Politica | Freiheitliche

Neustart aus dem Abseits

Die Freiheitlichen begeben sich 2019 auf Selbstfindung. Die Partei soll umstrukturiert, “neu aufgebaut” werden. Für den EU-Wahlkampf setzt man auf die Lega.
Andreas Leiter Reber
Foto: Die Freiheitlichen

“Hart, steinig – und vor allem lang.” Der Weg, den Andreas Leiter Reber für seine Partei zeichnet, ist wahrlich kein Grund, in Jubelstimmung zu verfallen. Für die Freiheitlichen hat die Stunde Null geschlagen. Doch nach dem “Annus horribilis”, das 2018 für Leiter Reber als Parteiobmann war, will er seine Partei wieder auf Vordermann bringen. Unter anderem mithilfe der Lega.

 

Blaue Einbußen

33.890 Stimmen haben die Freiheitlichen am 21. Oktober verloren, 11,7 Prozentpunkte eingebüßt. Zu starke Kontrahenten – Lega und Team Köllensperger – haben im Blauen Becken gefischt. Zu schwach war die intern zerrüttete Partei. Abhanden gekommen sind der selbsterklärten “sozialen Heimatpartei” aber nicht nur tausende Wähler und vier Landtagssitze. Sondern auch Parteimitglieder. Die ehemaligen Landtagsabgeordneten Roland Tinkhauser, Walter Blaas und Tamara Oberhofer sind nur drei davon.

“Wenn es im Wahlkampf etwas Positives gab, dann, dass sich die Streitigkeiten jetzt erledigt haben. Auch deswegen, weil diese ganzen Quertreiber jetzt weg sind”, meinte Florian von Ach Anfang des Jahres im ff-Interview. Weg, das ist der Generalsekretär der Freiheitlichen jetzt selbst. Der 43-jährige Jurist, selbst Landtagskandidat, hat seine Funktion niedergelegt. Als Mitglied will von Ach der Partei jedoch erhalten bleiben. Ende Jänner soll feststehen, wer die Freiheitlichen als Generalsekretär künftig begleiten wird. Im Gespräch sind Otto von Mahlknecht und der bisherige Fraktionsmitarbeiter im Landtag, Lukas Forer.

 

Umbau

Der parteiinterne “Reformprozess”, wie es Obmann Leiter Reber ausdrückt, hat unmittelbar nach den Landtagswahlen begonnen. In Parteistruktur und -organisation soll es Veränderungen geben, die Partei “neu aufgebaut” werden. Dabei setzen die Freiheitlichen auf eine offene Arbeitsgruppe, in der neben dem – intern zuletzt mehrfach als rigide kritisierten – Parteivorstand auch Inputs von außen zulässt.

“In den Wochen der Analyse wurden mit dem Vorstand, den Kandidaten und den Mitgliedern alle Fehler und Mängel, aber auch unsere Stärken angesprochen”, erklärt Leiter Reber beim Neujahrsempfang der Freiheitlichen am Samstag. Eine überschaubare Anzahl an Geladenen ist in das Kulturzentrum KiMM in Untermais gekommen. Unter anderem Peter Enz. Der abtrünnige Meraner SVP-Gemeinderat war als Unabhängiger bei den Landtagswahlen für die Freiheitlichen angetreten. Jetzt hält er sein neues Parteikartl in der Hand. Der Oberschullehrer für Religion zählte gemeinsam mit der ebenso SVP-Abtrünnigen Anna Pitarelli zu jenen Kandidaten, die – Zitat Florian von Ach – “für ein klar liberales und soziales Weltbild stehen” und von denen sich die Freiheitlichen Stimme der Mitte erhofft hatten.

Während Enz sein Engagement weiterführen will – nicht umsonst ist er am Samstag den Freiheitlichen beigetreten –, hat Pitarelli der Partei den Rücken gekehrt. In den vergangenen Wochen und Monaten hat sich die Bozner Juristin einige Male mit Lega-Kommissar Massimo Bessone getroffen. Auf Nachfrage von salto.bz winkt Pitarelli aber ab. Nein, sie habe keinerlei Absicht, sich in der Lega zu engagieren, ihre politischen Ambitionen habe sie vorerst an den Nagel gehängt.

 

Auf der Lega-Welle

Andreas Leiter Reber hingegen hat ein konkretes Interesse an der Lega. Als Partner für die Europawahlen am 26. Mai. Schon 2014 war Pius Leitner als Kandidat auf der Lega-Liste angetreten – samt Symbol der Freiheitlichen neben dem Carroccio und Matteo Salvini als Spitzenkandidaten.

11.438 Stimmen erzielte das Wahlbündnis Lega-Freiheitliche vor fünf Jahren in Südtirol. Die Wahlen heuer stehen unter ganz anderen Vorzeichen, allein schon wegen des zu erwartenden Wahlerfolges der Lega. Und mit der FPÖ in Österreich zieht die Lega ohnehin mit der Schwesterpartei der Südtiroler Freiheitlichen in den Wahlkampf. “Wir werden das Gespräch wieder suchen”, bestätigt der Parteiobmann.
Für den Landtag, wo Leiter Reber gemeinsam mit Ulli Mair sitzt, kündigt sich eine sanfte Opposition gegen SVP und Lega an.
“Im Koalitionsabkommen wurden viele Themen angerissen. Aber insgesamt ist es äußerst schwammig und oberflächlich formuliert. Es wird auch an uns Freiheitlichen liegen, die kommende Legislaturperiode politisch zu füllen und konkrete Vorschläge für unser Land vorzubringen”, meint Leiter Reber am Samstag.

Sich sammeln, neu aufstellen, den Absturz nutzen, um – abseits der großen medialen Aufmerksamkeit – neu durchzustarten. So lautet die Devise der Freiheitlichen für die kommenden Monate. “Der Weg wird hart, er wird steinig und vor allem lang”, sagt Leiter Reber voraus. Doch er will ihn als Parteiobmann weiter vorangehen.
Als Ehrengast beehrte Maximilian Kurz die Freiheitlichen am Samstag in Meran. Der ehemals größten Oppositionspartei im Lande gab der Tiroler FPÖ-Kandidat bei den EU-Wahlen einen bezeichnenden Wunsch mit auf den Weg: “Friede sei mit euch.”