Kompatschers Sündenfall
Die Aussage war klar und deutlich. „Wir werden uns in Zukunft an die Gutachten der Fachkommissionen halten“, versprach Arno Kompatscher im Wahlkampf. Und nicht nur der Landeshauptmann, sondern auch einige seiner Landesräte stimmten vor und nach der Wahl in diesen Chor ein.
Was in der Theorie gut klingt, schaut in der Praxis eineinhalb Jahre später aber ganz anders aus. Deutlich wird das an einem Großprojekt im Pustertal, das die Landesregierung still und leise gegen den Willen der Landeskommission für Natur-, Landschaft und Raumentwicklung durchdrückt. „Ich habe in meinem Leben noch nie einen Beschluss gesehen, der inhaltlich wie formal so widersprüchlich ist“, sagt einer, der sich seit 30 Jahren von Amtswegen mit Raumordnung und Landschaftsschutz beschäftigt.
Beim Sündenfall der Regierung Kompatscher geht es um ein Großprojekt von landesweiter Bedeutung: den größten Campingplatz der in Südtirol jemals gebaut wurde.
Die „Kronplatz Seilbahn AG“ ist eine Erfolgsgeschichte und eine wirtschaftliche Macht, die weit über das Pustertal hinausreicht. Böse Zungen behaupten, dass das Unternehmen in Bruneck tut, was es will. Sicher ist, das finanzstarke Unternehmen weiß, wie man sich politisch in diesem Land zu bewegen hat.
Im November 2008 kauft das Seilbahn- und Tourismusunternehmen den „Korerhof“. Der geschlossene Hof mit einer Pensions-Lizenz und rund einem Hektar Wald und Wiesen liegt direkt an der Talstation des Skigebietes Kronplatz in Reischach. Das finanzkräftige Unternehmen lässt sich den Kauf etwas kosten. 2.019.051 Euro blättert die „Kronplatz Seilbahn AG“ für den Kauf, die Vermittler- und Notarsgebühren hin.
Mit dem früheren Besitzer wird für drei Jahre ein Pachtvertrag abgeschlossen, so dass er für diese Zeit sowohl den Grund bewirtschaften wie auch die Pension „Korerhof“ weiterführen kann. Der Pachtvertrag endet im Herbst 2011.
Doch die „Kronplatz Seilbahn AG“ hat mit dem geschlossenen Hof große Pläne. Und die Gemeinde Bruneck spielt dabei kompromisslos mit. Am 30. September 2013 genehmigt der Gemeinderat mit den Stimmen der Mehrheit eine Bauleitplanänderung. Aus dem Korerhof wird eine „Zone für touristische Einrichtungen-Campingplatz“, sowie eine neue Zufahrtsstraße ausgewiesen. Zudem genehmigt der Gemeinderat die Verlegung von 72 Gästebetten in die Zone zur Errichtung eines neues Hotelbetriebes. Gegen die Bauleitplan-Änderung werden bei der Gemeinde zwei Einwände eingebracht. Im November 2013 lehnt der Gemeinderat die Einwände mit 19 Stimmen ab.
Das LuxuscampingplatzDabei ist das Projekt, das die „Kronplatz Seilbahn AG“ vorlegt, das größte Campingplatz-Projekt, das es jemals in Südtirol gegeben hat. Am Korerhof sollen „ein qualitativ hochwertiger Campingplatz der 4. bis 5. Sternekategorie, ein separater Zeltplatz sowie kleine Ferienhäuser errichtet werden. Außerdem soll ein Beherbergungsbetrieb entstehen.
Aus den vorgelegten Plänen wird deutlich, welches Monsterprojekt geplant wird. Der Campingplatz sollte sich ursprünglich über unglaubliche 11,7 Hektar erstrecken. Neben Wellnesseinrichtungen, einem Hotel, Geschäften und Apres-Ski-Lokalen sollen auch 50 Chalets errichtet werden, die teilweise unterirdisch in den Hang gebaut werden. Insgesamt sieht das vorgelegte Projekt die Verbauung von 50.000 Kubikmetern vor. Und das bei einem Campingplatz.
„An Spitzentagen stehen 160 Camper am Stegener Markt oder an der Talstation“, argumentiert die „Kronplatz Seilbahn AG“ für das Großprojekt. Als besondere Befürworter setzt sich auch der ehemalige Brunecker Bürgermeister Christian Tschurtschenthaler bei den zuständigen Landesbehörden ein.
Im Mai 2014 holen die Projektbetreiber die notwendigen Gutachten bei den zuständigen Landesämtern ein. Sowohl das Amt für Gewässerschutz wie auch das Amt für Landschaftsökologie geben ein negatives Gutachten ab. „Das gegenständliche Vorhaben am vorgesehenen Standort kann im geplanten Ausmaß nicht gutgeheißen werden, unter anderem aus Gründen der Zersiedlung, der Entfernung zu den dörflichen Einrichtungen, der mangelnden Versorgung, Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz sowie wegen der sehr erheblichen Geländeeingriffe“, heißt es im Gutachten.
Vor allem aber weist das Umweltamt darauf hin, dass beim Projekt der Umweltbericht fehle. Im August 2014 reicht die „Kronplatz Seilbahn AG“ die zusätzlichen Unterlagen nach, die aber nicht dem geforderten Standards entsprechen.
Am 9. Oktober 2014 wird das Projekt wie vom Gesetz vorgesehen der Kommission für Natur, Landschaft und Raumentwicklung zur Begutachtung vorgelegt. Vorab hatte Werner Schönhuber, der Präsident der „Kronplatz Seilbahn AG“, Mitglieder der Kommission kontaktiert, um ihnen das Projekt persönlich vorzustellen.
Das Lobbying fruchtet aber nicht. Auf der Sitzung sprechen sich alle Kommissionsmitglieder – mit Ausnahme des Vertreters der Gemeinde Bruneck – gegen die Bauleitplanänderung aus.
Die Gründe werden im Sitzungsprotokoll festgehalten:
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Der Umweltbericht ist unvollständig, da die eingereichten Unterlagen nicht allen Vorgaben des Landegesetzes bezüglich der strategischen Umweltprüfung entsprechen.
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Die nachgereichten Unterlagen haben nicht das vom alten Landesraumordnungsgesetz vorgesehene Genehmigungsverfahren durchlaufen und weitere Unterlagen können nicht nachgebracht werden.
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Die Gemeinde muss das Verfahren mit der neuen Prozedur im Gemeindeausschuss neu starten.
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Die Standortalternativen sind nicht ausreichend geprüft worden und auf Grund des großen Ausmaßes der Zone wäre eine Ausweisung näher am bebauten Gebiet wünschenswert.
Vor allem aber verweist die höchste Fachkommission für Urbanistik und Landschaft auf eine grundsätzliche Entscheidung:
„Der Campingplatz hat auf Grund der zentralen Lage im Pustertal und seiner Dimension eine gemeindeübergreifende Bedeutung. Eine vergleichende Bewertung alternativer Standorte im Rahmen der strategischen Umweltprüfung mit vertiefender Untersuchung raumplanerischer Aspekte (Verkehrsanbindung und – Auswirkungen auf das Umfeld, Baumassenverteilung und verschiedene gastgewerbliche Nutzungen im Planungsgebiet, Auswirkungen der Ausweisung auf andere Standorte im Gemeindegebiet) ist unerlässlich für eine Bewertung des Vorhabens.“
Das WeihnachtsgeschenkDamit scheint das Mega-Projekt erst einmal auf Eis gelegt. Doch es kommt völlig anders. Die Gemeinde Bruneck und der Projektträger modifizieren das Projekt leicht und die Landesregierung genehmigt auf ihrer Sitzung vom 23. Dezember 2014 die Bauleitplanänderung am Korerhof.
Demnach darf die „Kronplatz Seilbahn AG“ dort auf 7,61 Hektar den geplanten Luxuscampingplatz errichten. Genehmigt wurden 280 Stellplätzen und 30 Chalets. Die geplante Baukubatur von 50.000 Kubikmetern wurde jetzt auf 39.000 Kubikmeter reduziert. Auch die Verlegung von 72 Betten vom Kronplatz in die Zone wird gestrichen.
Dass man mit diesem Beschluss einen Tag vor Heiligabend die eigene Fachkommission vorführt, scheint Arno Kompatscher & Co nichts auszumachen. Nur ein Mitglied der Landesregierung hat gegen die Bauleitplanänderung gestimmt.
Gleichzeitig hat man aber eine absurde Vorgangsweise gewählt. Denn in dem Beschluss geht die Landesregierung auch auf die Bedenken der Kommission für Natur, Landschaft und Raumentwicklung ein.
Im Beschluss heißt es:
„Die Forderungen der Kommission für Natur, Landschaft und Raumentwicklung vom 9. Oktober 2014 nach vertiefenden Untersuchungen werden angenommen und müssen innerhalb der UVP-Studie im Rahmen des späteren UVP-Verfahrens über das Projekt durchgeführt werden; dies mit ausdrücklichem Hinweis auf die möglichen Alternativstandorte, welche innerhalb des heutigen Verfahrens aufgezeigt worden sind: Zonen Landesbauhof in Stegen und Vorschlag Kronbichler.“
Es ist die Quadratur des Kreises. Denn hier werden die raumordnerischen Bestimmungen ad absurdum geführt. Die Bestimmungen sehen vor, dass man in der Planungsphase eines solchen Großprojektes eine strategische Umweltprüfung (SUP) machen muss. Dabei geht es vor allem um die Bewertung von Alternativstandorten. In der Projektphase hingegen ist dann eine UVP zu machen.
Beides zu vermischen ist sinnlos. Wie und warum soll sich die „Kronplatz Seilbahn AG“ mit einem Alternativstandort beschäftigen, der ihr nicht gehört, wenn die eigene Grund bereits zum Campingplatz umgewidmet wurde?
Der Zusatz ist Augenauswischerei pur.
Die Landesregierung genehmigte das Mega-Projekt am 23. Dezember 2014. Der Beschluss wurde aber erst am Dienstag dieser Woche veröffentlicht. Man brauchte fast eineinhalb Monate, um das Ganze irgendwie zurechtzubiegen. Dabei ging der Beschluss mehrmals zwischen dem stellvertretenden Amtsdirektor im Landesamt für Ortsplanung Nord Ost Karl Höller und dem stellvertretenden Amtsdirektor im „Rechtsdienst für das Territorium“ Fabrizio Cavallar hin und her.
Was am Ende herausgekommen ist, dürfte ein Lehrbeispiel dafür sein, wie man einen Beschluss nicht macht. Denn auf den zweinhalb Seiten finden sich fast mehr Widersprüche als Zeilen.
So etwa wird im beschließenden Teil zuerst die Verlegung von 72 Betten zur Errichtung eines Beherbergungsbetriebes explizit abgelehnt und danach heißt es aber wörtlich:
„In dieser Zone ist die Errichtung eines Beherbergungsbetriebes, von Ferienhäusern und Stellplätzen, samt jeglichen notwendigen technischen und Service-Einrichtungen für den Betrieb einer Campinganlage vorgesehen.“
Was also: Hotel, ja oder nein?
Verwirrung wird im Beschluss aber auch bei der wichtigsten Größe gestiftet. Wie viel gebaut werden darf. So heißt es im Beschluss der Landesregierung:
„Es gilt folgende Bauvorschrift:
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höchstzulässige urbanistische Kubatur: 39.000 Kubikmeter
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höchstzulässige Anzahl Stellplätze: 280
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höchstzulässige Anzahl Chalets (Ferienhäuser/Bungalows): 30
Und dann im nächsten Absatz:
„Es können zusätzlich ober- und unterirdisch folgende Anlagen und Dienste errichtet werden: Geschäft zur Versorgung der Campinggäste, Bar, Self Service, Restaurant, Après-Ski-Lokal, usw. mit den nötigen Nebenräumen.“
Zusätzlich wird wohl kaum innerhalb der 39.000 Kubikmeter zu verstehen sein?
Der Projektträger dürfte sich über diese Art der weitmaschigen und fantasievollen Beschlussfassung auf jeden Fall freuen. Erschließt sich der „Kronplatz Seilbahn AG“ damit doch ungeahnter Handlungs- und Spekulationsspielraum.
Ohne Sichtvermerk der zuständigen Beamten wird das Campingsplatz-Projekt am Kronplatz aber zu einer rein politischen Entscheidung. Ob das die neue, vor den Landtagswahlen angekündigte Gangart in der Raumordnung und im Naturschutz ist?
Die Beamten, die für die Raumordnung im Land die Verantwortung tragen, scheinen diese Vorgangsweise weniger zu goutieren. Sowohl die zuständige Direktorin des Amtes für Ortsplanung Nord-Ost, Annalisa Ziernhöld wie auch der Chefurbanist des Landes und Leiter der Abteilung Natur, Landschaft und Raumentwicklung Anton Aschbacher haben auf dem Beschluss ihre Unterschrift verweigert. Deutlicher kann eine Distanzierung kaum sein.
Ohne Sichtvermerk der zuständigen Beamten wird das Campingsplatz-Projekt am Kronplatz aber zu einer rein politischen Entscheidung.
Ob das die neue, vor den Landtagswahlen angekündigte Gangart in der Raumordnung und im Naturschutz ist?
Um den Provinz-Präsidenten,
Um den Provinz-Präsidenten, Dr. mag iur. Arno Kompatcher, hinsichtlich "seiner Ausrichtung" einigermaßen treffend einzuordnen, sollte man zunächst dessen Erklärungen in Sachen "Fondo Brancher", dann dessen schunkelnder Auftritt beim "Openair" in Vierschach und nun die prozessual defizitäre Vorgangsweise in Sachen Megaprojekt "Korerhof" heranziehen.
Diesbezüglich ist der neue Provinz-Präsident dem alten Präsidenten ebenbürtig. Gott - bzw. die 'Sextner Dolomiten AG', die alte und neue 'Alta Val Comelico srl' sowie die 'Kronplatz AG' bzw. all deren Errungenschaften stehen hierfür Zeuge, ganz abgesehen von der 'Südtiroler Strukturen GmbH', die den beiden Gesellschaften jeweils einen Bahnhof baute. Der offizielle Vorwand hierzu: Man setzte die beiden Bahnhöfe im Interesse der Menschen von Vierschach und Percha in die Welt. Wie fürsorglich!
Beide Bahnhöfe zusammen kosteten zwischen fünf und sechs Millionen Euro. Selbstverständlich wurde diese doch sehr beachtliche Summe dem Steuertopf entnommen. Dazu kommt außerdem, dass die Urlauber im Einzugsbereich der beiden Tourismusverbände (Hochpustertal und Kronplatz) für die Dauer ihres Aufenthalts einen 'Mobilitätspass' vom jeweiligen Hotelier ausgehändigt bekommen, der sie dazu berechtigt, alle öffentlichen Personentransportmittel (Zug, Busse) kostenlos, uneingeschränkt, südtirolweit zu benutzen. Und schließlich besticht noch Kompatschers Gesinnungswechsel in Sachen 'Flugplatz Bozen'.
Das mit dem nahtlosen Übergang vom Alten zum Neuen stimmt also doch. Nix is mit der Zeitenwende! Eine vorschnell gealterte Jugend brächte uns auch nicht weiter, wenn dem so wäre.
Trotz Unterschiede im
Trotz Unterschiede im Führungsstil und im öffentlichen Auftreten scheinen sich der alte und der neue Landeshauptmann in einem zentralen Punkt sehr ähnlich zu sein: sie haben eine so hohe Meinung von ihrer Entscheidungskompetenz, dass sie die Argumente anderer nur gering schätzen.
Seit über 15 Jahren kommen
Seit über 15 Jahren kommen wir mit einem Wohnmobil an den Kronplatz.
Niemand hat je gefragt, ob Wohnmobilfahrer einen Campingplatz brauchen oder evtl. benutzen würden. Ein Campingplatz ist für Zelter und Wohnwagen interessant, das ist eine völlig andere Klientel.
Wir werden diesen Platz niemals aufsuchen, da wir genau das Gegenteil eines Campingplatzes suchen! Es gibt auch andere schöne Skigebiete, wo man nicht durch Camper gestört wird. Die ca. 4000 bis 5000 €, die wir pro Jahr in Bruneck ausgegeben haben sind auch in anderen Orten willkommen.
Nur an Weihnachten und Fasching sind viele Wohnmobilfahrer hier, dieser Campingplatz wird wie viele andere von Dauercampern leben und damit sicher nicht gewünschte Besuchergruppen anziehen. Wohnmobilfahrer sind mobil und schnell woanders zuhause. Österreich hat vor über 20 Jahren Wohnmobile verjagt und zu spät bemerkt, daß das finanziell potente Gäste sind, heute wird versucht diese wieder durch Werbung anzulocken, aber das ist mühsam und langwierig.
Wir werden wie früher nach Frankreich fahren, wo Wohnmobile willkommen auf kostenlosen, perfekten Parkplätzen stehen dürfen.
Der Kronplatz AG wünschen wir viel Glück mit diesem Investment, sie werden es brauchen.
Die Politik muss ja keine Wirtschaftlichkeit garantieren, deshalb ist es den Politikern egal was ein Investor macht.