Rettung durch den großen Bruder?
Schluss mit Endlosdiskussionen und -subventionen, entweder der Flughafen funktioniert oder wir müssen ihn schließen: Mit dieser Haltung hat Landeshauptmann Arno Kompatscher von Beginn an neuen Wind in der Flughafenfrage versprochen. Seit vergangenem Wochenende ist auch klarer, woher die Brise wehen soll, die Bozens umstrittener Verkehrsinfrastruktur neue Flügel verleihen soll. Eine enge Anbindung an den Flughafen in Innsbruck, mit gemeinsamen Charterangeboten, der möglichen Abtretung einiger Linienflüge in Richtung Norden von Innsbruck an Bozen und einem mittelfristig angedachten gemeinsamen Dach: Das ist laut einem Bericht der Südtiroler Tageszeitung der wesentliche Inhalt der „fliegenden Euregio“, an der die beiden Landeshauptleute von Tirol und Südtirol derzeit im Geheimen basteln.
Ein Projekt, dank dem der Landeshauptmann nach dem jüngsten Stopp für eine Pistenverlängerung durch das Verwaltungsgericht wesentlich stärkere Argumente für eine Aufrechterhaltung des Flughafens hätte als bisher, argumentiert die Zeitung. Denn mit steigenden Passagierzahlen und einer Gewinnsteigerung von zuletzt 4 auf 7 Millionen Euro würde der potentielle Partner im Norden beweisen, dass Regionalflughäfen sehr wohl funktionieren können. Bozen könnte durch die Anlehung an die success story jenseits des Brenners nicht nur selbst gewinnen, sondern dem großen Partner bei der Bewältigung seiner Kapazitätsengpässe unter die Arme greifen. Diese würden vor allem an den Wochenenden dazu führen, dass Innsbruck zu potentiellen Interesssenten immer öfters Nein sagen muss.
"Innsbruck und Verona haben sehr wohl zusätzliche Kapazitäten"
Behauptungen, die man beim Dachverband für Natur und Umweltschutz in Frage stellt. „Auch wenn von bestimmten Kreisen immer das Gegenteil behauptet wird: Sowohl Verona wie Innsbruck verfügen sehr wohl noch über zusätzliche Kapazitäten“, sagt Vorsitzender Klauspeter Dissinger. So habe es in Innsbruck 2013 zwar wieder einen kleinen Zuwachs auf 975.993 Fluggäste gegeben. Davor seien die Zahlen seit dem Rekord von 1,025 Millionen im Jahr 2010 jedoch rückläufig gewesen. „In Verona fielen sie sogar von 3.385.794 Fluggästen im Jahr 2011 auf 2.719.815 im Jahr 2013“, so Dissinger.
Eine Erklärung, die der Vorsitzende des Dachverbandes dafür hat: Vor allem auf Distanzen von 700 bis 800 Kilometern würde dem Flugzeug zunehmend Konkurrenz durch verbesserte und schnellere Zugverbindungen gemacht. In Folge würden Billiganbieter wie Ryan Air dazu übergehen, Kurzstreckenflüge einzustellen, wie zuletzt die Strecke Mailand-Rom. Insbesondere in Deutschland habe aber auch ein Sterben von Regionalflughäfen begonnen, die aufgrund ihrer Defizite nicht mehr tragbar seien, sagt Dissinger.
Wie viele Touristen würden den Flughafen tatsächlich nutzen?
Sein Rat an Arno Kompatscher: Statt für geheime Verhandlungen soll er die kommenden Monate besser dazu nutzen, ein zukunftsfähiges Verkehrskonzept auszuarbeiten. Auch weil selbst ein ausgebauter Flughafen gerade einmal von grob gerechnet einem Prozent der insgesamt 6 Millionen Touristen pro Jahr genutzt werden würde. Ein Bruchteil, der jährliche Fixkosten von 5 Millionen sowie die für den Ausbau veranschlagten 24 Millionen Euro laut Dissinger niemals rechtfertigen kann. Zukunftsfähigere Alternativen will der Dachverband dem Landeshauptmann bei einem Treffen am 25. Oktober vorlegen. Wenn bis dahin das Euregio-Projekt nicht ohnehin schon flügge geworden ist.