Cultura | Portrait

Lost in Kambodscha?

Toni Pixner malt und schreibt Gedichte.
Seit fünf Jahren verbringt er fast das ganze Jahr in Kambodscha und wenige Wochen in Meran.
Avvertenza: Questo contributo rispecchia l’opinione personale dell’autore e non necessariamente quella della redazione di SALTO.

Phnom Penh, eine Stadt mit 1,5 Millionen Einwohnern. Für seine kambodschanische Freundin und seine Tochter holt Toni Pixner frisches Obst und Gemüse vom Markt, feilscht mit den Verkäufern. In einem Café bestellt er Mangosaft und betrachtet die Bilder an der Wand, es sind Bilder, die er gemalt hat. Auf dem Motorrad hat er sie viele Kilometer von seiner Wohnung am Meer in die Stadt transportiert.
In Kambodscha gibt es kaum eine Kunst- oder Literaturszene. Wer lesen und schreiben konnte, wurde während des Pol Pot Regimes verfolgt. Viele Intellektuelle haben das Land verlassen. Kunst wird vielfach als Dekoration gesehen, um die Wände in den unzähligen Friseursalons zu schmücken, Hotelzimmer zu behübschen.
Pixners Bilder sind Traumbilder: Palmen, Meer – Landschaften von kontrollierter Schönheit. Einzig die surrealen Farben verraten, dass hinter der Idylle auch Realität wartet. Diese Realität zeichnet er in seinen Gedichten nach,  in denen er sich zu keinen Rezepten für Gelassenheit herablässt. Seine Bilder in Öl und Aquarell gleichen einer blumigen Verkehrsinsel, auf die er sich flüchtet, um inne zuhalten, die Straßen und ihre Menschen zu beobachten, um dann zu schreiben. Schreibend lässt er eine Asymmetrie zu den Traumbildern entstehen – ein Aufbegehren gegen die eigenen Träume. Er schafft Abgründe, die er beobachtet, in sie hinein springt und sie beschreibt: Momentaufnahmen, zynisches Kopfschütteln, auch über sich selbst schüttelt er mitunter den Kopf, er, der die Gefahren des Lebens vertausendfacht.  Die politische Lage in Kambodscha ist angespannt: Die Oppositionspartei wirft dem Ministerpräsident Hun Sen, einem ehemaligen Kommandant der Roten Khmer, vor, gegen Menschenrechte zu verstoßen und politische Gegner mundtot zu machen.
Freundschaft mit Einheimischen sei schwierig, sagt er, obwohl er die Landessprache beherrscht. Grundsätzlich gebe es Zusammenhalt in Kambodscha meist nur im Familienclan, Freunde habe man auf Zeit, solange sie einem eben nützlich sind. Konflikte würden nicht offen angesprochen, sondern umgangen. Trotzdem hat Toni Pixner in Kambodscha einige Freunde gefunden, einen Fotografen aus Litauen, der ihn Antanas nennt, einen Kanadier, der eine Bar führt, einen Tschechen, der ihm seine Wohnung vermietet hat. Manche sind Aussteiger auf Zeit, andere möchten für immer in Asien bleiben.
Toni Pixner kommt einmal im Jahr für wenige Wochen nach Südtirol, um seine Freunde zu besuchen, Lesungen zu machen. Oft geht er in den Wald, der Wald sei so offen, ohne Gefahren, man könne einfach eintauchen und gehen, fast blind. Dieses Gefühl fehlt ihm in Kambodscha. Dann bricht er wieder auf, wagt sich an das Unbekannte heran, selbst wenn er sich verirren sollte.