Umwelt | Die Gegner

"Mehr Fragen als Antworten"

Zu diesem Fazit kommen die Vertreter des Dachverbands für Natur- und Umweltschutz nach der Vorstellung des Flughafen-Konzepts im Landtag.

Diesen Termin ließ sich der Dachverband für Natur- und Umweltschutz nicht entgehen. Aufmerksam lauschten die Vertreter des Verbands am Dienstag Nachmittag im Landtag den Ausführungen der Experten und politischen Verfechter sowie Gegner zum Flughafen. Ihre Sicht der Dinge und Schlussfolgerungen haben Klauspeter Dissinger und Andreas Riedl niedergeschrieben:

Überraschend ehrlich und sehr zum Missfallen der anwesenden Ausbau-Befürworter beantwortete der von der Landesregierung beauftragte Flughafen-Experte Johann Frank von der Airport Consulting Vienna die letzte an ihn gestellte Frage. Es ging um die Risiken einer Übernahme von Privaten bei Nicht-Erreichen der im vorgelegten Konzept angegebenen Ziele und dem daraus folgenden Rückzug des Landes. „... Ein Privater müsste schon bei der Caritas sein, um den Flugplatz zu übernehmen. …“ Mit dieser Aussage ist auch klar, wie die wirtschaftliche Zukunft des Bozner Flugplatzes aussehen wird. Aus dem Konzept ist zu entnehmen, dass der Flugplatz in den nächsten zwanzig Jahren nochmals 58 Mio. Euro Schulden anhäufen wird. Sogar mehr, als vom Dachverband noch letzte Woche prognostiziert. Zudem klaffen in den kommenden fünf Jahren trotz der jährlichen Subventionen in Höhe von 2,5 Mio. Euro millionenschwere Finanzlöcher bei der Gegenüberstellung von Kosten und Einnahmen, die laut Ankündigung des Handelskammer-Präsidenten mit den Pflichtbeiträgen der Wirtschaftstreibenden Südtirols gestopft werden. Ob dies auch im Sinne aller Wirtschaftstreibenden im Lande ist, sei dahingestellt. Die von uns im Jahr 2011 durchgeführte repräsentative Umfrage auch bei der Südtiroler Wirtschaft hat ein deutlich anderes Bild ergeben.

Äußerst dürftig waren bei der gestrigen (Dienstag, 20. Oktober, Anm.d.Red.) Präsentation des Konzepts im Landtag die Informationen zur steigenden Umweltbelastung. Warum diese nicht bei der offiziellen Vorstellung auch mit erhoben wurden, blieb unbeantwortet. Vom Landeshauptmann wurde nur pauschal eine scheinbar geringe Steigerung einiger Schadstoffe im Bozner Talkessel angesprochen. Um welche Schadstoffe es sich dabei handelt, welche Schadstoffe, Berechnungsmodelle und Szenarien überhaupt in Betracht gezogen wurden, wurde nicht präzisiert. Dabei ist gerade die Start- und Lande-Phase aerodynamisch und damit von den Emissionen her sehr ungünstig. Zudem gehen diese in geringer Höhe emittierten Schadstoffe durch die einzige Anflugschneise von Süden her konzentriert auf den ohnehin schon belasteten Bozner Talkessel und das Unterland nieder. Ebenso wenig wurden klimarelevante Emissionen oder die zunehmende Lärmbelastung durch die nun angepeilten Düsenflugzeuge erwähnt. Nicht Äpfel mit Birnen vergleichen sollte man auch, wenn man die Emissionen des Flugplatzes in Relation zu jenen der Autobahn stellt. Der Schadstoff-Ausstoß pro Person ist relevant! In diesem Sinne ist auch eine konsistente und aussagekräftige CO2-Bilanz für die beiden Szenarien Ausbau und Schließung des Bozner Flugplatzes zu erstellen. Schlussendlich brüstet sich Südtirol bei jeder Gelegenheit im In- und Ausland als Klimaland. Mit dem Ausbau des Flugplatzes, um noch mehr Touristen mit dem Flugzeug ins Klimaland Südtirol zu holen, könnte der Widerspruch zwischen Werbung und Realität nicht größer sein.

Distanzen von 700 bis 800 km werden jetzt schon dank verbesserter Zugverbindungen vielfach mit der Eisenbahn zurückgelegt. Die Bahn ist nicht nur bequemer als der Flieger, sondern auch vergleichsweise schnell und günstig. Das Engagement des Landes im Mobilitätsbereich sollte darauf gerichtet sein und nicht in der Subvention eines seit 18 Jahren unrentablen Provinz-Flugplatzes bestehen.

Klauspeter Dissinger und Andreas Riedl

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Markus Gufler Mi., 21.10.2015 - 18:43

Frage: Sind die von den beiden Herren favorisierten Zugverbindungen rentabel und müssen nicht subventioniert werden?

Wenn man nach der Rentabilität von Zugverbindungen sucht, findet man z.B. einige Aussagen auf http://www.bahn-fuer-alle.de/pages/argumente/antworten-auf-behauptungen… Da geht es zwar eigentlich um Argumente gegen die Privatisierung aber man findet u.A. auch Anhaltspunkte zur Rentabilität:

''...sind nur diejenigen privaten Bahngesellschaften rentabel, die die Verbindungen zwischen den großen städtischen Zentren bedienen. Die regionalen Bahnbetreiber erhalten weiter hohe staatliche Zuschüsse.''

''...dieser wird jedoch zu 60 bis 70 Prozent über die Regionalisierungsgelder kofinanziert''

''Wettbewerb auf Schienen ist rein technisch nur begrenzt möglich. Auf Schienen kann man nicht, wie auf Straßen, überholen. Man kann nicht, wie im Flugverkehr, "Slots" für konkurrierende Verbindungen kaufen''

Oder hier der "Bericht zur Bahn" der Europäischen Kommission von 2014 mit dem Titel "Hohe Subvention und wenig Wettbewerb" (http://ec.europa.eu/deutschland/press/pr_releases/12471_de.htm)
wo man u.A lesen kann

''Der Bericht zeigt, dass der Eisenbahnsektor immer noch stark von staatlichen Subventionen abhängig ist (etwa 36 Mrd. Euro im Jahr 2012)''

Es ist spannend wie die Herren Dissinger und Riedl argumentieren: ''Das Engagement des Landes im Mobilitätsbereich sollte darauf (Eisenbahn) gerichtet sein und nicht in der Subvention eines seit 18 Jahren unrentablen Provinz-Flugplatzes bestehen.''
Unrentables zu Subventionieren scheint bei den beiden auf sehr subjektives Verständnis zu stoßen.

Mi., 21.10.2015 - 18:43 Permalink
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Profil für Benutzer Martin B.
Martin B. Do., 22.10.2015 - 12:46

Antwort auf von Markus Gufler

Sinnvoller Hinweis zu einer notwendigen Gegenüberstellung Bahn/Bus und Flugzeuge und diesbezüglicher öffentlicher Finanzierung. Neben den Kosten pro Passagier und km sind aber eben auch die diesbezüglichen Schadstoffe und Lärmemmissionen ein sehr wichtiger Faktor. Wäre interessant, wenn dies schon aus Studien extrahiert werden könnte. Auch ein Vergleich zu Flughäfen wie Innbruck, Verona, Bergamo, usw. fehlt mir bisher. Wirklich mehr Fragen als Antworten.

Do., 22.10.2015 - 12:46 Permalink
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Profil für Benutzer Alfonse Zanardi
Alfonse Zanardi Mi., 21.10.2015 - 23:21

Ich finde dass die Diskussion um den Flughafen schon lange den Boden der Rationalität verlassen hat – leider. Die Regierung hat mit der Platzierung der Gesetzestexte wenig Geschick bewiesen, die Ebner-Keule aus der HK hilft auch wenig.
Aber auch die Gegner bekleckern sich nicht mit Ruhm. Die einen aus Populismus, die anderen aus ökologisch motivierter Fundamentalopposition – und um diese geht es hier:

Mich wundert wieso sich die Umweltschützer so sehr an der Nicht-Profitabilität des Flughafens stören? Sind sie plötzlich Ökonomen geworden? Wissen sie denn was sonst noch alles nicht profitabel ist? Da wären der öffentliche Personennahverkehr, die Eisenbahn, und ja – man staune – auch der Autoverkehr. Alle werden subventioniert, weil sie ohne staatliche Infrastruktur schlicht zu teuer für den Normalbürger wären. Und dabei handelt es sich nicht um "Schulden" oder "Finanzlöcher" wie inkompetent herumtrompetet wird, sondern um von der Volkswirtschaft generiertes Steuergeld das seit jeher in diese Strukturen fliesst. Und um die Proportionen zu begreifen: Flughafen 2,5 Mio jährlich, Strassennetz 90 Mio jährlich. Allein mit den Kosten für die Umfahrung von Auer lässt sich der Flughafen 28 Jahre lang betreiben - in Worten: achtundzwanzig.
Also Ökonomie nicht so ihre Sache.

Und Ökologie?
Die Brennerautobahn passieren täglich 32.000 PKW und 5.000 Laster. Dass da z.B. 6 Flüge täglich naturgemäss wenig ins Gewicht fallen muss man gar nicht nachrechnen. Nach meiner amateurhaften Berechnung entspricht es ca. 1,3 % der Belastung durch die Autobahn nach Schadstoffen bei 0,88 % der beförderten Personen, der Energieverbrauch pro Person ist im Flugzeug ca. 50% höher. In absoluten Zahlen ist der Flugverkehr was den Treibstoffverbrauch betrifft keine sehr grosse Mehrbelastung. Lokaler Strassenverkehr ist noch nicht berücksichtigt.
Auf jeden Fall sollten die Ökologen in ihrem eigenen Kompetenzbereich weniger diffus raunen und maulen sondern besser Zahlen auf den Tisch legen, die sicherlich seriöser sind als diese Milchmädchenrechnung.
Die Lärmbelästigung speziell in Bozen, Unterland und Überetsch ist sicher relevant, aus meiner persönlichen Sicht bei der zu erwartenden sehr geringen Anzahl an Flügen tolerierbar.

Also in Summe eine verfahrene Diskussion die emotional und populistisch geführt wird. Aus meiner Sicht sprechen ökonomische wie ökologische Fakten nicht signifikant gegen den Flughafen.

Mi., 21.10.2015 - 23:21 Permalink