Gesellschaft | Streik

Die Schmerzgrenze der Hausärzte

Es ist eine lange Liste von Gründen, aus denen die Hausärzte streiken wollen. Vorerst nur am 16. Dezember, jener vom 18. wurde abgesagt – aus formellen Gründen.

Wird er nicht in letzter Minute abgesagt, werden in weniger als 48 Stunden die Südtiroler Hausärzte in Streik treten. Gemeinsam mit ihren Kollegen in ganz Italien nehmen sie am Mittwoch, 16. Dezember, am staatsweiten 24-stündigen Hausärzte-Streik teil. Im Großen und Ganzen geht es um die Sparmaßnahmen im Gesundheitsbereich, die die Allgemeinmediziner nicht hinnehmen wollen. Für die rund 270 Hausärzte, die in Südtirol tätig sind, kommen noch einige Gründe dazu, wie ein Hausarzt auf Nachfrage von salto.bz erklärt:

Wir streiken gegen:

- den Abbau der öffentlichen Gesundheitsversorgung – zugunsten der privaten Gesundheitsversorgung
- den Austausch ärztlicher Kunst, z.B. mit Krankenpflegern
- die erdrückende Bürokratie: Ärzte sind nicht die EDV Angestellten von Steueramt und Sanitätsbetrieb
- die Reduzierung der Heilkunst auf Schematas und immer einengendere Vorschriften für Verschreibungen
- die Zerstörung des Vertrauensverhältnisses zum Hausarzt: den Austausch der Patient-Arzt Beziehung mit einer Patient-System-Beziehung (mit „fremden“ Ärzten, die der Bürger nicht wählen kann)
- die ausstehende Reform der Grundversorgung – nach rein privatwirtschaftlich orientierten Sparkriterien ohne Rücksicht auf die Bedürfnisse des Bürgers
- die fachliche und finanzielle Abwertung des Hausarztes – durch den Abbau bewährter hausärztlicher Dienste noch lange vor dem Aufbau der neuen

Wir streiken für :

- die Rettung einer öffentlichen Gesundheitsversorgung für alle
- das Recht eines jeden Bürgers auf den Schutz seiner Gesundheit
- eine gleiche, gerechte und sichere Gesundheitsversorgung für alle
- eine effiziente Reform der Grundversorgung - die Anerkennung der Hausarzttätigkeit

Geht es nach den vier Südtiroler Hausärzte-Gewerkschaften, sollen sich all ihre Mitglieder am nationalen Streik beteiligen. “Ich hoffe, dass es keine Streikbrecher gibt, denn die Schmerzgrenze wurde eindeutig überschritten”, verrät ein anderer Hausarzt. Bis zu 24 Stunden vor Beginn des Streiks am Mittwoch könnte dieser noch abgesagt werden. Endgültig abgesagt wurde indes der landesweite Hausärzte-Streik am Freitag, 18. Dezember. “Aus formellen Gründen”, wie die Gewerkschaften jedoch betonen. Sie haben weiterhin die Absicht, auch auf Landesebene ein Zeichen zu setzen. Allerdings wurde ein zweiter Streik, so kurz nach jenem vom 16. Dezember, vom Garanten, der für die Genehmigung der Streiks zuständig ist, nicht genehmigt. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben, so das Motto der Gewerkschaften. Sie kündigen an, voraussichtlich nach dem 7. Jänner kommenden Jahres erneut ihre Arbeit niederlegen zu wollen. Zum Unverständnis von Gesundheitslandesrätin Martha Stocker. Sie sieht weiterhin einen “zügigen Dialog” als einzige Möglichkeit, die Beziehung zwischen dem Land und den Allgemeinmedizinern zu kitten.