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Kölles Wahl

Das Team Köllensperger hat gute Chancen im Mai einen Sitz im EU-Parlament zu schaffen. Dabei gibt es gleich mehrere Möglichkeiten einer Kandidatur.
Europäisches Parlament
Foto: upi
Das Treffen findet am Montag um 16.30 Uhr statt. Paul Köllensperger und die Südtiroler Grünen besprechen an diesem Nachmittag eine mögliche gemeinsame Kandidatur bei den anstehenden EU-Wahlen.
Es ist das Treffen vor dem sich die SVP am meisten fürchtet. Denn in der Brennerstrasse weiß man: Einigen sich Brigitte Foppa und Paul Köllensperger, hat die SVP am 26. Mai 2019 ein ernsthaftes Problem.
„Wichtig ist, dass Südtirol in Brüssel nicht nur vom Bauernbund-Lobbyisten Herbert Dorfmann vertreten wird“, gibt Paul Köllensperger die Marschrichtung vor. Dabei ist die Ausgangsposition für den Kopf der derzeit größten Südtiroler Oppositionspartei durchaus komfortabel. Denn es gibt gleich mehrere konkrete Szenarien einer EU-Kandidatur.
 

Neue Bewegung

 
Vor zehn Tagen wurde im „Hotel dei Borgognoni“ in Rom jene Liste vorgestellt, die auch zentrales Thema des heutigen Treffen sein wird. Die „Verdi europei e italiani“ und „Italia in comune“, die Bewegung der Bürgermeister, deren Kopf der Bürgermeister von Parma Federico Pizzarotti ist, kündigten eine gemeinsame Kandidatur bei den EU-Wahlen an. Mit dabei: Philippe Lamberts, grüner Fraktionssprecher im EU-Parlament, Monica Frassoni, Co-Präsidentin der Grünen und die beiden Sprecher der italienischen Grünen Elena Grandi e Matteo Badiali. Aber auch der Bürgermeister von Cervetri Alessio Pascucci und die ehemalige Legambiente-Präsidentin Rossella Muroni, die für Libero e Ugali im Parlament sitzt.
Diese Liste wäre nicht nur für die Südtiroler Grünen die natürliche Heimat bei den EU-Wahlen, auch Paul Köllensperger hat einen direkten Bezugspunkt. Denn der ehemalige M5S-Politiker Federico Pizzarotti hat eine ähnliche, politische Entwicklung durchgemacht, wie der ehemalige Südtiroler 5-Sterne-Chef. „Ich kenne Pizzarotti gut“, bestätigt Köllensperger. „und ich habe mit ihm auch schon über eine EU-Kandidatur gesprochen“.
 
Die Südtiroler Grünen-Chefin Brigitte Foppa hat am Samstag auf RAI-Südtirol eine gemeinsame Kandidatur auf dieser Liste mit dem Team Köllensperger in den Raum gestellt. Auch Köllensperger würde diese Variante gefallen.
Doch die große Frage ist: Schafft die neue Bewegung italienweit die 4-Prozent-Hürde, um überhaupt in das EU-Parlament einziehen zu können?
 

Lösung PD

 
Aus diesem Grund debattieren Pizzarotti & Co auch eine Verbindung mit dem PD oder zumindest mit Splittergruppen der Linksdemokraten. In Südtirol ist diese Variante schon weiter gediehen.
Nach Informationen von salto.bz hat es bereits mehrere Treffen zwischen Paul Köllensperger und dem Südtiroler PD gegeben.
Dabei wurde konkret über eine gemeinsame Liste bei den EU-Wahlen gesprochen. Da der PD in Südtirol bei den Landtagswahlen eine historische Niederlage erlitten hat, sind Alessandro Huber, Carlo Costa & Co an einer Zusammenarbeit mit Köllensperger und auch den Grünen durchaus interessiert. Auch im Hinblick auf mögliche Bündnisse und Absprachen bei den Gemeinderatswahlen 2020 in Bozen und Meran. Auch die Südtiroler Grünen schlagen hier nicht die Tür zu.
 
Der klare Vorteil dieser Lösung: Mit dem PD dürfte die 4-Prozent-Hürde kein Problem darstellen. Der Nachteil: Das erbärmliche Schauspiel, das der PD seit Monaten national aber auch lokal abliefert, macht diese Variante auch für die Wähler deutlich weniger genießbar.
 

Die ALDE

 
Doch Paul Köllensperger und seine Bewegung sind dabei eine weitere Möglichkeit auszuloten. Eine Kandidatur auf der Liste „Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa“ (ALDE). Es handelt sich dabei um eine politische Partei auf europäischer Ebene, der liberale Mitgliedsparteien in ganz Europa angehören. 
Gegründet 1976 vom deutschen FDP-Politiker Martin Bangemann gehören der ALDE heute 64 Parteien aus allen europäischen Ländern an. Deutsches Mitglied ist die FDP, österreichisches Mitglied sind die NEOS und für Italien sitzen Emma Boninos „Partito Radicale“ in der Allianz. Die ALDE-Fraktion im EU-Parlament besteht derzeit aus 68 Parlamentariern.
Wir haben mit der ALDE am Wochenende konkrete Gespräche über eine EU-Kandidatur geführt“, bestätigt Paul Köllensperger. Aber auch in dieser Variante ist die 4-Prozent-Hürde das Problem. Ob man in Italien diese Hürde schafft oder nicht, hängt vor allem von Emma Bonino ab. Sollte die ehemalige EU-Kommissarin und italienische Aussenministerin trotz ihres angeschlagenen Gesundheitszustandes im Wahlkampf auftreten, erhöhen sich die Chancen für diese Liste beträchtlich.
 

Der Minderheitenstatus

 
Die SVP hat sich ein Wahlgesetz zurechtgezimmert, das allen anderen deutlich benachteiligt“, ärgert sich Paul Köllensperger. Die Volkspartei wird voraussichtlich bei den EU-Wahlen im Mai mit Forza Italia antreten. Dass der Wähler und die Wählerin von dieser zumindest skurrilen Listenverbindung kaum etwas mitbekommen werden, liegt daran, dass die SVP mit ihrem eigenen Listenzeichen antreten kann.
Denn das EU-Wahlgesetz sieht die Möglichkeit vor, dass Minderheitenpartei mit eigenem Logo antreten können. Diese Parteien brauchen 50.000 Stimmen für ein Mandat. Es ist die Verbindung mit den Linksdemokraten, die bisher alle SVP-Kandidaten nach Brüssel gebracht hat.
 
Um diesen Status einer Minderheitenpartei wahrnehmen zu können, braucht man allerdings einen nationalen Parlamentarier oder eine EU-Parlamentarier. Die SVP erfüllt diese Voraussetzung.
Hat man diese parlamentarische Vertretung nicht, muss man im gesamten Wahlkreis 50.000 Unterschriften sammeln. Will das Team Köllensperger demnach bei den EU-Wahlen mit eigenem Listenzeichen antreten, muss die Liste 50.000 Unterschriften im Wahlkreis Nord-Ost sammeln. Dabei sieht das Gesetz vor, dass in jeder Region, die zum Wahlkreis gehört, mindestens 5.000 Unterschriften gesammelt werden. „Das wird für uns sehr schwer“, sagt Köllensperger.
Spielt man auch alle Varianten einer Kandidatur durch, so bleibt eine Frage am Ende zentral. Wer wird der Spitzenkandidat sein. Paul Köllensperger will sich hier nicht in die Karten schauen lassen: „Ich führe Gespräche“.
Nach Informationen von salto.bz gibt es aber für den Anti-Dorfmann ein klares Profil: Bekannt, deutschsprachig und Frau.