Politik | Landtag

Der Eiertanz

Die Geschichte um die zwei Rechtsgutachten zum Monti-Dekret wird immer skurriler. Das Landtagspräsidium hat Karl Zeller & Co. zuerst ein- und dann ausgeladen.

Ich bin konsterniert“, sagt Dieter Steger. Der SVP-Fraktionssprecher im Landtag ist nicht der Einzige, dem es so ergeht. Auch Karl Zeller versteht die Welt nicht mehr: „Bis Donnerstag hat es geheißen, dass wir kommen sollen“, sagt der SVP-Senator, „und dann wurde plötzlich alles abgeblasen.
Am Montag um 10 Uhr sollten eigentlich Karl Zeller, Hans Berger und Francesco Palermo dem Landtagspräsidium und den interessierten Abgeordneten jenes Rechtsgutachten vorstellen, dass sie als Autonomiefraktion beim renommierten Paduaner Verwaltungsrechtler Giandomenico Falcon in Auftrag gegeben haben. Doch aus der Vorstellung wurde nichts.
Am Montag tagte das Landtagspräsidium. Die Entscheidung: Am 31. August sollen die Fraktionssprecher entscheiden, ob sie die Vorstellung wollen oder nicht. „Ich bin wirklich verwundert“, reagiert Dieter Steger auf diese Entscheidung.

Das Monti-Dekret

Mario Monti hat als Regierungschef bereits Ende 2011 ein Paket von Sparmaßnahmen beschlossen, mit dem auch die Kosten der Politik drastisch gesenkt werden sollten. So etwa hat die Regierung für Politiker eine Höchstgrenze der Entschädigungen beschlossen: 13.800 Euro brutto im Monat.

Präsidium des Landtages: Formalistische Einwände.

Bis zur Anwendung der Gesetze vergehen in Italien bekanntlich Jahre. So war es auch mit dem Monti-Dekret. Inzwischen wurden die Bestimmungen aber in fast allen Regionen umgesetzt. Südtirol hinkt bisher auf dem Papier aber nach.
Der Landtag und der Regionalrat haben in den vergangenen Jahren eine ganze Reihe von Kürzungen durchgeführt. So haben die Abgeordneten nicht nur ihre Entschädigung um über 20 Prozent gesenkt, der Landtag hat auch die Fraktionsgelder deutlich gekürzt und jede Entschädigung für Fraktionssprecher abgeschafft. Südtirols Landtag ist im Vergleich zu den italienischen Regionen damit einer der billigsten in ganz Italien.

Die LH-Entschädigung

Gleich zu Beginn dieser Legislatur hat Martha Stocker, als Kurzeitpräsidentin des Landtages einige Punkte des Monti-Dekretes mit einer breiten Landtagsmehrheit umgesetzt. Offen blieben ab die Entschädigungen des Landeshauptmannes und der Landesräte.
Arno Kompatscher verdient im Monat brutto 19.215 Euro. Das sind rund 8.000 Euro weniger als sein Vorgänger Luis Durnwalder. Auf dem Papier liegt diese Entschädigung aber deutlich über der Höchstvergütung des Monti-Dekretes. Damit aber stellt sich die Frage, ob auch Südtirol sich an diese Vorgaben halten muss oder nicht?
Landtagspräsident Thomas Widmann stand deshalb unter Zugzwang. Auf der einen Seite getrieben von der Opposition, auf der anderen Seite aus Angst vor dem Rechnungshof, hat Widmann beschlossen, die Rechtslage zu klären.

Ex-Landtagspräsident Thomas Widmann: Revanchefoul in Richtung Landeshauptmann?

Dazu kommt noch etwas, was man gerne unterschlägt: die SVP-internen Machtkämpfe. Thomas Widmann, von Arno Kompatscher als Landesrat ausgebootet, hat noch einige Rechnungen mit dem neuen Landtagshauptmann offen. Die Reduzierung der Entschädigung ist ein willkommener Anlass für ein Revanchefoul. Immerhin würden am Ende der Landtagspräsident und der Landeshauptmann annähernd gleich viel verdienen.

Das Caia Gutachten

Thomas Widmann gab deshalb als Landtagspräsident bei Giuseppe Caia ein Rechtsgutachten in Auftrag. Der Rechtsexperte, der bereits im Strom-Konzessionsstreit als Gutachter eingesetzt wurden, legt das Gutachten Anfang Juni vor. Seine Resümee: Das Land Südtirol muss die Monti-Reform umsetzen und damit die Entschädigung des Landeshauptmann um rund 6.000 Euro kürzen.
Diese Rechtsmeinung hat aber Karl Zeller auf den Plan gerufen. „Mir geht es nicht um das Geld oder die Politikerentschädigungen“, sagt Zeller zu salto.bz, „sondern um die Verteidigung unserer Autonomie“. Der SVP-Senator ist entrüstet über das Caia-Gutachten. „Der Landtag schließt sich damit der Interpretation der römischen Staatsadvokatur an“.

Senator Karl Zeller: „Mir geht es nicht um das Geld“

Der Verfassungsrechtler unterm Edelweiß bekommt in seiner Argumentation Schützenhilfe von unverdächtiger Seite. „Ich glaube, dass die Rechtsmeinung von Professor Caia in diesem Fall nicht hält“, sagt auch der Senator und Professor für Verfassungsrecht Francesco Palermo.

Das Falcon Gutachten

Zeller und Palermo haben über die Autonomiefraktion im Senat deshalb ein Gutachten bei Giandomenico Falcon in Auftrag gegeben. Seit zwei Wochen liegt das Gutachten vor. Der Paduaner Professor kommt zu einem ganz anderen Schluss: Südtirol muss das Monti-Dekret nicht umsetzen.
Die Grundlage dieses Urteils bilden sowohl das Mailänder wie auch das Bozner Abkommen. Mit diesen beiden Abkommen wurde nicht nur die Finanzierung der Südtirol Autonomie, sondern vor allem auch der Beitrag den Südtirol an der Staatsfinanzierung leisten muss, auf völlig neue Füße gestellt.
Diese neue Abmachungen haben auch den Verfassungsgerichtshof überzeugt, der in den vergangenen Jahren mehrere Klagen der Regierung abgewiesen hat. Erst 2016 wurde eine solche Grundsatzentscheidung gefällt. Das Prinzip: Südtirol leistet seinen Beitrag über die Abkommen, innerhalb der Autonomie hat es deshalb Gestaltungsfreiraum.
Caia hat meiner Meinung nach in seinem Gutachten dieser Entwicklung zu wenig Beachtung geschenkt“, sagt auch Dieter Steger.

Geplante Anhörung

Die Existenz und das Resümee des Falcon-Gutachten sickerten vor zehn Tagen durch. Daraufhin polterte man auch in der SVP. Vor allem der Landtagsabgeordnete Helmuth Renzler forderte, dass das Gutachten umgehend den Abgeordneten ausgehändigt werde. Renzler, der auch im Landtagspräsidium sitzt, polemisierte offen gegen das „Geheimgutachten“.
Karl Zeller erklärte sich bereit, das Gutachten dem Landtag zu übergeben. SVP-Fraktionssprecher Dieter Steger ersuchte vor zehn Tagen deshalb um eine informelle Anhörung. Der Plan: Karl Zeller, Francesco Palermo und Hans Berger sollten das Gutachten kurz erläutern und den Abgeordneten übergeben. „Ich will nicht, dass das Gutachten zuerst die Zeitungen bringen, bevor es offiziell dem Landtag vorgestellt wird“, erklärt Karl Zeller dieser Vorgangsweise.
Anfänglich stimmt Landtagspräsident Roberto Bizzo dieser Gangart auch zu. So dass Dieter Steger bereits verschiedene Abgeordnete mündlich für die Vorstellung am Montag eingeladen hatte.

Die Handbremse

Doch Ende letzte Woche folgt dann die Kehrtwende. Landtagspräsident Roberto Bizzo berief sich plötzlich auf die Geschäftsordnung des Landtages. Dort ist in Artikel 108 eine klare Prozedur für Anhörungen vorgesehen. Sie müssen im Kollegium der Fraktionssprecher vorgeschlagen und genehmigt werden. Am Montag bestätigte dann das Landtagspräsidium per Beschluss diese Vorgangsweise.

SVP-Fraktionssprecher Dieter Steger: „Not amused“

Ich bin über diesen formalistischen Unterton not amused“, ärgert sich Dieter Steger. Steger, selbst zweimal Landtagspräsident, kennt die Geschäftsordnung des Landtages bestens. Er sagt: „Es war nie von einer Anhörung die Rede, sondern von einer Vorstellung und diese kann der Landtagspräsident jederzeit allein genehmigen.
Demnach wäre eine Anhörung mit den beiden Professoren Caia und Falcon im September sowieso geplant gewesen. Die Abgeordneten sollten durch die Senatoren nur eine Vorinformation und das Gutachten erhalten.
Das will der Landtag aber anscheinend nicht. Denn man hat die drei Senatoren gestern wieder ausgeladen. Ende August sollen die Fraktionssprecher entscheiden. Der Vorschlag lautet, nur Giandomenico Falcon direkt einzuladen.
Wir könnten das Gutachten freilich auch auf einer Pressekonferenz vorstellen“, denkt Karl Zeller inzwischen laut nach.
​Der Hahnenkampf geht damit in die nächste Runde.

Bild
Salto User
Günther Alois … Di., 02.08.2016 - 06:40

Herr Zeller,sie glauben wohl selbst nicht was sie da von sich geben,vonwegen:es geht mir nicht ums Geld .........blablabla,man kennt sie und ihre LIEBE zum Geld!Typisch S V P Methoden??????

Di., 02.08.2016 - 06:40 Permalink