Gesellschaft | Protest

Aufgeschoben ist nicht aufgehoben

Die Hausärzte haben den Ticket-Streik abgeblasen. Ab Montag gehen die Verhandlungen mit der Provinz weiter. Doch darüber hängt immer noch ein Damoklesschwert.

Anstatt auf die Barrikaden werden die Hausärzte am Montag wieder an den Verhandlungstisch mit der Provinz zurückkehren. Die Ankündigung, aus Protest gegen die stockenden Verhandlungen und die stiefmütterliche Behandlung durch das Land die Kodes für die Ticketbefreiungen aus Einkommensgründen nicht mehr auf die roten Rezeptzettel eintragen zu wollen, wurde nämlich abgesagt.

Die drei Hausärzte-Gewerkschaften Fimmg, SNAMI und Smi hatten zu der Protestaktion aufgerufen, um sich ein weiteres Mal Gehör zu schaffen. Sie fühlen sich im Zuge der Sanitätsreform nicht genügend berücksichtigt. Nicht zuletzt wegen des aktuellen Arbeitsvertrags, aufgrund dessen zahlreiche Hausärzten auf einen nicht unbeachtlichen Teil ihres Gehalts verzichten müssen. Als vorigen Montag Gesundheitslandesrätin Martha Stocker dann einen Gesetzentwurf für die Reorganisation der medizinischen Versorgung auf dem Territorium vorlegte, standen die Zeichen bei den Hausärzten ein weiteres Mal auf Rot. Sie verlangen mehr finanzielle Ressourcen für die Allgemeinmediziner und eine bessere Unterstützung jener, die in den Städten mit hohen Mieten und Platzmangel zu kämpfen haben. “Wir sind es einfach leid, uns schlecht behandeln zu lassen und nicht angehört zu werden”, begründeten die Hausärzte ihre Protestaktion.

Die Ankündigung stieß im gesamten Gesundheitsressort auf Unverständnis. So auch bei Landesrätin Stocker: “Es sind noch keine endgültigen Entscheidungen, wir sprechen derzeit von einem Gesetzentwurf. Es sind also noch Verhandlungen möglich und nötig. Aus diesem Grund verstehe ich nicht, warum zu solchen Maßnahmen gegriffen wird – wenn wir doch bereits am Verhandlungstisch sitzen.” Die Hausärzte an diesen zurückzuholen hat nun Michael Mayr geschafft. Stockers Ressortleiter führte am Freitag Abend eine zweistündige Aussprache mit den Vertretern der drei Hausärzte-Gewerkschaften, die am Protest teilnehmen wollten. Das Ergebnis: Der Ticket-Streik wird vorerst ausgesetzt – aber nicht endgültig vom Tisch gewischt.

Man hat sich geeinigt, ab Montag die Verhandlungen um die Neuaufsetzung des Arbeitsvertrags der Südtiroler Hausärzte wieder aufzunehmen. “Der Wille ist auch vonseiten der Provinz da”, berichten die Gewerkschaftsvertreter, “endlich gemeinsam einen Vertrag zu schreiben, der der Medizin vor Ort einen wichtigen Platz einräumt und sowohl die Patienten als auch uns Ärzte zufrieden stellt.” Die Zeichen, dass die neu aufgenommenen Gespräche dieses Mal fruchtbringend zu Ende geführt werden, scheinen also gut zu stehen. Doch die Drohung möglicher Proteste hängt nach wie vor wie ein Damoklesschwert über dem Verhandlungstischen: “Wenn uns die Provinz nicht ernst nimmt, dann wird der aufgeschobene Protest das nächste Mal unmittelbar und wahrscheinlich mit einer zusätzlichen Verschärfung losgehen.”