Digitales Klassenbuch: Kritik und News
Reinhold Erlacher ist Präsident der IT- und Internet-Dienstleister im Handels- und Dienstleistungsverband Südtirol (hds). Ihm stinkt es gehörig. „Südtirols IT-Branche stellt sich eine effiziente und optimierte Verwaltungsinnovation ganz anders vor", beschwert er sich.
Seit vier Jahren arbeitet ein Team von knapp 200 Leuten (12 ständige Mitglieder, 12 Entscheidungsträger, 150 Sachbearbeiter, dazu externe Experten) im Auftrag des Landes an einem einheitlichen "Schulinformationssystem", unter anderem mit ESF-Geldern finanziert. Eines der sechs geplanten Programme ist das "Elektronische Klassen- und Lehrregister und Onlinezeugnis" - geplante Fertigstellung: Ende 2014. Die effektive Umsetzung soll dann per Wettbewerb ausgeschrieben werden, an dem sich auch Private beteiligen können.
Doch das Klassenbuch gibt es längst, 15 Schulen haben es bereits angekauft. Auf das Land wollten sie nicht länger warten. Exklusiv im salto.bz Interview hatte der kreative Kopf des digitalen Klassenbuches, Stefan Raffeiner, 22 Jahre alt, aus Meran erzäht: " Es macht den Anschein, als wolle das Land sein eigenes Produkt durchboxen. Das Argument von Abteilungsdirektor Arthur Pernstich ist dabei, dass für alle Schulen eine einheitliche Lösung gefunden werden soll und die Arbeit daran dauert dann auch dementsprechend länger. Aber nicht alle Schulen wollen warten."
Genau darüber empört sich Erlacher vom hds. Wie die "öffentliche Hand mit der Einführung des digitalen Klassenregisters in Südtirol umgeht", sei einfach keine Art, beschwert er sich. „Seit vier Jahren wird nun daran gearbeitet, mit dem Ziel Ende 2014 das Projekt erst einmal auszuschreiben. Eine derart lange Umsetzungsphase ist nicht nachvollziehbar. Derartige Projekte im IT-Bereich müssen in kürzeren Zeiträumen umgesetzt werden“, sagt der Präsident aus dem IT-Bereich.
Und außerdem - was soll die Aussage "Wir sehen diese Aktion nicht gerne", die Arthur Pernstich getätigt hatte? Erlacher versteht die Welt nicht. "Wir sind der Meinung, dass die öffentliche Hand bei jedem Projekt grundsätzlich transparent und objektiv abwägen muss, was sie im Stande ist, selbst effizient, kostengünstig und zeitgerecht zu realisieren. Es kann nicht sein, dass jetzt ein sinnvolles Projekt keine Verwendung finden soll, nur weil man auf die ‚interne‘ Lösung beharrt bzw. für die Umsetzung auf eigene Landesgesellschaften zurückgreifen möchte. Jetzt geht es darum, dieses Projekt weiterzuentwickeln und nicht von Anfang an zu blockieren."
Junge, kreative Köpfe unterstützen, wie Arno Kompatscher forderte. Damit sie im Land bleiben. Daran scheint man sich nun doch erinnert zu haben. Und die Notbremse gezogen. Denn wie Stefan Raffeiner salto.bz im Facebook-Chat mitteilt, hat sich das Land mittlerweilte bei ihm gemeldet. Und ihm in Aussicht gestellt, sein digitales Klassenbuch "vor einem kleineren Projektteam" im Oktober vorzustellen. "Voraussichtlich". Das Treffen sei jedoch schon vorher angedacht gewesen, bevor die entsprechenden Artikel in der Tageszeitung Dolomiten und auf salto.bz erschienen sind. Und eine Welle der Empörung und Solidarität mit Raffeiner ausgelöst haben. Der zeigt sich erfreut: "Ich hätte mir nie so viel Resonanz auf das Thema erwartet. Die Artikel auf Salto, vor allem aber auch die Kommentare und Reaktionen, die ich darauf bekommen habe, haben mich gefreut. Weil ich gesehen habe, dass es andere auch so sehen, dass nix weitergeht." Nun heißt es abwarten, bis Oktober. Voraussichtlich.