Politik | Bozen 2016

Unverzichtbare Grüne

Die Option Große Koalition rückt in immer weitere Ferne. Was den Bozner Grünen zum dritten Mal zu einer Regierungsbeteiligung verhelfen dürfte: "Ohne uns geht es nicht."

Bewusst haben sich die Bozner Grünen aus den Wahlkampf-Scharmützeln, die bereits im Vorfeld der Stichwahlen rund um ihre mögliche Beteiligung an der neuen Bozner Stadtregierung entbrannt waren, herausgehalten. “Die Art wie sie Politik machen” hatten SVP-Stadtobmann Dieter Steger und der designierte Vize-Bürgermeister Christoph Baur noch am vorigen Donnerstag an den Grünen kritisiert und als Ausschlusskriterium für eine Zusammenarbeit genannt. Vielmehr schielte man in der SVP auf eine Große Koalition mit moderaten Kräften aus dem italienischen Mitte-Rechts-Lager. Diese würde eine stabile Regierungsmehrheit garantieren, so die Überzeugung in der Volkspartei. Und gleichzeitig würde man so eine Neuauflage der politischen Beziehung mit dem unbeliebten Ex-Partner Grüne abgeben.


“Ohne uns geht es nicht”

Zwar gab es eine Wahlempfehlung für Renzo Caramaschi, aber auf die verbalen Attacken haben die Grünen mit Stillschweigen reagiert. “Wir sind mit dem Slogan angetreten, ein neues Klima und einen neuen Dialog” für Bozen schaffen zu wollen, sagt Norbert Lantschner am Montag zu salto.bz. Daher sei man “weder auf die Polemiken der SVP noch jenen der Rechten eingestiegen, auch als uns Mario Tagnin in einem Zug mit CasaPound genannt hat als er sagte, mit solchen ‘extremen Kräften’ könne und wolle er nicht zusammenarbeiten”.

Doch das wird Tagnin auch nicht müssen. Einerseits weil es für die Grünen selbst nur “schwer vorstellbar” ist, Teil einer Großen Koalition zu werden. Aber vor allem weil Tagnin selbst – noch am Abend der Stichwahl – einer Regierungsbeteiligung seines Mitte-Rechts-Bündnisses eine klare Absage erteilt hat. Neo-Bürgermeister Renzo Caramaschi muss seine Suche nach einer regierungsfähigen Mehrheit somit wohl in die andere Richtung fortsetzen. Bereits heute will Caramaschi die Koalitionsgespräche aufnehmen, bei den Grünen hat man bisher noch nichts gehört. “Zuerst sollte er in der Brennerstraße anklopfen”, rät Lantschner dem frisch gebackenen Bürgermeister. Nach dem klaren Veto der SVP gegen eine Grüne Regierungsbeteiligung müsse Caramaschi sich erst einmal mit dem Koalitionspartner abstimmen. Doch aus dem Parteisitz der SVP in der Brennerstraße sind inzwischen schon ganz andere Töne zu vernehmen. “Wir sind nicht grundsätzlich gegen die Grünen”, meinte Dieter Steger im Morgenmagazin von RAI Südtirol, “eine Option” ist die Zusammenarbeit mit den vier Grünen Gemeinderäten auch für Christoph Baur. “Es spielt eine neue Musik”, stellt Norbert Lantschner fest, “auch weil es ganz einfach rein rechnerisch ohne die Grünen nicht geht”, sagt er nüchtern.


Das verflixte dritte Mal

“Wir sind bereit, Verantwortung zu übernehmen, das haben wir immer gesagt”, betont Lantschner, “aber nicht um jeden Preis”. Exakt dieselben Worte kommen auch von Tobe Planer. Er ist am 10. Mai zum dritten Mal für die Grünen in den Gemeinderat gewählt worden und gehört somit zu jenen, die vielen in der SVP ein Dorn im Auge sind. Eine Stadtregierung, die “nicht von Vorneherein an den altbekannten Differenzen scheitern könnte”, wünscht sich SVP-Obmann Philipp Achammer am Montag Morgen. “Ich weiß nicht, von welchen Differenzen da die Rede ist”, kontert Planer. Als Grüne habe man sich gegenüber den zwei Regierungen Spagnolli, an denen auch die SVP beteiligt war, stets “sehr loyal” verhalten. Vielmehr gebe es interne Differenzen in der Volkspartei – Beispiel dafür sei das Nein von Anna Pitarelli. Die ehemalige SVP-Gemeinderätin hatte im Juni vergangenen Jahres damit Spagnolli ihr Vertrauen verwehrt und die Stadtregierung beinahe zu Fall gebracht. Als das Votum wiederholt wurde, “haben wir vor lauter Loyalität für die Regierung gestimmt”, erinnert Planer. Auch dass Spagnolli zurückgetreten sei, sei nicht den Grünen zu verschulden gewesen, ist Planer überzeugt.

Auch dieses Mal soll es nicht an ihnen scheitern, auch wenn die Grünen nach wie vor “ein rotes Tuch” zu sein scheinen, wie es Lantschner ausdrückt. Die Gesprächsbereitschaft sei aber auf jeden Fall gegeben, auch wenn man sich “nicht aufdrängen” will, wie Planer unterstreicht. “Wenn wir die Stadt nachhaltig mitgestalten können, sind wir aber dazu bereit.”

Bild
Profil für Benutzer alfred frei
alfred frei Mo., 23.05.2016 - 16:44

Telegramm aus Wien: wer wollte bei euch die Grünen rausschmeißen ?
unterzeichnet: Alexander Van der Bellen - Bundespräsident

Mo., 23.05.2016 - 16:44 Permalink