Vom falschen Zeitpunkt
“Position zum Flughafen Bozen den Südtiroler Landtagsabgeordneten vorgestellt”, meldet die Handelskammer am Freitag Vormittag. Am gestrigen 5. November hatte man die Mitglieder des Südtiroler Landtags zu einer “Aussprache zum Thema Flughafen Bozen” eingeladen. “Es ging vor allem darum, den Südtiroler Volksvertreter/innen die volkswirtschaftlichen Aspekte des Flugplatzes, den Nutzen für die Südtiroler/innen insgesamt und die heimische Wirtschaft und die Finanzlage der Handelskammer Bozen vorzustellen”, erklärt man in einer Aussendung. Doch ganz offensichtlich war der Termin Mitten in der Sharm-Woche schlecht gewählt. Denn liest man weiter, erfährt man, dass bei dem Treffen zwar eine Menge Prominenz aus der Handelskammer – Präsident, Generalsekretär, Vizegeneralsekretär – und der Direktor des WIFO anwesend waren. Doch auf den Zuhörerplätzen herrschte gähnende Leere. Von den 35 Landtagsabgeordneten waren gerade einmal fünf erschienen. Und ein Mitarbeiter, wie die Südtiroler Tageszeitung am Freitag zu berichten weiß.
Die Handelskammer schreibt von “mehreren Landtagsabgeordneten der Freiheitlichen, Süd-Tiroler Freiheit und Bürgerunion”, die bei dem Treffen anwesend waren. Von Andreas Pöder – einem der schärfsten Flughafengegner – fehlte allerdings jede Spur. Er hatte nur den erwähnten Mitarbeiter geschickt. Nichtsdestotrotz fand die Präsentation statt. Die Vertreter der Handelskammer listeten die Vorteile, die ein Flughafen ihrer Meinung nach für die Volkswirtschaft habe, auf: Bereits bei 170.000 Passagieren könnten 243 zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen und ein zusätzliches Steueraufkommen, vor allem von der IRPEF und Mehrwertssteuer, von 2,2 Millionen Euro generiert werden. Doch auch darüber hinaus sieht man Potentiale im Flughafen: “Er ist unumstritten ein Wettbewerbsfaktor für die heimische Wirtschaft, aber auch Mobilitätsgarantie für die Bevökerung”, zeigte sich Handelskammer-Präsident Michl Ebner überzeugt.
Zumindest bei den Freiheitlichen dürften die Kalkulationen für Wohlwollen gesorgt haben. Der Abgeordnete Roland Tinkhauser meinte in einer Pressemitteilung, dass auch bei einer vorsichtigen Schätzung von 35.000 Gästen, die über den Flughafen erreicht werden würden, mit einem zusätzlichen Regionalprodukt von etwa 14,5 Millionen Euro allein im Tourismus zu rechnen sei. Woraus sich Steuereinnahmen von 3,5 Millionen Euro ergeben würden – rund eine Million allein an Mehrwertsteuer. Über die IRPEF-Steuer bei rund 240 neuen Arbeitsplätzen würden weitere 1,25 Millionen Euro in den Landeskassen fließen. Soweit Tinkhausers Ausführungen. Er kommt zum Schluss: “Im Gegensatz zu der vielbeschworenen Belastung des Steuerzahlers, zahlt sich gesamtwirtschaftlich gesehen eine Investition sogar bei sehr vorsichtiger Rechnung für den Landeshaushalt aus.” Daher dürften die im Gesetzentwurf zum Flughafen vorgesehenen jährlichen öffentlichen Förderungen von 2,5 Millionen Euro “nicht allein als Ausgaben des Landeshaushaltes beziehungsweise als Belastung für den Steuerzahler gesehen werden”, so Tinkhauser.
Doch sollte das Referendum im kommenden Frühjahr positiv ausgehen – SVP-Obmann Philipp Achammer kündigte vor einigen Tagen an, “offensiv alles Mögliche” unternehmen zu wollen, damit es dazu kommen werde – wären da auch noch die Gelder der Handelskammer. Ein weiterer Punkt, der bei dem gestrigen Treffen angesprochen wurde. Der Kammerausschuss hat ja bekanntlich entschieden, bei einem “Ja” den Betrieb des Flughafens Bozen mit bis zu 50 Prozent mitfinanzieren zu wollen. “Der Flughafen wird mit dem angesparten Geld aus dem Vermögen der Handelskammer finanziert. Damit würde das Geld für ein Südtiroler Anliegen verwendet werden. Aufgrund der derzeitigen Zentralisierungstendenz besteht ansonsten die Gefahr, dass die nicht verwendeten Gelder gesamtstaatlich abgeführt werden müssen”, konnten die anwesenden Landtagsabgeordneten in Erfahrung bringen.
Ganz zufrieden scheint man mit dem spärlichen Erscheinen der Landtagsabgeordneten jedoch nicht gewesen zu sein. Am 26. November sollen die “Schwänzer” erneut die Möglichkeit bekommen, sich von der Handelskammer über ihre Ansichten zum Bozner Flughafen informieren zu lassen.