Politik | Regionalrat

Alle einsteigen, (bitte)!

Sepp Noggler hat einen Fahrplan für die Reform des Wahlgesetzes für Bozen. Vorerst nur im Kopf. Damit er eingehalten werden kann, braucht es noch einige Kompromisse.

Sepp Noggler bleibt nicht mehr viel Zeit. Mit seinem Reformvorschlag zum Wahlgesetz für Bozen versucht der SVP-Regionalassessor, alle im Landtag vertretenen Parteien zufrieden zu stellen. Ein Ding der Unmöglichkeit, aber notwendig, damit die Reform noch rechtzeitig vor den Neuwahlen im kommenden Frühjahr im Regionalrat verabschiedet werden kann. “Bei den Zugangshürden von 3,5 Prozent für die einzelnen Parteien und Listen sowie jene von 7 Prozent für Koalitionen sind wir uns soweit einig”, verkündet Noggler – vielleicht werden es im ersten Fall auch nur 3 Prozent. Bereits am Montag waren die Südtiroler Fraktionssprecher des Regionalrats zusammengetreten, um ihre Wünsche und Vorschläge für das neue Bozner Wahlrecht zu diskutieren. Auch die Erreichung eines Vollmandats als Voraussetzung für einen Gemeinderatssitz scheint durch die Bank Zustimmung gefunden zu haben. So zumindest der Eindruck, glaubt man den Worten Nogglers.

“Noggler war offenbar bei einem anderen Treffen als wir”, entgegnet indes Andreas Pöder. Der Fraktionssprecher des Team Autonomie-Bürgerunion berichtet, dass man sich zumindest am Montag in keinster Weise einig gewesen sei, “außer, dass in Bozen Gemeinderatswahlen stattfinden werden.” Doch nicht nur zwischen den einzelnen Parteien, sondern auch innerhalb der SVP herrscht nach wie vor Uneinigkeit. Etwa, was die Verkleinerung des Bozner Gemeinderats von 45 auf 35 Räte anbelangt – einer jener zwei Punkte, die für Noggler noch zu klären sind. SVP-Fraktionssprecher Dieter Steger spricht sich ausdrücklich dafür aus: “35 sind absolut ausreichend”, meint er. Derselben Meinung sind sowohl die Freiheitlichen als auch die Bürgerunion. Der Regierungspartner der Volkspartei, der PD, ist allerdings dagegen, ebenso wie Alessandro Urzì von Alto Adige nel Cuore und die Grünen. Die daran erinnern, dass bereits die Reduzierung von 50 Räte plus 6 Assessoren auf 45 Gemeinderäte Wirkung gezeigt habe. Eine weitere Verkleinerung kommt für sie nicht in Frage. “Die Reduzierung der Anzahl der Gemeinderäte ändert nichts an den Problemen von Bozen”, meint auch Paul Köllensperger von der 5-Sterne-Bewegung.

Der zweite Knackpunkt ist die Stichwahl. Es gibt jene, die sie beibehalten wollen (etwa der PD und Teile der SVP), jene, die sie abschaffen wollen (darunter Freiheitliche, Bürgerunion) und schließlich jene, die gleich ein reines Verhältniswahlsystem ohne Direktwahl des Bürgermeisters fordern. Zu letzteren zählt neben Dieter Steger auch Köllensperger: “Das wäre die intelligenteste Lösung, weil die Bozner Politik letzthin viel zu stark personalisiert und auf einzelne Figuren konzentriert war”, sagt der 5-Sterne-Abgeordnete. Sollte die Direktwahl allerdings beibehalten werden, spricht sich Köllensperger für die Stichwahl aus: “Dadurch gibt es eine größere demokratische Legitimation für den gewählten Kandidaten”, meint er.

Sepp Noggler hat es nicht leicht, wie man sieht. “Die Stichwahl wird wahrscheinlich beibehalten werden, weil sich die Mehrheit dafür ausgesprochen hat”, teilt er auf Nachfrage von salto.bz mit. Er könne sich auch einen Kompromiss vorstellen: “Zum Beispiel auf die Stichwahl verzichten und dafür aber eine Reduzierung der Anzahl der Gemeinderäte einführen.” Schlussendlich geht es ihm darum, Obstruktionen von Südtiroler Seite im Regionalrat zu verhindern und das Wahlrecht für Bozen, wie seit Langem gefordert, rechtzeitig zu reformieren. Dieses könne durch einen konsensfähigen Vorschlag durchaus gelingen, zeigt sich Noggler zuversichtlich. Weniger Optimismus bei Paul Köllensperger: “Am Schluss könnte es passieren, dass wir im Frühjahr mit dem alten Wahlrecht zu den Urnen schreiten”, meint er. Auch die deutschsprachigen Oppositionsparteien zweifeln zunehmend an der Sinnhaftigkeit einer neuen Wahlordnung für Bozen. “Es handelt sich um ein reines Ad-Hoc-Gesetz”, kritisiert der Freiheitliche Parteiobmann Walter Blaas. Andreas Pöder von der Bürgerunion ergänzt: “Nicht das Wahlrecht, sondern die handelnden Parteien und Personen waren in den letzten Monaten und Jahren das Problem Bozens.” Gehupft wie gesprungen also? Man scheint sich im Kreis zu drehen, anstatt sich in der Debatte vorwärts zu bewegen.

“Es wird noch einige Sitzungen brauchen, um eine endgültige Entscheidung zu treffen und den Entwurf endlich zu Papier zu bringen”, gesteht Noggler. Ein wahrscheinlich letztes Mal werden sich die Südtiroler Fraktionssprecher am Rande der Regionalratssitzung kommenden Donnerstag, 19. November, treffen, “um die Sache zum Abschluss zu bringen”, sagt Noggler. Dann muss er Gesetzentwurf abgeben. Im Dezember soll er in die Gesetzgebungskommission und im Rat der Gemeinden behandelt und im Jänner schließlich im Regionalratsplenum diskutiert werden. “So weit mein Fahrplan”, meint Noggler. Bleibt abzuwarten, ob er es wirklich schaffen wird, alle Südtiroler Landtagsfraktionen und sämtliche Abgeordnete pünktlich abzuholen.