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Die versteckte Bilanz

Landeshauptmann Arno Kompatscher hat jetzt detailliert vorgelegt, was Francesca Puglisi in sieben Monaten geleistet hat. Doch die Antwort fällt unter den Datenschutz.
Landtagssitzung November
Foto: Othmar Seehauser
Allein der Hausverstand genügt, um zu verstehen, dass hier etwas nicht stimmen kann.
Jemand beteiligt sich an einer öffentlichen Ausschreibung, um als Imagebeauftragte des Landes Südtirol in Rom zu fungieren und gewinnt diese Ausschreibung. Die Person arbeitet danach sieben Monate lang offiziell für das Land und erhält dafür aus der Landeskasse knapp 40.000 Euro an öffentlichem Geld.
Nachdem der Auftrag beendet ist fragen, zwei Abgeordnete einer öffentlichen Institution – dem Südtiroler Landtag - nach, was besagte Auftragnehmerin im Auftrag des Landes und mit dem Steuergeld gemacht habe. Doch weder die Landtagsanfrage, noch die Antwort darauf dürfen der Öffentlichkeit zur Kenntnis gebracht werden. Sie fallen unter den Datenschutz.
So jedenfalls läuft es in Südtirol.
 

Vertrauliche Daten

 
Sven Knoll und Myriam Atz Tammerle haben am 31. Jänner 2019 eine Anfrage im Landtag eingereicht. Unter dem Titel „Imagebeauftragte für Süd-Tirol – Die Bilanz“ stellen die beiden Landtagsabgeordneten vier konkret-sachliche Fragen zur Beauftrag von Francesca Puglisi im Frühsommer 2018: 
 
1. Was hat Frau Puglisi in den sieben Monaten ihrer Beauftragung geleistet (bitte um Aufleistung der Tätigkeiten). 
2. Wenn man schon von der Aufgabe der „Imagebeauftragten“ überzeugt war, warum hat man den Auftrag dann nicht verlängert bzw. neu ausgeschrieben? 
3. Wie viel wurde insgesamt für die Beauftragung ausgegeben? 
4. Sind weitere konkrete Schritte geplant, um das Bild Süd-Tirols in Italien zu verbessern? 
 
Sowohl diese Anfrage, wie auch die Antwort werde auf der Internetseite des Landtages – wo laut Transparenzbestimmungen alle Anfragen und parlamentarischen Initiativen veröffentlicht werden müssen – nicht veröffentlicht.
 
Dort findet man zweimal die Standartformel „Der Text ist auf Grund der Bestimmungen über die Privacy nicht einsehbar“ und den nachfolgenden Erklärungstext:
 
Sehr geehrte Damen und Herren,
der Südtiroler Landtag hat sich mit den verschiedenen Aspekten der Anfragen und deren Beantwortung eingehend befasst. Nach einer Beratung durch Fachexperten und nach Anhören des Datenschutzbeauftragten (Data Protection Officer, kurz DPO) kam der Landtag zu den nachstehenden Schlussfolgerungen. Falls das zuständige Organ bei der schriftlichen Beantwortung der Landtagsanfragen feststellt, dass vertrauliche und/oder personenbezogene Daten vorliegen, deren Veröffentlichung den betroffenen Personen oder ihrem guten Ruf irgendwie schaden könnte, werden die Anfragen und/oder Antworten gemäß den geltenden Datenschutzbestimmungen behandelt.“
 
Interessant wird es aber, wenn man sich die Antwort anschaut.
 

Die Antwort

 
Am 11. März 2019 hat Arno Kompatscher die Landtagsanfrage beantwortet. Der Landeshauptmann schreibt: 
 
„Frau Puglisi hat während ihrer Beauftragung vorwiegend in Rom Kontakte zu Institutionen, Entscheidungsträgern und Ansprechpartnern hergestellt, welche an jenen Kompetenzen interessiert sind, in denen Südtirol Vorreiter in Italien ist. In den vergangenen sechs Monaten hat sie sich dabei vorwiegend auf die folgenden drei Schwerpunktthemen konzentriert"
 

Energie, Umwelt und Nachhaltigkeit

 
"Frau Puglisi hat an mehreren Treffen mit jenen Südtiroler Unternehmen und Initiatoren teilgenommen.welche im Bereich Energie, Umwelt und Nachhaltigkeit Vorzeigecharakter für Südtirol haben und demnach beispielhaft sind. Dazu gehören der Noi Teckpark, die Klimahaus Agentur, das Eco Center, IDM, die Umweltagentur sowie KIimaHaus School das Energiesanierungsprojekt „Sinfonie“ und der Abfallwirtschaftszyklus des Müllverbrennungsofens. In Folge hat Frau Puglisi mehrere Dossiers ausgearbeitet, welche bei den Treffen mit diversen Vertretern der öffentlichen Verwaltungen auf nationaler Ebene verteilt wurden. Der Austausch mit den Verantwortlichen in Rom hat dazu geführt, dass Frau Puglisi im November eine zweitägige Studienreise nach Südtirol organisiert hat. In enger Zusammenarbeit mit UPl (Unione delle Province d'Italia) hatten somit rund 22 Vertreter, aus diversen Regionen Italiens die Möglichkeit. sich persönlich ein Bild von einigen der oben genannten Betrieben zu machen. Unter den Teilnehmern waren drei Landeshauptmänner, vier Landesräte sowie Bürgermeisterund Techniker aus den Bereichen Energie und Bauwesen."
 

Duale Ausbildung

 
"Im Bereich der Dualen Ausbildung ist Südtirol ebenfalls sehr fortschrittlich. Frau Puglisi hat auch dieses Thema inhaltlich vertieft und umfangreiche Informationen zum Modell der Dualen Ausbildung eingeholt.
 
Zudem hat Frau Puglisi Kontakte zu den Entscheidungsträgern aus dem Bereich Schulbildung hergestellt und gepflegt, wobei ihr besonderes Augenmerk darauf lag, die Besonderheiten des Ausbildungssystems vorzustellen. Dieser Kommunikationsprozess hat dazu geführt, dass eine Reihe von relevanten Kontakten zu Gemeinden, Provinzen und Reginen hergestellt wurden, welche daran interessiert sind, dem Südtiroler Bespiel zu folgen. Frau Puglisi hat während ihrer Tätigkeit für die Presseagentur auch erste Schritte für eine Studienreise zu diesem Thema eingeleitet. Die Studienreise findet im Frühling dieses Jahres statt."
 

Sozialkompetenz

 
"Frau Puglisi hat in den vergangenen Monaten auch die soziale Kompetenz Südtirol unter die Lupe genommen und ein Dossier verfasst. in dem folgende Themen behandelt werden: Unterhaltvorschussleistung zum Schutz von minderjährigen Kindern, finanzielle Unterstützung von Familien mit Kindern, Landesfamiliengeld, Landeskindergeld, rentenmäßige Absicherung der Erziehungszeiten, soziales Mindesteinkommen, Beitrag für Miete und Wohnungsnebenkosten, Pflegegeld. Frau Puglisi hat sich hierzu besonders mit den Gewerkschaften, Ministerien und Sozialinstituten ausgetauscht und zudem eine Reihe von Kontakten zu Vertretern der nationalen Medien (Repubblica, II Sole 24Ore, Corriere della Sera) hergestellt."
 

Geld & Verlängerung

 
Arno Kompatscher geht in seiner Antwort auch auf die Ausgaben für die sechsmonatige Beauftragung ein: „Inklusive sämtlicher Spesen und steuerlichen Abzüge wurden für die Beauftragung 39.166‚78 Euro ausgeben“  
 
Dass der Vertrag mit Puglisi, einer ehemaligen PD-Politikerin und Lebensgefährtin von Gianclaudio Bressa, der Italien weit für Negativ-Schlagzeilen gesorgt hat, Ende 2018 ausgelaufen ist, erklärt der Landeshauptmann so:
 
„Eine Verlängerung des Auftrages war zu keinem Zeitpunkt vorgesehen. Die Beauftragung von Frau Puglisi war darauf gerichtet, Kontakte in Rom anzubahnen und die für das Land Südtirol relevanten
Themen dort einzubringen, wo sie konkretes Interesse finden. Diese Kontakte werden künftig von der Agentur für Presse und Kommunikation weiter gepflegt und ausgebaut, gemeinsam mit der PR-Agentur in Mailand, welche mit dem Projekt der Kommunikation in Italien betraut worden ist.“
 
Aus der Antwort geht auch hervor, dass das Projekt „Der gute Name Südtirols in Italien“ sich auf mehrere Jahre erstreckt und erst am Anfang steht. Die Agentur für Presse und Kommunikation habe ein Strategiepapier ausgearbeitet. „Gemeinsam mit einer Kommunikationsagentur werden die ersten Ansätze und Kontakte, welche durch Frau Puglisi geknüpft worden sind weiter vertieft“, schreibt Kompatscher. So etwa sind auch Interviews mit Schlüsselfiguren aus Politik und Wirtschaft durch wichtige Medien in Italien geplant.
„Auch in Sachen Bürgerservice kann Südtirol ein Vorzeigemodell sein“, schreibt der Landeshauptmann irgendwo in der Antwort.
Ob der Landeshauptmann damit die neue Praxis gemeint hat, hinter fadenscheinigen Auslegungen des Datenschutzes Informationen vor dem Bürger zu verstecken?