Sissa Micheli bricht ins Museion ein
Frau Micheli, gehört es für Sie dazu, Verwirrung zu stiften in der Kunst?
Ja, ich finde der Kunst kann man einiges zutrauen, ob Irritation oder Reflexion oder Manifestation. Sie soll meiner Meinung nicht nur dekorativ sein! Mit meinem Video wollte ein starkes Statement auf die Fassade vom Museion bringen.
Ein Einbruch ins Museion steht auf dem Programm. Wir können ihn live mitverfolgen?
Die Eröffnung ist am 7. August. Als Diebin getarnt bring ich einen Brief ins Museum.
Protagonistin ihrer Arbeiten ist sie häufig selbst: Als one for all – als Platzhalterin für Frauen, Opfer oder Täter, für Betrachterin, Betrachter oder Voyeurinnen und Voyeure setzt sich Sissa Micheli in ihren fotografischen Betrachtungen in Szene. Lesen Sie mehr auf franzmagazine.com
Hier beginnt die Verwirrung, die Verdrehung.
Ich bin eine Diebin, die nichts entwendet, sondern eine Botschaft mitbringt. Es geht um Andy Warhols Angebot dem Museum of Art in New York. Er wollte ihnen ein Bild schenken "Shoe". Doch das Museum lehnte dankend ab. Die Botschaft, die ich hiermit vermitteln möchte ist jene, dass Künstler und Künstlerinnen sich nicht von Absagen großer Kunsthäuser einschüchtern lassen sollen, sondern die Ablehnung, wie bei Warhol, als einen besonderen Ansporn sehen sollen, der sie erst Recht an die Spitze trägt.
Sie wollen motivieren?
Genau. Während meiner Recherchen zum Thema bin ich auf den britischen Guerilla-Künstlers Banksy gestoßen, welcher 2005 unbemerkt vier seiner Bilder in vier New Yorker Museen geschmuggelt hat. Ich fand die Aktion mutig und risikoreich. Bei meiner Aktion geht es aber nicht um das Ausstellen meiner eigenen Werke, sondern um ein Statement über Kunst. Es geht um die Absage als Motivation.
Ja, es gab sie. Die Plattenfirma, die den Beatles keinen Vertrag gab, und eine Uni, die Einstein keine Stelle anbot. Was, wenn der Talentsucher die besten Bewerber nach Hause schickt? Eine kleine Sammlung gewaltiger Irrtümer bei der Auswahl künftiger Spitzenkräfte lesen Sie auf spiegel.de.
Sie sind gerade in London. Halten das Atelierstipendim für künstlerische Fotografie 2014 in Händen. Was charakterisiert ihre Arbeiten?
In meiner Kunstpraxis changiere ich zwischen Dokumentarischem und Inszeniertem, indem ich mich an wahren Gegebenheiten inspiriere, um sie fiktiv zu inszenieren. In diesem Fall ist ist der Ausgangspunkt die Absage an Warhol. Ein weiteres Merkmal meiner Arbeit ist auch die Einbindung medienreflexiver Elemente. Das Werk bewegt sich an der Schnittstelle zwischen Fotografie und Film. Aus der Verbindung der Blitze und des Schusses („ein Foto schießen“) entsteht eine Referenz zur Fotografie.
Alle BILDRECHTE (auch in der Bildergalerie):
Sissa Micheli, /Art Theft Reversed/, Media Façade,
Museion, 2014, photo: Luca Meneghel