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Der Fund

Was kaum jemand weiß: Man hat jetzt auch die ursprünglichen SEL-Projekte für die Kraftwerke Laas und Lappach gefunden. Auch deshalb kommt es zur Neubewertung.

Arno Kompatscher verfolgt die Südtiroler Medien genau. So wie es sich für einen Landeshauptmann gehört. „Eines ist klar“, sagte er vor zwei Wochen zu salto.bz, „ein Selbstmordkommando ist es sicher nicht“.
Die Anspielung war deutlich.
Am 16. Dezember 2014 hat die Landesregierung den Beschluss Nummer 1527 mit dem Titel „Neuorganisation des Elektrizitätssektors in Südtirol“ gefasst. Darin wird nicht nur die Fusion zwischen „SEL AG“ und „Etschwerke AG“ politisch untermauert, sondern auch der Weg festgelegt, wie man die Rechtmäßigkeit der manipulierten SEL-Konzessionen wiederherstellen will.
Außerdem gedenkt das Land das Verfahren zur vergleichenden Neuprüfung der Wasserkonzessionen laut Beschluss der Landesregierung Nr. 562 vom 15. 04. 2013 abzuschließen“, heißt es im Text. Gemeint ist damit die Entscheidung der alten Landesregierung und von Stromschlichter Giuseppe Caia angeregt, dass man eine Neubewertung der Konzessionsansuchen der 12 ehemaligen ENEL-Großkraftwerke durchführen soll, indem man für die SEL die ursprünglichen, nicht manipulierten Umweltpläne bewertet.
Der Autor dieser Zeilen hatte Ende Dezember auf salto.bz unter dem Titel „Selbstmordkommando“ darauf hingewiesen, dass diese Art der Bewertung mehr als gefährlich sei. Der Plan: Die Bewertung der Projekte für die zwölf Großkraftwerke soll wiederholt werden. Wobei man diesmal jene SEL-Umweltpläne heranzieht, die am 30. Dezember 2005 abgegeben wurden. Also jene vor der Austauschaktion durch Michl Laimer und Maximilian Rainer.
Diese Umweltpläne waren von den Beamten der Carabinieri-Sondereinheit im November 2011 auf dem Dienstcomputer von SEL-Generaldirektor Maximilian Rainer gefunden worden. Sie waren im SEL-Prozess ein zwingendes Beweisstück für den Austausch der Akten.
Lang stritten Land und Staatsanwaltschaft über die Rechtmäßigkeit dieser Word-Dokumente. Am Ende sprach Oberstaatsanwalt Guido Rispoli ein Machtwort. Die ROS-Beamten übergaben im vergangenen Sommer die gefundenen Dateien offiziell den Landesämtern.

Der Stolperstein

Schon bald aber zeichnete sich ein Problem ab, das zum Stolperstein für die geplante Neubewertung hätte werden können. Denn in dem auf Rainers Computer gefundenen Ordner fehlen zwei SEL-Projekte. Der Ordner für das Kraftwerk Lappach ist leer. Und für das Kraftwerk Laas gibt es überhaupt keine Dateien. Das liegt daran, dass die Projekte für Laas erst einen Monat später abgegeben wurden.
Die logische Schlussfolgerung: Zumindest bei diesen beiden Kraftwerken fliegt die SEL bei einer Neubewertung raus. Weil es kein Projekt gibt.
Was bis heute die Öffentlichkeit nicht weiß:
Die beiden fehlenden SEL-Projekte sind gefunden worden. „Wir haben inzwischen sowohl für das Kraftwerk Lappach, wie auch für das Kraftwerk Laas die ursprünglichen Umweltpläne erhalten“, heißt es im Land.
Es waren am Ende wiederum die Beamten der ROS, die den Hasen aus dem Zylinder gezaubert haben und damit dem Land aus der Verlegenheit helfen. Nachdem die zuständigen Landesämter die Carabinieri-Sondereinheit noch einmal um Amtshilfe ersuchten, überprüfte man das gesamte beschlagnahmte Material. Auf zwei DVDs, die man im März 2013 am SEL-Sitz beschlagnahmt hatte, fanden sich am Ende auch die ursprünglichen Umweltpläne für Laas und Lappach.
Damit dürfte einer Neubewertung nichts mehr im Wege stehen.

Grüne Kritik

Die Südtiroler Grünen sehen das anders. Brigitte Foppa, Riccardo Dello Sbarba und Hans Heiss kritisieren in einer Aussendung, dass das Kraftwerk St. Anton von der Neubewertung ausgeschlossen wird. Riccardo Dello Sbarba schreibt:

"Der jetzige Zuschlag an die Eisackwerk GmbH entspricht nicht der Vorgangsweise zur Überprüfung der Konzessionen von Prof. Caia, wie sie von der Landesregierung eingeleitet wurde. Dieses, derzeit noch laufende Vorgehen schließt alle Konzessionen ein, die vom Urteil des Landesgerichts Bozen Nr. 138/2013 betroffen waren. Dazu gehört auch das Kraftwerk St. Anton. Es wird bereits auf der ersten Seite der Stellungnahme von Prof. Caia genannt. Wir erinnern daran, dass beim Wettbewerb um St. Anton nicht nur SEL und die Eisackwerk GmbH teilgenommen haben. AE und die Stadtwerke Brixen waren zum Beispiel auch dabei. Auch ihre Projekte sollten bei einer Überprüfung berücksichtigt werden.“

Es ist eine Kritik, die kaum haltbar sein dürfte.
Mit der Neubewertung der Konzessionen soll eine Art Waffengleichheit hergestellt werden.
Die SEL hat zehn Konzessionen mit manipulierten, ausgetauschten Projekten gewonnen. Bei all diesen Kraftwerken hat das zuständige Landesamt für Stromversorgung im Abschlussbericht die Landesenergiegesellschaft als Wettbewerbssieger ermittelt. Die Überprüfung soll jetzt klären, ob die SEL nur wegen der illegalen Austauschaktion gewonnen hat oder ob ihre ursprünglichen Projekte bereits die besten waren.
Das Kraftwerk St. Anton ist hingegen ein Sonderfall. Denn dort hat die SEL trotz Schwindels verloren. Die Landesämter haben in ihrem Abschlussbericht die „Eisackwerk GmbH“ als Wettbewerbssieger ermittelt. Es war die Landesregierung, die dann der SEL die Konzession in einer politischen Entscheidung zugeschlagen hat.

Beim Watten schwindeln die Gegner, aber die Ehrlichen gewinnen trotzdem. Danach verlangt jemand, dass das Spiel wiederholt wird.

Jetzt wurde diese politische Entscheidung von der neuen Landesregierung revidiert und die Konzession den privaten Unternehmern zuerkannt. Eine Neubewertung ist in diesem Fall völlig überflüssig.
Ein Vergleich: Beim Watten schwindeln die Gegner, aber die Ehrlichen gewinnen trotzdem. Danach verlangt jemand, dass das Spiel wiederholt wird.....
Dieser Jemand sind in St. Anton die Grünen.