Umwelt | Pestizide

Schulers Angebot

Was nimmt der Landesrat für Landwirtschaft aus der Diskussion in Mals mit? Arnold Schuler über neuen Diskussionsbedarf, Emotionen und ein Vermittlungsangebot.

Wie viel Bauchweh bereitet dem Landwirtschafts-Landesrat die Volksabstimmung in Mals?
Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass ich kein Befürworter dieser Volksabstimmung bin, weil dieses Instrument die vielfältigen Probleme im Obervinschgau nicht lösen kann. Doch wenn der Gemeinderat in Mals, so wie es aussieht, heute (Dienstag, Anm. d. Red.) eine Interpretation beschließt, die auch nach dem Referendum einen Spielraum zulässt statt Türen zuzuschlagen, geht es mir auf alle Fälle gut.

Sie sprechen von der Dringlichkeitssitzung, in der Unklarheiten über die Wirksamkeit der Volksabstimmung aus dem Weg geräumt werden sollen?
Mich hat diese Neuigkeit selbst ein wenig überrascht. Doch wie es aussieht, soll der entsprechende Artikel der Gemeindesatzung so interpretiert werden, dass das Referendum nicht als bindend zu verstehen ist, sondern als Aufforderung an die Gemeinde tätig zu werden soweit es der rechtliche Rahmen zulässt. Was auch immer das dann heißt. Doch nun ist einmal abzuwarten, was sie tatsächlich beschließen.

Welche wichtigsten Impulse haben Sie als verantwortlicher Politiker bislang aus der Causa Mals mitgenommen?
Sie hat vor allem aufgezeigt, dass wir eine Diskussion zwischen Landwirtschaft und Gesellschaft führen müssen. Nicht nur über den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, sondern auch über die Veränderung der Landschaft durch die Landwirtschaft. Denn es ist zu berücksichtigen, dass Landschaft und Umwelt heute gesellschaftlich anders gesehen werden als früher, auch dass die Gesellschaft ihre Umgebung als Naherholungszone sieht. Jetzt müssen wir darüber diskutieren, wie sich das Ganze weiterentwickeln kann. Doch dabei steht für mich das Miteinander im Vordergrund, das gegenseitige Verständnis.

"Eine Abstimmung wie im Mals wäre aber auch im Musterland der Direkten Demokratie, also der Schweiz, auf Gemeindeebene nicht möglich. Nicht nur wegen fehlender Kompetenzen, sondern weil es auch eine neue Dimension ist, dass ein Bevölkerungsanteil darüber abstimmt, was andere Teile der Bevölkerung machen dürfen."

Davon ist aber in Mals derzeit kaum etwas zu spüren...
Ja, die Fronten sind leider Gottes ziemlich verhärtet derzeit, und jetzt müssen wir sehen, wie wir aus dieser Situation herauskommen.

Von Seiten der Promotoren des Referendums heißt es unter anderem, dass ihren Anliegen viele Jahre lang kein Gehör geschenkt hat. Was konkret könnten Sie Ihnen als Landwirtschaftslandesrat bieten, damit sie sich in Ihren Sorgen und Ängsten ernst genommen fühlen?
In Mals sind sicher Fehler in der ganzen Vorgeschichte gemacht worden, auch im Auftreten einzelner Personen. Doch es bringt niemanden weiter, das einander nun ständig vorzuhalten. Hier ist einmal ein Punkt zu setzen und nach vorne zu schauen...

Wohin konkret?
Mein konkretes Angebot ist, dass ich versuche eine Vermittlerrolle einzunehmen und man gemeinsam schaut, in welche Richtung sich der Obervinschgau entwickeln soll. Also, wohin will man, und wo findet man Kompromisse, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen. Klar ist, dass dies nicht mit fundamentalistischen Positionen gehen kann.

Mals hat vor allem aufgezeigt, dass wir eine Diskussion zwischen Landwirtschaft und Gesellschaft führen müssen. Nicht nur über den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, sondern auch über die Veränderung der Landschaft durch die Landwirtschaft

Welchen Spielraum haben Sie aus gesetzgeberischer Sicht?
Die alte Landesregierung hat hier bereits erste Schritte eingeleitet, die wir nun ausbauen: Einerseits mit der Umsetzung des nationalen Aktionsplans, wo wir in Südtirol viel weiter gehen. Denn wir haben für alle Spritzmittel sensible Zonen und Abstände festgelegt und die Richtlinien für die Ausbringung noch einmal strenger geregelt. Wichtig ist aber vor allem die wissenschaftliche Begleitung durch die Laimburg und vor allem das Amt für Hygiene. Hier geht es um die Untersuchungen in den Gebieten, in denen in der Vergangenheit massiv mit Pflanzenschutzmitteln gearbeitet wurde.

Also um die Frage von Rückständen?
Ja, oder auch um die Auswirkungen auf Insekten wie Bienen. Die ersten Ergebnisse dieser Untersuchungen liegen bereits vor, und sobald sie vollständig sind, werden wir sie auch entsprechend präsentieren und zu kommunizieren. Denn es geht bei diesem Thema auch darum, der Bevölkerung, dort wo es berechtig ist, Ängste zu nehmen, oder dort, wo tatsächlich Probleme bestehen, entsprechend reagieren zu können.

Gibt es beim Thema Pestizide überhaupt eine objektive Wahrheit – angesichts all der vielfach widersprüchlicher Studien zu den Auswirkungen einzelner Wirkstoffe?
Das ist nicht nur ein Problem bei Pflanzenschutzmitteln. Dasselbe gilt für Themen wie Abgase oder Strahlenbelastung, also überall dort, wo Grenzwerte festgelegt werden, die man dann natürlich in Frage stellen kann. Das macht die Diskussion auch so schwierig und emotional. Doch wir sollten auch nicht vergessen, dass wir in Südtirol bereits seit Jahren einen integrierten Anbau haben, der jetzt erst in ganz Europa umgesetzt werden soll. Das heißt, wir sind schon europäischer Spitzenreiter, auch wenn uns nicht zuletzt die Diskussion in Mals gezeigt hat, dass dies noch nicht ausreicht und wir uns noch weiter entwickeln müssen. 

"Dank einer stärkeren wissenschaftlichen Begleitung können wir der Bevölkerung, dort wo es berechtig ist, Ängste nehmen, und dort, wo tatsächlich Probleme bestehen, entsprechend reagieren."

Politisch haben sich nicht nur die Grünen oder der Movimento 5 stelle, sondern mit PD-Chefin Liliana di Fede auch ihr Koalitionspartner hinter die Referendumspromotoren gestellt und eine Neuorientierung von Südtirols Landwirtschaftspolitik gefordert.
Ja, das hat mich schon ein wenig gewundert muss ich sagen. Aber es ist eine Tatsache, dass nun viele auf das Thema Mals aufspringen. Sei es politische Kräfte oder auch ausländische Medien, die das Thema mit Interesse verfolgen.

Sie haben sich in den vergangenen Jahren intensiv, wenn auch letztendlich erfolglos, mit dem Thema Direkte Demokratie herumgeschlagen. Nun erleben Sie in Mals die praktische Umsetzung...

Eine Abstimmung wie im Mals wäre aber auch im Musterland der Direkten Demokratie, also der Schweiz auf Gemeindeebene nicht möglich. Nicht nur wegen fehlender Kompetenzen, sondern weil es auch eine neue Dimension ist, dass ein Bevölkerungsanteil darüber abstimmt, was andere Teile der Bevölkerung machen dürfen. Noch dazu bei einem solch emotionalen und komplexen Thema. Deshalb ist auch absehbar, dass ein großer Teil der Bevölkerung Ja sagt, wenn man fragt, ob sie gegen Pflanzenschutzmittel sind, die chemisch-synthetisch hergestellt wurden.

Also doch ein wenig Bauchweh?
Nein, die Abstimmung findet nun statt und es ist auch wichtig, dazu aufzurufen, dass die Leute hingehen und von ihrem Recht Gebrauch machen. Und danach müssen wir schauen, alle so gut wie möglich wieder an einen Tisch zu bringen und eine gemeinsame Zukunft zu finden.

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Oskar Egger Di., 19.08.2014 - 17:47

Herr Schuler, man kann nicht glaubwürdig vermitteln, wenn man auf der Seite einer Konfliktpartei steht und deren Interessen auch die eigenen sind. Das schafft niemand, auch Sie nicht. Es ist zwar gut gemeint, aber Vertrauen schafft das nicht. Schon allein das Argument bzgl. Strahlen und anderer Belastungen ist wieder eine Verlagerung des Problems, eine Ablenkung. Wurde von der Landesregierung, nebenbei, auch nicht anders gehändelt: kaum ein Mensch von dort kümmert sich um die Anliegen der Bürger und um Verteiler, die wider jedes geltende Gesetz errichtet wurden (Botanischer Garten, z.B.) Der Bürger wird nicht ernst genommen, das ist die Tatsache.

Di., 19.08.2014 - 17:47 Permalink
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Andrea Terrigno Mi., 20.08.2014 - 11:11

Mystifizierung ist die Devise der heutigen Politik.
Leider wurde bis heute keine wirksame und nebenwirkungsfreie Lösung gegen Politikerparasiten gefunden. Dass dem Typ nicht schlecht wird, bei so viel Scheisse die er da spricht... hat sich wohl daran gewöhnt...

Mi., 20.08.2014 - 11:11 Permalink
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456 123 Mi., 20.08.2014 - 13:59

Das ist unsere Landes diktatur/regierung das Volk sollte nur entscheiden was die Großen absegnen. Heute gehen wir mal alleine und schon bekommen die Herren Muffensausen.
Wenn Herr Schuler so etwas sagt: "...dass ein Bevölkerungsanteil darüber abstimmt, was andere Teile der Bevölkerung machen dürfen." da stößt mir sofort der vergiftete Apfel wieder auf! Herr Schuler! das nennt sich Demokratie! Sollen dann nur die Zigarrettenhersteller abstimmen dürfen ob Warnhinweise angebracht werden? Es wird zwar bei euch so sein dass ihr eure Renten und Gehälter selbst auswählen/"abstimmen" dürft aber das ist bei Gott nicht überall so. Es geht in diesem Fall um die Gesundheit und deshalb soll doch bitte abgestimmt werden dürfen. Das ging zimlich schnell dass aus dem "Revoluzer" ein Ja Schüttler und an allem alten festhalter geworden ist. *Kopfschütteln* #DirekteDemokratie

Mi., 20.08.2014 - 13:59 Permalink