Habemus Rektor
Bis zum Schluss war es eines der best gehüteten Geheimnisse im Land: Wer wird die Nachfolge von Walter Lorenz antreten? Am 30. September läuft das Mandat des Rektors der Freien Universität Bozen aus. Seit 2008 ist Lorenz im Amt, und länger als acht Jahre kann ein Rektor laut Statut der Universität nicht vorstehen. Daher galt es, sich auf die Suche nach einem geeigneten Nachfolger für Walter Lorenz zu begeben. Dazu wurde eine internationale Ausschreibung durchgeführt. Auf diese hin haben sich 22 Kandidaten für den Rektorenposten beworben. “Es waren Personen aus Südamerika, den USA, aus Deutschland, Österreich und Italien darunter”, meint ein hörbar stolzer Konrad Bergmeister am Freitag Nachmittag, als er gemeinsam mit Walter Lorenz den Namen des neuen Rektors bekannt gibt. Um kurz nach 16 Uhr ist es so weit. Von den 22 sind sieben in die engere Auswahl gekommen und am Donnerstag angehört worden. Je eine Stunde dauerten die Hearings, die Entscheidung des Universitätsrates und des Senates fiel schließlich einstimmig. Und zwar auf Paolo Lugli.
Paolo Lugli: 60 Jahre alt, gebürtig aus Carpi, italienischer und deutscher Staatsbürger, perfekt dreisprachig
Ein Nanotechnologie-Professor für Bozen
Der Auserkorene selbst wird am Freitag Nachmittag telefonisch über seine Kür informiert. Geboren wurde Lugli am 8. Februar 1956 in Carpi, in der Provinz Modena. Seit 14 Jahren ist der 60-Jährige an der TU München tätig. Dort steht er der Fakultät für Elektrotechnik und Informationstechnik mit 3.500 Studierenden und knapp 700 Doktoranden vor und hält einen Lehrstuhl für Nanotechnologie. Seine Forschungsschwerpunkte die Nanoelektronik und Molekularelektronik. Gleichzeitig ist der perfekt dreisprachige Lugli Mitglied der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften und kann auf über 350 Publikationen verweisen.
Mit Prof. Paolo Lugli haben wir eine forschungsstarke Persönlichkeit mit relevanter internationaler und akademischer Erfahrung ausfindig machen können.
(Konrad Bergmeister)
Neben seinen fließenden Kenntnissen der italienischen, deutschen und englischen Sprache spricht Lugli, der die italienische und deutsche Staatsbürgerschaft hält, auch Französisch. Seine Sprachkenntnisse hat er sich bei Studienaufenthalten in Colorado/USA, Modena, Rom und schließlich München angeeignet. “Mit Paolo Lugli werden wir eine internationale Persönlichkeit nach Bozen holen”, freut sich Konrad Bergmeister. “Einen Wissenschaflter mit diesem Profil verpflichten zu können, ehrt uns. Er verkörpert geradezu den Geist der Universität”, zeigt sich auch Walter Lorenz über die Wahl seines Nachfolgers zufrieden.
Konrad Bergmeister (links) und Walter Lorenz (rechts) bei der Verkündung des Namens des neuen Uni-Rektors.
Die neue Ära
Nach dem Ökonom Alfred Steinherr, den Geisteswissenschafltern Hans Truml und Rita Franceschini sowie dem Soziologen Walter Lorenz übernimmt nun zum ersten Mal ein Naturwissenschaftler den Rektorposten in Bozen (und ein ‘Italiener’ von außerhalb der Provinz). “Damit beginnt eine neue Ära”, verkündet Bergmeister. In den kommenden Jahren will die Universität Bozen nämlich verstärkt auf Interdisziplinarität zwischen den einzelnen Fakultäten setzen, ebenso wie auf ein verstärktes Angebot für lebenslanges Lernen. Ein Fokus soll auch auf den technologischen Fortschritt und eine bessere Verankerung mit beziehungsweise Zusammenarbeit mit dem Territorium – die so genannte “Dritte Mission” gelegt werden.
Lugli bringe dafür beste Voraussetzungen mit, betonen sowohl Bergmeister als auch Lorenz. So hat er in München zahlreiche Start-Ups und Spin-Offs unterstützt und bis zur Einreichung von Patenten begleitet. In den vergangenen fünf Jahren ist es ihm darüber hinaus gelungen, über vier Millionen Euro an EU-Forschungsgeldern für die TU München zu akquirieren. “Nach nahezu zwanzig Jahren seit ihrer Gründung ist die Freie Universität Bozen reif für neue Entwicklungen”, so Landeshauptmann Arno Kompatscher in einer ersten Reaktion zur Rektorenwahl.
Am 1. Oktober 2016 wird Paolo Lugli seinen neuen Job antreten, am Freitag heißen ihn Uni-Rektor und -Präsident aus der Ferne “im Namen des gesamten Staffs willkommen” und stoßen mit einem Glas Sekt auf ihn an. Wer die restlichen 21 beziehungsweise sechs Kandidaten waren, die sich um den Rektorenposten beworben hatten und in die engere Auswahl gekommen waren, soll übrigens auch weiterhin streng geheim bleiben. Nur so viel war am Freitag zu erfahren: Es waren sowohl externe als auch interne Bewerber darunter – allesamt Männer.