Politik | Benko-Projekt

„Alles fällt und steht mit offener Abstimmung“

Wie startet der Movimento 5 Stelle in die entscheidende Woche für das Benko-Projekt? Mit neuen Zahlen und konkreten Plänen für den Donnerstag.

Vier Nein-Stimmen sind bei der Abstimmung über das Benko-Projekt am Donnerstag schon sicher. Und alle vier dazugehörigen Gemeinderäte des Movimento 5 Stelle mobilisierten am Montag Vormittag noch einmal dafür, möglichst viele weitere dazu zu gewinnen. Ob das Projekt im Gemeinderat letztendlich tatsächlich durchfällt oder entgegen aller Negativ-Prognosen der vergangenen Wochen durchgewunken wird, hängt laut der 5-Stelle-Fraktion vor allem von einer wesentlichen Frage ab: Gibt es eine geheime Abstimmung oder nicht? „Wenn es eine offene Abstimmung gibt, dann wird das Nein überwiegen“, prophezeit Rudi Rieder. Bei einem geheimen Votum fürchten die überzeugten Benko-Gegner dagegen eine Genehmigung. „Es gibt zu viele Räte, die persönliche Interessen an dem Projekt haben“, sagen die vier M5S-Vertreter Alberto Filippi, Rudi Rieder, Maria Teresa Fotini und Caterina Pifano unisono.

Ein Fünftel des Gemeinderats, also neun Räte, reichen, um vor dem Beginn der entscheidenden Gemeinderatssitzung eine geheime Abstimmung durchzubringen. Das dies passiert, wird im Vorfeld als höchst wahrscheinlich eingeschätzt. Heute Abend wird das Projekt bei der Bozner SVP und dem Partito Democratico noch einmal diskutiert. Dabei wird auch geklärt werden, wie viele Mitglieder bei der Abstimmung am Donnerstag überhaupt anwesend sein werden. Eine Frage, die mitten im Hochsommer und bei einem so delikaten Thema auch andere Fraktionen betrifft.

"Jeder muss sein Gesicht hinhalten"

Die vier M5S-Räte konzentrieren nun in jedem Fall all ihre Anstrengungen darauf, eine offene Abstimmung zu erreichen. Die geheime Stimmabgabe wäre eigentlich für Fälle vorgesehen, in denen es um persönliche Fragestellungen wie etwa den Ausschluss eines Ratsmitglieds gehe, argumentieren sie. „Hier geht es um das Gegenteil“, sagte Caterina Pifano. „Bei einer solch weitreichenden Veränderung für die Stadt muss jeder Gemeinderat sein Gesicht hinhalten.“

Darauf wollen die vier Gemeinderäte auch im Fall einer geheimen Abstimmung nicht verzichten. „Wir werden in jedem Fall unsere Stimmzettel in die Kamera halten, und auch alle andere Gemeinderäte auffordern, es uns nachzutun“, kündigt Rudi Rieder an. Darüber hinaus wollen sie die Entscheidung über geheim oder offen in den Rat verlagern. „Zumindest sollte dort offen darüber abgestimmt werden, damit klar wird, wer ein geheimes Votum beantragt“, sagt Rudi Rieder. Innerhalb Donnerstag wollen er und seine Fraktionsmitglieder aber auch noch einige Unvereinbarkeiten von einzelnen Gemeinderäten aufdecken. Luciano Giovanelli, Anna Pitarelli? „Das werden wir noch bekanntgeben“, meint Alberto Filippi.

"Der Markt ist gesättigt"

Doch auch an Argumenten gegen das Einkaufszentrum des Tiroler Investors fehlte es zum Auftakt dieser Woche nicht. Ein rein spekulatives Finanzprojekt, das wenig Rückfluss für die lokale Wirtschaft bringt und statt dessen viele der bestehenden Strukturen zerstört bzw. Belastungen wie zusätzlichen Verkehr mit sich bringt, brachte der M5S seine Kritik noch einmal auf den Punkt. „Zumindest 90 Prozent der Gewinne aus diesem Projekt werden wieder aus Südtirol abfließen", prophezeit Filippi, der auch an das undurchsichtige Firmengeflecht der Singa-Gruppe und den Steuersitz einiger Gesellschaften in Luxemburg erinnert.

Der Gründer der Konsumentenschutzorganisation Asterisco und Mitbegründer der Verbraucherzentrale legte aber auch Zahlen für ein weiteres Argument gegen das Benko-Projekt vor: die Sättigung des Marktes. So seien in den vergangenen zehn Jahren in der Provinz knapp 53.000 neue Wohnungen und knapp 60.000 Garagen gebaut worden – obwohl die Bevölkerung gerade einmal um 7000 Einheiten zugenommen habe. Die Ergebnisse dieses Baubooms ließen sich in seitenweisen Gerichtsanzeigen zur Zwangsversteigerung von Immobilien und Liegenschaften, aber auch bei deren Preisverfall ablesen. Allein in Bozen würden rund 5000 Wohnungen, also 10%, leerstehen. Warum also ein weiteres massives Bauprojekt, wenn die Tätigkeiten des vergangenen Jahrzehnts die Wirtschaft nicht vorangebracht haben“, fragt der 5-Stelle-Gemeinderat, der auch auf die Argumente verweist, die das Komitee "Città nostra - Unserer Stadt" nach seiner Analyse des Plans für städtebauliche Umstrukturierung (PSU) zusammengetragen hat. 

Es wird nicht leicht, für Bozens Gemeinderäte am Donnerstag Abend - besonders wenn sie Gesicht zeigen müssen. 

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Profil für Benutzer Rita Barbieri
Rita Barbieri Mo., 20.07.2015 - 16:31

"So seien in den vergangenen zehn Jahren in der Provinz knapp 53.000 neue Wohnungen und knapp 60.000 Garagen gebaut worden – obwohl die Bevölkerung gerade einmal um 7000 Einheiten zugenommen habe." Weltfremder als so geht es nicht mehr. Zu beachten ist nämlich nicht nur der Bevölkerungszuwachs um 7000 Einheiten, sondern dass die Jungen endlich raus wollen aus der elterlichen Wohnung und allein leben bzw. eine Familie gründen möchten. Außerdem will doch jeder früher oder später eine Eigentumswohnung besitzen. Das ist nur ein Punkt, den die 5-Sterne-Leute total verschossen haben.
Große Worte dann wegen der Aufdeckung einiger Unvereinbarkeiten. Die drohen ja dauernd, angefangen von der ersten Gemeinderatssitzung.
Wenn ich dann daran denke, wie Filippi vor zwei Jahren im Gemeinderat gegen die Umwidmung eines brachliegenden Tennisplatzes in Baugrund für den Mittelstand gewettert und nie aufhören wollte, dann ...

Mo., 20.07.2015 - 16:31 Permalink