank die Aktien um 19,65 Euro ausgegeben. Ein Jahr später legte der Verwaltungsrat den Rücktrittspreis für die Aktie aber bei 12,10 Euro fest. Diese Preisfestlegung, untermauert durch zwei Gutachten unabhängiger Experten, sorgte verständlicherweise nicht nur bei den ausgestiegenen Mitgliedern für breiten Unmut.
 
Die Verbraucherzentrale vertritt knapp 100 ehemalige Mitglieder, die vor dem Bozner Landesgericht gegen die Volksbank und den zu niedrigen Auszahlungspreis klagten. In diesem Verfahren beauftragte das Landesgericht den Mailänder Wirtschaftsberater Giorgio Zanetti mit der Bestimmung des korrekten Rücktrittspreises. Das Ergebnis: Der Gutachter legte den Aktienwert bei 14,69 Euro pro Aktie fest.
Die Reaktion der Bank erfolgte umgehend. Der Verwaltungsrat der Volksbank beschloss, das Gutachten des Sachverständigen Giorgio Zanetti anzufechten. „Das Verfahren sieht vor, dass wir die Preisfeststellung anfechten können, wenn begründete Zweifel bestehen, dass sie nicht korrekt zustande gekommen ist“, rechtfertigte  Volksbank-Generaldirektor Johannes Schneebacher diesen Schritt.
Die Volksbank-Führung unterstellt dem Gutachter zwei entscheidende Fehler.
Zanetti habe für seine Bewertung die Bilanz zum 31.Dezember herangezogen, während das Gutachten der Volksbank auf Basis der Halbjahresbilanz erstellt wurde. Zudem stimme - laut Volksbank - das Bewertungsmodell des Gutachters nicht.
 

Keine Bestrafung

 
Nicht nur das Sachverständigengutachten ist aber ein klarer Zwischenerfolg für die Verbraucherzentrale und die Kläger. Auch die Tatsache, dass der Richtersenat entschieden hat, dass allein die Volksbank die Spesen für das Gutachten des Sachverständigen zahlen muss - insgesamt 25.078,26 Euro - ist mehr als nur ein juridischer Fingerzeig.
Vergangene Woche folgte der nächste Paukenschlag. Die Volksbank hatte einen Kunstgriff bei jenen Aktionären angewandt, die gegen die Bank vor Gericht ziehen.
Rund ein Drittel der Aktien, die durch das Rücktrittsrecht frei wurden, kauften andere Aktionäre auf. Die Bank beschloss, die restlichen zwei Drittel, die nicht verkauft wurden, selbst anzukaufen. Mit einer Ausnahme.
Die Volksbank weigerte sich, jene Aktien zuzukaufen, die jenen Aktionären gehören, die den Aktienpreis vor Gericht angefochten haben. Die Argumentation der Bank: Solang der Preis gerichtlich nicht festgelegt ist, könne man nicht zahlen. „Das war eine bewusste Ungleichbehandlung“, sagt hingegen VZS-Anwalt Massimo Cerniglia.
 
Der Sinn der Aktion ist klar. Die unbequemen Aktionäre hätten so ihr Geld - ganz gleich, wie das Gerichtsverfahren ausgeht - mit rund drei Jahren Verspätung bekommen.
Das Landesgericht Bozen hat dieser Strategie jetzt aber einen Strich durch die Rechnung gemacht. Richter Werner Mussner ist der Interpretation der Kläger gefolgt. Denn das Gericht hat festgelegt, dass das vom Gesetz vorgesehene Rücktrittsrecht ohne finanzielle Einschränkungen bei allen Aktionären gleich gelten muss.
Deshalb muss die Volksbank auch den rund 100 Klägern umgehend die restlichen Aktien abkaufen. Sie erhalten 12,10 Euro zuzüglich Zinsen von mehr als 11%. Auch wenn es die Volksbank-Pressestelle jetzt anders darzustellen versucht, ist es ein klarer Sieg der Kläger.
Wobei das ganze Verfahren noch lange nicht vorbei ist. Denn noch steht das Gerichtsgutachten von Giorgio Zanetti, das den Aktienwert bei 14,69 Euro pro Aktie festlegt. Weil die Volksbank davon ausgeht, dass der Gutachter Fehler gemacht habe, hat Richter Mussner einen neuen Gutachter bestellt.
Es ist der Bocconi-Professor Cesare Conti. Kommt auch dieser Gutachter zum selben Schluss wie sein Vorgänger, wird die Volksbank noch einiges Geld drauflegen müssen.