Gesellschaft | Disziplinarverfahren

"So nicht, Herr Schael"

Nächster Akt im Disziplinarverfahren Reinhold Perkmann: Der lässt sich nach einer schlecht vorbereiteten Anhörung sein Recht auf Meinungsfreiheit weiterhin nicht nehmen.

Sanitätsbetrieb contra Reinhold Perkmann: Pünktlich um halb neun ging am Freitag Morgen das vieldiskutierte Disziplinarverfahren gegen den Primar der Bozner Gefäß- und Thoraxchirurgie in die nächste Phase. Anhörung vor dem monokratischen Disziplinorgan, vertreten durch den Verwaltungsleiter im Krankenhaus Bozen Enrico Wegher: Unter diesem Titel lief die Vorladung, die Perkmann am 21. Dezember erhalten hatte. Mit Unterstützung des Vorsitzenden der Primargewerkschaft Hubert Messner und seines Anwalts Peter Paul Brugger brachte der Arzt und ehemalige SVP-Arbeitnehmerchef seine Position in der Affäre rund um den Maulkorberlass des Sanitätsbetriebes vor.

Die noch unter Generaldirektor Andreas Fabi erlassene Regelung sieht bekanntlich Disziplinarmaßnahmen für eigene Mitarbeiter vor, die öffentlich Kritik am Betrieb oder dem Südtiroler Sanitätswesen äußern. Genau das wird Reinhold Perkmann aufgrund seiner Äußerungen zu den Auswirkungen der neuen EU-Arbeitszeitregelung in zwei Interviews mit der Tageszeitung Dolomiten sowie der Tagesschau von RAI Südtirol vorgeworfen. Die Strafen, die innerhalb des Sanitätsbetriebs generell im Fall von Disziplinarverfahren vorgesehen sind, reichen von einer schriftlichen Verwarnung über eine zeitlich begrenzte Kürzung des Gehalts um 25 Prozrnt bis zur Amtsenthebung und Entlassung. Die beiden letzteren Maßnahmen sind in solch einem Fall auszuschließen. Ob „Richter“ Wegher im Verfahren gegen Perkmann aber beispielsweise auf die medial stark diskutierte Gehaltskürzung zurückgreift, will er erst bis 2. Februar entscheiden. Auch weil der Verwaltungskoordinator,  wie sich heute herausstellte, die Hälfte des Beweismaterials noch nicht einmal gesichtet hat. Wie Perkmann nach der Anhörung erzählt, hätte Enrico Wegher es noch nicht geschafft, sich den Bericht der Tagesschau zu besorgen.

Vereinte Ärzteschaft

Eine weitere Pointe in einer Causa, dank der es, wie Perkmann meint, „erstmals gelungen ist, alle Südtiroler Ärzte von Schlanders bis Innichen und von Sterzing bis Bozen in einer gemeinsamen Position zu vereinen“. Die Botschaft, die nicht nur von Primargewerkschafter Hubert Messner an die Generaldirektion in der Bozner Sparkassenstraße geht: „So lassen wir nicht mit uns umgehen! Wir wollen eine andere Art der Kommunikation und des Umgangs miteinander.“ Denn über einem Maulkorberlass des Sanitätsbetriebs steht laut Reinhold Perkmann der Artikel 21 der Verfassung, der jedem Bürger das Recht auf Meinungsfreiheit einräumt. „Als Primare und Ärzte sind wir aber nicht nur moderne und mündige Bürger“, sagt Perkmann, „wir tragen auch Verantwortung, haften rechtlich bei Problemen und müssen gegenüber den Patienten unser Gesicht herzeigen“. Gerade deshalb müsse es laut dem Bozner Primar auch erlaubt sein, zu bestimmten Themen öffentlich Stellung zu  beziehen – wie, beispielsweise, über die Konsequenzen der neuen Arbeitszeitenregelung in der eigenen Abteilung zu informieren. 

Dass darüber laut Maulkorberlass nicht einmal die zuständige Landesrätin in einem Brief informiert werden darf, der in Perkmanns Fall auch an alle Zuständigen im Sanitätsbetrieb ging, ist laut Perkmann „wirklich die Höhe“. So wie nun auch der Primar der Inneren Medizin in Bozen Christian Wiedermann wurde auch er von der Generaldirektion verwarnt, wonach den Mitarbeitern eine direkte Kommunikation mit der Gesundheitslandesrätin streng untersagt sei. „Bis mir jemand das Gegenteil beweist, ist das Land Südtirol und damit die zuständige Landesrätin Stocker mein Arbeitgeber, und nicht ein Herr Schael oder ein Herr Tait“, so der Bozner Primar. Doch ist es wirklich angebracht mit dem neuen Generaldirektor ins Gericht zu gehen, wenn die Regeln eigentlich Schaels Vorgänger Andreas Fabi eingeführt hat? „Bis zu Schael wurde dieser Erlass eben in Fabischer Manier gehandhabt“, lautet Perkmanns Antwort. „Nun dagegen wird er tatsächlich umgesetzt.“

Doch es sieht alles danach aus, als stoße der „General“ der Südtiroler Sanität damit bei seinen ärztlichen Mitarbeitern auf Granit. Der Fall Perkmann wird Thomas Schael deshalb unabhängig von seinem Ausgang weiter beschäftigen. 

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Willy Pöder Sa., 09.01.2016 - 08:42

In Einem muss man dem Generaldirektor schon Recht geben: Ein Unternehmen kann nicht gleich viele Pressesprecher wie Angestellte haben. Der Auftritt nach Außen ist ein wesentlicher und wichtiger Teil eines Unternehmens - und der kann nicht von ungefähr, jeweils nach Lust und Laune einzelner Komponenten in die Welt gesetzt werden. Mit Maulkorbpolitik hat das wenig zu tun. Und Frau Stocker täte diesbezüglich gut daran, sich herauszuhalten. Politische Einmischung in Detailfragen der Betriebsorganisation ist nicht ihre Sache. Wenn Frau Stocker die Reformbestrebungen des Herrn Dr. Schäl nicht in den Kram passen, dann bleibt ihr keine andere Wahl, als dessen Vertreibung zu betreiben. Will sie das wirklich? Ob sie es möchte oder nicht, sei dahingestellt. Kurz und einfach: Sie könnte es sich nach all den versprühten Vorschusslorbeeren nie und nimmer leisten, ohne dabei nicht selbst das Gesicht zu verlieren.

Sa., 09.01.2016 - 08:42 Permalink
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alfred frei Sa., 09.01.2016 - 11:50

Die Rücknahme der Maulkorbmaßnahme und die Begründung des Generaldirektors (heute früh im Sender Bozen) haben einmal mehr gezeigt gezeigt, daß die mit “preußischen” Stil angestrebten Reformbestrebungen des Dr Schal, ohne ein politische Absicherung und eine Miteinbeziehung der Hauptakteure, so nicht durchführbar sind.

Sa., 09.01.2016 - 11:50 Permalink