Politik | St. Ulrich

Neuwahl im November

Weil nur 40,2 Prozent der Wahlberechtigten in St. Ulrich zur Wahl gingen, wird es innerhalb eines halben Jahres Neuwahlen geben. Die SVP-Mobilmachung ist gescheitert.

Bereits um 17 Uhr war eigentlich alles klar. In St. Ulrich werden die Gemeinderatswahlen für ungültig erklärt werden. Innerhalb eines halben Jahres wird es im Grödner Hauptort zu Neuwahlen kommen. Der Grund dafür: Die Wahlbeteiligung in St. Ulrich hat mit 40,2 Prozent nicht das nötige Quorum erreicht.
Verständlich wird das an der besonderen Situation der Gemeinde.

Nur eine Liste

In der Gemeinde St. Ulrich ist bei diesen Gemeindewahlen mit der SVP nur eine Liste angetreten. Sowohl die oppositionelle Lista Urtijei, wie auch die Freiheitlichen haben diesmal darauf verzichtet Kandidaten ins Rennen zu schicken.
Dazu kommt, dass es auch die Volkspartei nicht geschafft hat, genügend Kandidaten zu finden. Der Gemeinderat von St. Ulrich hat 18 Sitze. Auf der SVP-Listen standen aber nur 17 Namen.
Die Folge: Die Wahl ist eigentlich keine Wahl mehr. Denn jeder der 17 Kandidaten und Kandidatinnen ist bereits gewählt.

Das einzige Problem aber ist eine Gesetzesbestimmung, die in diesem Sonderfall Anwendung findet.

Das 50-Prozent-Quorum

Damit es bei Wahlgängen mit nur einer Liste wenigstens noch eine Wahl und ein Minimum an demokratischer Legitimation gibt, hat der Gesetzgeber ein klares Quorum eingeführt. Im Staatsgesetz heißt es dazu:

„Ove sia stata ammessa e votata una sola lista, sono eletti tutti i candidati compresi nella lista ed il candidato a sindaco collegato, purche' essa abbia riportato un numero di voti validi non inferiore al 50 per cento dei votanti ed il numero dei votanti non sia stato inferiore al 50 per cento degli elettori iscritti nelle liste elettorali del comune. Qualora non si siano raggiunte tali percentuali, la elezione e' nulla.“

Demnach müssen in St. Ulrich 50 Prozent der Wahlberechtigten zu Wahl gehen. Von diesen Wählern müssen wiederum mindestens 50 Prozent die SVP-Liste wählen, ansonsten ist die Wahl ungültig.

Gescheiterte Mobilmachung

Die SVP wusste von Anfang an, dass genau kein Kinderspiel werden wird. Deshalb versuchte man bis zum letzten Moment alles, um die Bürgerinnen und Bürger zu den Urnen zu bekommen.
Doch die Mobilmachung unterm Edelweiß ist in St. Ulrich ordentlich in die Hose gegangen. Das zeigte sich schon Stunden vor der Schließung der Wahllokale.
Dabei war die Wahlbeteiligung im Grödner Hauptort anfänglich noch recht passabel. Gegen 11 Uhr Vormittags hatten 537 Wählerinnen und Wähler ihre Stimme abgeben. Das sind 14,4 Prozent. Damit lag man im Vergleich zu den Gemeinderatswahlen 2010 mit 21,7 Prozent zwar deutlich unter dem Vergleichswert, doch die Einbrüche waren noch nicht dramatisch.
Anders um 17 Uhr. Bis dahin hatten in St. Ulrich nur 27 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgeben. 1005 Wählerinnen und Wähler. Im Vergleich zur selben Uhrzeit bei den vergangenen Gemeinderatswahlen ein mehr als ernüchterndes Ergebnis. Damals lag die Wahlbeteiligung bei 52,1 Prozent.
2010 schaffte man am Ende ein Wahlbeteiligung von 76,5 Prozent. Fünf Jahre später sind es 36,3 Prozent weniger. Denn die Wahlbeteiligung liegt an diesem 10. Mai 2015 in St. Ulrich nur bei 40,2 Prozent Prozent. Von den rund 3.750 Wahlberechtigten wählten am Ende nur 1.497.
Damit hat die SVP mehr als deutlich die 50 Prozent Marke verfehlt.

Der Kommissar

Die Folge die Gemeinderatswahlen sind ungültig. Bereits an diesem Dienstag oder spätestens am kommenden Dienstag wird die Landesregierung einen Kommissar ernennen, der die Amtsgeschäfte in St. Ulrich übernimmt.
Aufgabe dieses Kommissars ist es auch die Neuwahlen auszuschreiben. Sie müssen laut Gesetz innerhalb eines halben Jahres stattfinden.

Damit dürfte es im November eine Wiederholung der Gemeinderatswahlen in St. Ulrich geben. Man darf jetzt schon gespannt sein, wie viele Listen dann antreten werden.

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Profil für Benutzer ein Ulricher
ein Ulricher Mo., 11.05.2015 - 08:52

Am 07.05.2015 reagierte der Ex-SVP-Gemeindepolitiker Piccolruaz noch sehr voreingenommen auf Kritik:

"Wie auch immer: wie Sie richtigerweise schreiben wird sich am Sonntag zeigen ob sich diejenigen durchsetzten die hinter einem Pseudonym schüren oder sich getrauen für eine Sache ihr Gesicht herzugeben.
Thomas Piccolruaz"

Nun haben wir das Ergebnis. Die SVP in St. Ulrich hat wohl die größte Schlappe der Geschichte eingefahren und so viele Bürger wie noch nie haben zum Ausdruck gebracht, dass wir diese Leute nicht mehr haben wollen. Wenn BM Ewald Moroder und einige Konsorten etwas Charakter haben, sollten sie sich von der Politik verabschieden, um der SVP nicht noch größeren Schaden zuzufügen.

Und wenn BM Moroder in einem TV-Interwiev sagt, er sei über den Ausgang erleichtert, da er jetzt 1000 Probleme weniger hat, fragt man sich schon, wieso er denn überhaupt kandidiert hat.

Im Sender Bozen wurde der Wahlausgang so kommentiert: "Wenn es keine Wahl gibt, ist es ein Zeichen der Reife der Bürger, nicht zur Wahl zu gehen." So ist es!

Mo., 11.05.2015 - 08:52 Permalink