Welche Zukunft per quale MeranO?
Die Spannung ist zu spüren, am Mittwoch Abend. Sowohl drinnen als auch draußen. Zahlreiche Meranerinnen und Meraner haben sich im Ost West Club eingefunden, um der Debatte zwischen den beiden Bürgermeisterkandidaten Gerhard Gruber (SVP) und Paul Rösch (Liste Rösch/Grüne) zu lauschen: “Welche Zukunft per quale MeranO?”. Wie schlagen sich die beiden Kandidaten? Das Duell politischer Newcomer gegen “atypischen Parteisoldaten”, wie sich Gruber selbst bezeichnet, ist eröffnet.
Nach einer kurzen Vorstellungsrunde startet Moderator Markus Lobis die Diskussion, die zweisprachig stattfindet. Er spricht die einzigartige Situation in Meran an: Der Anteil der beiden Sprachgruppen – deutsch und italienisch – ist mit 50-50 ausgewogen. Wie muss die Gemeindepolitik in einer solchen Stadt ausschauen? “Es muss kein Entweder-oder sein. Sondern vielmehr ein Sowohl-als-auch”, ist Gerhard Gruber der Meinung. Er lebe in seiner Familie – mit einer italienischsprachigen Frau und mehrsprachigen Kindern – tagtäglich beide Realitäten. Ein Wink mit dem Zaunpfahl in Richtung Volkspartei – ist die Zeit reif für eine Öffnung?
Il sindaco è un moderatore, non deve fare il gran fighetto. (Rösch)
Gruber bremst: “Wir können die Realität nicht leugnen, es gibt mehrsprachige Familien. Und doch erwarte ich mir auch in Zukunft, dass meine Kinder Deutsch sprechen können. Den Schutz, den wir heute genießen, haben wir der SVP zu verdanken. Und sie soll auch weiterhin eine Minderheitenpartei bleiben, und keine Territorialpartei werden.” Weit weniger eng sieht es Paul Rösch. Er zieht einen gewagten Vergleich: “Wir müssen mit dem verdammten südafrikanischen Trennen aufhören.”
Die Sicherheitsfrage darf nicht schön geredet werden. Von Pöbeleien bis hin zu Einbrüchen, die Sorgen müssen ernst genommen werden. (Gruber)
Für ein “Kastldenken” sei in Meran und im ganzen Land einfach kein Platz mehr. “Meran als Tourismusstadt kann mit dem Fremden umgehen. Wir müssen uns öffnen, denn die Stadt wäre ohne einen Input von außen nicht vorstellbar.”
Den Bürgern das Wort
Dass auch die Bürgerinnen und Bürger ihren Beitrag zur Stadtpolitik leisten wollen und sollen, darin sind sich beide Kandidaten einig. Rösch hat sich auf die Straße begeben und sich die Anliegen der Bevölkerung angehört. “Die Menschen sind mit der Art, wie in Meran Politik gemacht wird, nicht zufrieden. Entscheidungen werden von Seilschaften in kleinen Kämmerchen getroffen.” Seine Alternative? “Die Ideen, die die Gemeinde hat, müssen hinaus getragen, den Menschen gezeigt werden. Anschließend müssen Diskussionen stattfinden, in die auch Vorschläge von außen einfließen. Und dann kann entschieden werden.”
Meran muss eine liebens- und lebenswerte Stadt werden. Wir müssen uns öffnen. (Rösch)
Die SVP habe schon mit den Vorwahlen für die Bürgermeisterkandidatur gezeigt, dass sie Partizipation lebe, so der Konter von Gruber. Auch er sei täglich in der Stadt unterwegs und spreche mit den Menschen. “Ich kann mir gut vorstellen, dass es in Zukunft auch Referenden geben wird. Aber das hängt dann von der Thematik ab. Wenn es wichtige Angelegenheiten sind, sollen die Menschen auch darüber abstimmen können.” Wer dann entscheiden soll, was wichtig beziehungsweise weniger wichtig ist, diese Antwort bleibt Gruber schuldig.
Zahlreich auch das Publikum, das vor dem Ost West Club die Diskussion am Bildschirm mitverfolgte.
Verkehr und mehr
Eines der Themen, das den Zuhörerinnen und Zuhörern unter den Nägeln brennt, ist die Fertigstellung der Radwege. “Nach 25 Jahren muss endlich etwas gemacht werden”, kommt die Forderung aus dem Publikum. Beide Kandidaten sind sich einig, dass ein klares Radwegkonzept her muss. Und auch eine Gesamtlösung für eine Verkehrsberuhigung, insbesondere der Innenstadt.
Ich wünsche mir eine Fakultät der Universität Bozen in Meran. Eine solche wäre wichtig für die Subkultur in der Stadt. (Gruber)
Während Rösch sich bereits in fünf Jahren eine komplett verkehrsberuhigte Stadt vorstellen kann – mit einer Tram, Umlaufbahnen und Shuttlediensten aus den umliegenden Gemeinden –, bremst Gruber seine Visionen ein: “Bleiben wir doch bitte mit den Füßen am Boden.” So einfach wie sich sein Gegenspieler das vorstelle, sei es nicht. Vor allem der Bau der Kavernengarage sei ein unabkömmliches Projekt, um die Stadt zu beleben.
Offenes Ohr – offene Stadt?
Einige Zuhörerinnen und Zuhörer bemängeln die fehlende Kommunikation zwischen Stadtverwaltung und Bevölkerung. “Die Information der Bürger, etwa über anstehende Bauarbeiten, ist wichtig”, gesteht Gruber ein. Er habe dahingehend bereits viele Inputs bekommen. “Vor allem das digitale Zeitalter macht es leicht, mit den Menschen in Kontakt zu treten. Eine zusätzliche Anlaufstelle für die Bürger ist sicherlich auch zielführend.”
Die Gemeinde muss geführt werden wie eine Firma. Wir dürfen nicht immer nur schimpfen, sondern aufbauen und motivieren. (Rösch)
“Hier geht es um Respekt. Die Bürger sind die vergangenen zehn Jahre von der Stadtverwaltung nicht respektiert worden”, so der Vorwurf von Rösch. Er will es anders machen: “Die Menschen müssen ernst genommen werden, wir dürfen sie nicht vergessen. Und was von unten wächst, das muss man wachsen lassen.”
Io quotidianamente vivo entrambi le realtà, quella tedesca e quella italiana. (Gruber)
Eine Anspielung auch auf die mehr als unsichere Zukunft des Ost West Clubs in der Passeiergasse. Seit Jahren würde eine Minderheit, nämlich die Anwohner im Steinachviertel, über das Schicksal des Clubs bestimmen, wirft Thomas Kobler vom Ost West Club ein. Zu laut, zu störend, zu unangenehm. Sowohl Gruber als auch Rösch versprechen, sich des Clubs anzunehmen, bei der Suche nach einer neuen Bleibe alle mögliche Unterstützung aufzubringen. “Sfogarsi fa bene alla gente e come comune dobbiamo dare una mano a chi vuole fare cultura. Perché è una cosa positiva per la convivenza. Iniziative come il Club Est Ovest non devono essere frenate”, so die Meinung von Paul Rösch. Gerhard Gruber schlägt in dieselbe Kerbe: “Ci deve essere spazio per i giovani nella città, e devono rimanere nel centro.” Konkrete Vorschläge für einen neuen Sitz haben sie aber beide nicht. Doch auch die Zuhörer drängen auf eine Lösung: “Die Stadt darf nicht nach den Lauben aufhören, weil es die Geschäftsleute so wollen. Unsere Altstadt darf kein Friedhof werden.”
Welche sind für die Kandidaten die drei wichtigsten Punkte in ihren Programmen?
Wie sind die beiden Kandidaten bei den Leuten angekommen? Durchwegs positiv sind die Rückmeldungen nach der Veranstaltung – eine ausgewogene, sachliche Debatte, die keinen der beiden klar im Vorteil gesehen hat. Röschs politische Unerfahrenheit habe sich keineswegs zu seinem Nachteil ausgewirkt, so Stimmen nach der Diskussion. Gruber habe sich als solider SVP-Kandidat bewiesen, der auch über die fünfjährige Regierungsperiode hinaus Visionen für seine Stadt entwickelt habe. Alles noch offen also, im Rennen der beiden Spitzenkandidaten um den Meraner Bürgermeistersessel.
Gut gemacht, Markus! Und
Gut gemacht, Markus! Und Meran verdient sich zwei Bürgermeisterkandidaten, die ihre Stadt lieben und ihr eine bessere Zukunft bescheren wollen, als es bisher der Fall war. Das ist gelebte Demokratie und bietet sicher die Möglichkeit, für eine entschlossene und politisch abgesicherte Stadtverwaltung. E vinca il migliore!
Durch Kavernengarage die
Durch Kavernengarage die Stadt beleben?
Vielleicht kann Herr Gruber erklären, wie eine Kavernengarage die Stadt beleben kann / soll bzw. was für eine Art von Belebung ihm vorschwebt. Es kann ja nicht der Mangel an PKW-Parkplätzen im Zentrum sein, wenn die Stadt zu wenig belebt ist. Denn heute schon gibt es in unmittelbarer Nähe der Altstadt vier große Parkplätze und Tiefgaragen, die bis auf wenige Tage im Jahr nicht ausgelastet sind. Warum also die Fixierung auf die Kavernengarage?
Vielen Dank für diesen
Vielen Dank für diesen hervorragenden Artikel, liebes Salto-Team! Ich habe den Abend auch als sehr anregend und ausgewogen empfunden und finde es gut, dass der Ostwest-Club einen Beitrag zu einem guten Gesprächsklima in Meran leistet.
Danke an Markus Lobis für die
Danke an Markus Lobis für die durchaus ausgewogene Moderation und fürs organisieren. Danke an das Salto-team für die Nachtragung. E grazie ai due candidati che hanno dato prova di rispettare la cultura del dialogo e del confronto, durante e dopo il dibattito.