Avanzos Versprechen
10,7 Millionen Euro – so hoch soll der Schaden sein, der dem Steuerzahler durch die Entscheidung des Regionalratspräsidiums im April 2013 entstanden ist, für die Rentenvorschüsse die Berechnungskriterien von Gottfried Tappeiner heranzuziehen. Aufgrund dieses Verdachts hat nun auch der regionale Rechnungshof Ermittlungen gegen Ex-Regionalratspräsidentin Rosa Thaler und die damaligen Mitglieder des Präsidiums aufgenommen. Wie ein Wortprotokoll über die Sitzung belegt, stimmten damals Florian Mussner, Hanspeter Munter, Marco de Paoli und Mattia Civico dem großzügigen Diskontsatz von 0,81 Prozent und einer Erhöhung des erwarteten Lebensalters um vier Jahre zu. Einzig Donato Seppi, der ebenfalls bei der Sitzung anwesend war, meldete Zweifel an den Parametern an und enthielt sich der Stimme. Er wurde deshalb auch aus den Ermittlungen ausgenommen.
Der vermutete Schaden von mehr als zehn Millionen Euro ergibt sich als Differenz zwischen einer Berechnung der Vorschusszahlungen auf Basis der Tappeiner-Kriterien und jenen, die der Triestiner Sachverständige Stefano Visintin in einer Expertise empfohlen hatte. Diese lag dem Präsidium zum Zeitpunkt der Entscheidung bereits vor; Visintin hatte einen Diskontsatz zwischen 2,5 und 4 Prozent nahe gelegt.
Verschwundene 13 Millionen Euro?
Doch am Wochenende ließen nicht nur die neuen Ermittlungen, sondern auch Regionalratspräsidentin Chiara Avanzo aufhorchen. Sie kündigte an, in den kommenden Tagen alle Informationen – also auch die Namen – zu getätigten wie ausständigen Rückzahlungen öffentlich zu machen. Mitte vergangener Woche hatte Avanzo bekannt gegeben, dass 88 der betroffenen 127 Abgeordneten fristgerecht der Aufforderung zur Rückzahlung ihrer Vorschüsse nachgekommen seien und 9,7 Millionen Euro an die Region überwiesen hätten. Namen gab sie aber bislang unter Verweis auf die Privacy nicht bekannt. Für Rätsel sorgte auch die Gesamtsumme von 17 Millionen Euro, von der die neue Regionalratspräsidentin im Zusammenhang mit den Rentenrückzahlungen sprach. Noch im Juli 2014 hatte der verstorbene Regionalratspräsident Diego Moltrer versprochen, insgesamt 30 Millionen Euro zurückzuholen. Wo sind die „verschwundenen“ Rentenmillionen, hatte die Neue Südtiroler Tageszeitung deshalb gefragt – ohne klärende Antworten aus dem Präsidium zu erhalten.
Nachdem am Freitag auch Filippo Degasperi vom Movimento 5 stelle in einer Anfrage Informationen zu Namen, ausständigen Summen und Rekursen gegen die Rentenrückzahlungen gefordert hatte, scheint Chiara Avanzo sich zum Handeln entschlossen zu haben. „Si continua sulla strada della trasparenza“, kündigte sie am Wochenende an. Bereits in den kommenden Tagen sollen alle Informationen zur Eintreibung der Rentenvorschüsse veröffentlicht werden; sie wolle nur noch die Antwort eines Rechtsbeistands abwarten. Gleichzeitig hat die Region laut ihrer Präsidentin eine Anwaltskanzlei eingeschaltet, die sie bei der Eintreibung der ausstehenden Rückzahlungen beraten soll. „Damit wollen wir sicherstellen, dass wir auf dem Weg der Rechtsstaatlichkeit bleiben und die Operationen im Interesse der Bürger durchgeführt werden”, so Avanzo. Bleibt abzuwarten, was Franz Pahl darauf antwortet.