Politica | SVP

Happy End

Der Parteiausschuss hat mit bulgarischer Mehrheit die designierte Landesregierung abgesegnet. Kritik gegen Daniel Alfreider und Maria Kuenzer wurde sofort abgewürgt.
SVP-Sitz in Bozen
Foto: Hannes Prousch
Der Mann sitzt seit gut 20 Jahren im Parteiausschuss. „Ein so friedliches Klima und einen solchen Zusammenhalt, wie den vergangenen zwei Sitzungen habe ich wirklich noch nie erlebt“, sagt der SVP-Funktionär. Kurz vorher war die entscheidende Sitzung für die Bildung der Landesregierung zu Ende gegangen.
Bevor der Landeshauptmann seine Regierung zur Abstimmung in den Landtag bringt, muss der Vorschlag vom SVP-Parteiausschuss abgesegnet werden. In der Vergangenheit kam es genau bei dieser Abstimmung mehrmals zu ernsthaften Konflikten: Kampfabstimmungen, Zoff zwischen Bezirken, die Rauswahl eines designierten Landesrates und auch einen Parteiaustritt. Wie etwa im Fall von Alfons Benedikter im Jänner 1989.
Heute 30 Jahre später bietet die SVP ein ganz anderes Bild. 84 Stimmen wurden am Montag bei der Blockabstimmung über die Landesräte und deren Kompetenzen abgegeben. 81 Stimmen stimmten für den Vorschlag von Landeshauptmann Arno Kompatscher. Es ist ein Mehrheit, die man sonst nur noch in Bulgarien finden dürfte.
 

Überraschung Locher

 
Gleich zu Beginn wurde klar, wie entspannt das Klima ist. SVP-Obmann Philipp Achammer eröffnete die Sitzung mit einer Anspielung auf die bezahlte Anzeige von Ingomar Gatterer in den DolomitenIn diesem Saal gibt es weder Blitze noch Sterne und Tomaten sind schon gar nicht zugelassen“, meinte der SVP-Obmann. Allein die Tatsache – so Achammer weiter – dass man auf der Karikatur den Bart des Landeshauptmannes gar nicht getroffen habe, zeige, dass Gatterer & Co „wirklich keine Ahnung haben.
Nicht nur Philipp Achammer und Arno Kompatscher präsentierten sich an diesem Montagnachmittag gelassen und als Team. In der Sitzung wurde ein Korpsgeist vorgeführt, wie er selten unterm Edelweiß zu finden ist. Seinen Höhepunkt erlebte diese Stimmung als Franz Locher als dritter Redner im Saal aufstand. Viele im Parteiausschuss ging davon aus, dass jetzt eine Tirade des Sarner Landtagsabgeordneten folgen würde. Immerhin ist Locher als Sechstgewählter auf der SVP-Liste beim Poker um die Ämter leer ausgegangen. Doch der Neo-Landtagsabgeordnete sorgte für eine Überraschung.
 
„Ich habe nix bekommen“, meinte Locher, „aber es geht hier um die Mannschaft und die ist wichtiger“. Er kündigte an, dass er keinesfalls den beleidigten Hinterbänkler im Landtag spielen werde, sondern mitarbeiten möchte, wo immer es geht. Lochers Outing brachte ihm Applaus im Parteiausschuss ein.
Auch der Vinscher Bezirksobmann Albrecht Plangger, der eigentlich den Protest des Vinschgaus hinterlegen sollte, der bei der Vergabe der Regierungsposten leer ausgegangen war, tat das mit einem Schmunzeln. Der Grund dafür: Der ewige Vinschger Rebell Sepp Noggler wird Landtagspräsident und Regionalratsvizepräsident werden. Arno Kompatscher dürfte damit einen potentielle Brandherd für die nächsten fünf Jahre gelöscht haben.
 

Einsamer Kritiker

 
Nur ein Mitglied der Parteileitung hat sich an diesem Tag getraut, wirklich kritische Anmerkungen zu machen. Der Naturnser Arbeitnehmer Norbert Kaserer sprach im Parteiausschuss offen die „Affäre Alfreider“ an. Kaserer plädierte dafür, dass man die Frage der Hüttenverschiebungen zuerst klären sollte, bevor man Daniel Alfreider zum Landrat küren will.
Es war der Brunecker SVP-Funktionär Dieter Schramm, der seinem Gadertaler Parteikollegen umgehend beisprang. Schramm von Beruf Anwalt hielte eine energische und wortreiche Verteidigungsrede. „Wir können uns doch nicht von der FF hertreiben lassen“, konterte Schramm.
 
Kaserer, der gut und überlegt redete, brachte etwas frischen Wind in den SVP-Parteiausschuss. Auch mit seiner Bemerkung über die neue Urbanistik-Landesrätin Maria Hochgruber Kuenzer. „Ich hoffe, dass man damit nicht die Goaß zum Gärtner macht“, erlaubte sich Kaserer eine Abwandlung des Bock-Zitates. Der Arbeitnehmer-Vertreter fasste damit die Kritik zusammen, dass mit Kuenzer der Bauernbund jetzt die Raumordnungspolitik übernommen hat.
Arno Kompatscher konterte hier sofort. Seine Argumentation: Jeder und Jede im Landtag und in der Landesregierung stehe einem Verband oder einer Gruppe nahe. Er sei als Landeshauptmann aber der Garant für den Ausgleich der Interessen.
Die Stimmung im Parteiausschuss und das Wahlergebnis zeigen, dass dem Landeshauptmann bei der Ämtervergabe die Quadratur des Kreise jedenfalls unterm Edelweiß durchaus gelungen ist.
Am 25. Jänner wird der Landtag über die neuen Landesregierung abstimmen. Dann wird die Sache nicht mehr so konfliktlos über die Bühne gehen wie in der Brennerstraße.
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Manfred Klotz Mar, 01/15/2019 - 09:04

"Bulgarische Mehrheit" ist aus dem Italienischen "maggioranza bulgara" übertragen und wurde von italienischen Journalisten geprägt, als Symbol für eine erdrückende Mehrheit, die nicht mit demokratischen Mitteln zustande kommen kann. Im deutschen Sprachraum hat der Ausdruck nicht diese Bedeutung.

Mar, 01/15/2019 - 09:04 Collegamento permanente