Politik | Reaktion

Benko weg – Grüne weg?

Tobe Planer nimmt kurz nach der Benko-Abstimmung Stellung: "Spagnolli hat uns angegriffen." Der BM muss nun wohl – wenn überhaupt – ohne Grüne weitermachen.

“Ich bin total fertig”, mit diesen Worten verlässt Tobe Planer nach der Abstimmung den Gemeinderatssaal. salto.bz hat den Grünen Gemeinderat für eine erste Stellungnahme nach dem heißen Abstimmungsabend abgefangen. “Zach”, so sein wiederholter Kommentar angesichts der vorangegangenen Stunden. Noch kurz vor der Abstimmung bekommt Planer gemeinsam mit seiner Parteikollegin Cecilia Stefanelli eine Rüge von Luigi Spagnolli ab. “Das gegenseitige Vertrauensverhältnis ist gestört”, so die Worte des Bürgermeisters in seiner Replik nach den Wortmeldungen der Gemeinderäte. Die Äußerung Stefanellis, der Bürgermeister habe nach dem Nein von Anna Pitarelli zur neuen Stadtregierung seine Meinung zum Benko-Projekt geändert, muss Spagnolli wohl sauer aufgestoßen sein. “Den Bürgermeister in Misskredit bringen ist kein gutes Manöver, wenn du dann gemeinsam mit ihm regieren willst”, so der Vorwurf Spangollis in Richtung Grüne. Doch was erwartet ihn jetzt? Das Benko-Projekt hat keine Mehrheit erhalten, die Abstimmung endete mit einem Gleichstand: 22 (Ja) zu 22 (Nein und weiße Stimmzettel). Eigentlich haben die Grünen im Falle einer Ablehnung des Benko-Vorhabens Spagnolli ihren Eintritt in die Mehrheit angeboten.

Doch der Wind hat sich gedreht, wie Tobe Planer bestätigt. “Cecilia hat gleich im Anschluss an die Sitzung zu mir gesagt: ‘Nach dieser Aussage kann Spagnolli nicht mehr auf mich zählen’. Und ich bin derselben Meinung. Der Bürgermeister hat uns direkt angegriffen. Es ist ihm auf der Leber gelegen, dass wir gesagt haben, er habe nach dem ‘Pitarelli-Gate’ seine Meinung zum Benko-Projekt geändert. Dabei war das so. Nicht wir, sondern er hat seine Meinung geändert.” Wie geht es nun also weiter? “Wir werden einmal eine Nacht drüber schlafen, erst einmal feiern gehen und ein Bier trinken und uns dann in Ruhe auch mit dem Rest der Partei zusammensetzen, um zu entscheiden.” Doch wie groß sind die Chancen, dass die Grünen, vom Bürgermeister so heftig abgewatscht und ausdrücklich nicht gewollt, ihm weiterhin ihre Unterstützung garantieren? Wohl eher klein. Sehr klein.

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Martin B. Fr., 24.07.2015 - 10:51

Antwort auf von Stefan Zelger

Irrelevant ist es nicht. Diese zwei grünen Sitzwärmer (sorry Tobe) brauchen jedenfalls nicht in der Mehrheit mitarbeiten. Eigentlich bei allen Nein-Sagern vermisste ich konkrete Vorschläge was in den nächsten 1-3 Jahren in der Zone oder sonstwo gemacht werden kann (also inkl. Finanzierung). Genauso undifferenziert Pro verhielten sich die meisten Ja-Sager. Ein ebenso knappes Ergebnis mit mehr weißen Stimmen wäre nicht verkehrt gewesen als Aussage: bin für ein Projekt aber mit besseren Rahmenbedingungen für die Stadt.

Fr., 24.07.2015 - 10:51 Permalink
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Michael Schlauch Fr., 24.07.2015 - 13:06

Antwort auf von Martin B.

Gegenvorschlag: bringe dich ein, sag, was deine Bedürfnisse und Visionen für diese Zone sind und was dir diese Visionen wert sind. Die Verantwortung liegt nicht nur bei den Nein- und Ja-sagern, sondern jeder einzelne Bürger hat jetzt die Möglichkeit (und Pflicht, meiner Meinung nach), mitzugestalten, seine Stimme hören zu lassen - die bei der Mehrheit der Bozner, daran möchte ich noch glauben, sich ganz sicher nicht nur auf latentem Rassismus (Il Degrado, Pancheri von der Lega spricht wortwörtlich von "Pulizia" (etnica) per togliere "quella gente") und Konsumismus beschränkt. Hier geht es nicht um nur um das eine oder andere Projekt, sondern um den Prozess, wie diese zustande kommen - und mit diesem und was in den letzten 2 Jahren in Bozen passiert ist waren sowohl Befürworter und Kritiker unzufrieden.

Fr., 24.07.2015 - 13:06 Permalink
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Michael Schlauch Fr., 24.07.2015 - 14:47

Antwort auf von Mensch Ärgerdi…

Was ich mir persönlich vorstelle ist unwichtig, solange wir nicht die Möglichkeit haben, gemeinsam und konstruktiv an die Sache heranzugehen. Wege der partizipativen Gestaltung werden bereits beschritten bzw. versucht (siehe Quasicentrum), scheinen dann aber nicht ernstgenommen zu werden. Aber abgesehen von einem verbesserbaren Dialog zwischen Bürger und Politik lag hier das Problem an einer ganz anderen Stelle: Die gewählten Volksvertreter wurden erst am Schluss konsultiert, nachdem der Vertrag bereits unterschrieben wurde und nicht mehr geändert werden konnte. Um ein Haar wäre das Projekt ohne Abstimmung im Gemeinderat von einem Kommissar genehmigt worden, an allen Bürgern vorbei - die Befürworter um Zukunft Bozen u. co., die jetzt nicht akzeptieren wollen, dass Enthaltung eben nicht Zustimmung heißt, hätte das in diesem Fall nicht gestört.

Fr., 24.07.2015 - 14:47 Permalink
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Lorenz Brugger Fr., 24.07.2015 - 15:04

Antwort auf von Michael Schlauch

Bin auch der Meinung, dass das schon noch sehr vage Vorstellungen sind. Am Ende hört sich das für mich wie das Anstreben von Bürgerbeteiligung an. Kann man machen... ist aber auch nicht das Allheilmittel bzw. kann erst mal nur ein Teil von einem viel größeren Prozess sein.
Solche Bürgerbeteiligungen sind mitunter sehr schwerfällig, langwierig und mit sehr viel Fingerspitzengefühl für die Moderatoren, Verantwortlichen und Politiker verbunden. Da braucht es Geduld. Wenn da der falsche Ton getroffen wird, tun sich sofort wieder tiefe Gräben auf. Und es wurden in dieser Kaufhaus-Debatte ständig die falschen Töne angespielt, sowohl von Ja und Nein Sagern. Man muss sich bewusst sein, dass man nie alle Bedürfnisse, Wünsche, Vorstellungen und Befindlichkeiten zufrieden stellen kann.
Bürgerbeteiligungsprozesse können ein Instrument sein, mehr Akzeptanz in der Bevölkerung für bestimmte, ganz konkrete Aufgaben zu generieren, aber nur in kleinem Umfang kommen dabei dann auch Projekte raus, die am Ende auch noch Wirklichkeit werden. Da muss schon sehr viel passen innerhalb der Beteiligten, es müssen ganz klare Ziele verfolgt werden, es erfordert Geradlinigkeit und Führungsqualität, Steuerungsvermögen und die Fähigkeit den Überblick nicht zu verlieren, Einfühlungsvermögen und Empathie. All das gibt es meiner Meinung nach nicht in Bozen. Weder in der Politik, noch sonst wo in der Stadt. Man kann sich damit trösten, dass Bozen nicht die einzige Stadt ist, die da große Defizite aufweist... ist aber keine Entschuldigung.

Es geht nur so: Die Stadt muss sich erst mal selber klar werden, was sie eigentlich will und sich Ziele setzen für die Zukunft, anstatt sich von einem Projekt zum anderen zu schwingen und dort vielleicht selber kurz mal die Bürger zu fragen und zu Wort kommen zu lassen. So helfen Bürgerbeteiligungen aus meiner Sicht wenig, im Gegenteil: wenn diese Beteiligungsprozesse als nicht ernsthaft wahrgenommen werden, dann geht das ganz schnell nach hinten los, dann hat man schnell alle gegen sich!
Erst einmal braucht es Daten und Informationen, wie die Stadt funktioniert, wie sie aufgebaut ist, was ihre Stärken und Schwächen sind... Das kann eine Bürgerbeteiligung kaum schaffen, da es zu viele persönliche Befindlichkeiten gibt, die dort mit einfließen, viel zu viele unterschiedliche Meinungen und Positionen hinaus posaunt werden, die vielleicht gar nicht den Kern der Sache treffen.

Ich bin immer noch der Meinung, dass Bozen endlich eine fundierte, integrierte Strukturanalyse von sich selbst anlegen muss und zwar mit Hilfe von außenstehenden Fachleuten aus allen Teilbereichen, die eine Stadt ausmacht: Wirtschaft, Einzelhandel, Soziales, Bildung, Wohnen, Arbeiten, Tourismus, Verkehr, Energie, Siedlung und Landschaft, Stadtplanung, Architektur, und vieles mehr...
Nur innerhalb dieses Prozesses kann eine Bürgerbeteiligung auch mal ihren Anfang nehmen, denn da kann man alle Aspekte der Stadt miteinbeziehen und gut aufteilen, das heißt auch alle Interessengruppen vereinen, es gibt einen klaren Rahmen und man schafft innerhalb dieses Rahmens eine Struktur, die man abarbeiten kann, was am Ende in verschiedenen Leitbildern gipfelt, die aus der Stadt heraus gewachsen sind und die der Stadt eine oder mehrere eindeutige Richtungen verleiht.

Alles andere ist ein Herumgewurschtl und hemdsärmeliges Handeln nur damit was gemacht wird...

Fr., 24.07.2015 - 15:04 Permalink
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Michael Schlauch Fr., 24.07.2015 - 16:07

Antwort auf von Lorenz Brugger

Da stimme ich durchaus zu. Die Strukturanalyse im Bezug zum Benko-Projekt hatte starke Defizite bzw. war vollkommen abwesend und war letztendlich fatal für alle Beteiligten. Es reicht, einmal die tendenziöse "Veträglichkeitsstudie" der GMA mit der mittlerweile schon einige Jahre alten landesweiten und umfangreichen CIMA-Studie zur Lage der Einzelhandelssituation in Südtirol zu vergleichen.
Ergänzend zur Bürgerbeteiligung: sie steckt tatsächlich in den Kinderschuhen, es braucht Geduld, Verantwortung, Transparenz usw., aber allen voran: den Willen. Es braucht ganz sicher auch Daten und Informationen - hier ganz wichtig: derer gibt es nicht nur quantitative (Maße, Flächen, Ströme, Umsätze etc.) sondern auch qualitative. Über eine Sozialraumanalyse u.a. mit ethnografischen Methoden, und unter Einbeziehung der aktuellen Anwohnern und Nutzern des Bahnhofsparks wurde bisher aber leider noch nicht einmal nachgedacht.

Fr., 24.07.2015 - 16:07 Permalink
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Lorenz Brugger Fr., 24.07.2015 - 16:45

Antwort auf von Michael Schlauch

richtig, den Willen braucht es, aber nicht allein für einen Bürgerbeteiligungsprozess, sondern vor allem für eine langfristige, zukunftsfähige und integrierte Entwicklung der ganzen Stadt. Da reicht es eben nicht zu sagen: los, wir fragen mal die Bürger, was sie wollen... dann wird das schon was. Genau dann wird das eben nix und der Schuss geht nach hinten los.

Ich gehe ganz bewusst in eine höhere Ebene: Das Busbahnhofsareal ist nur ein Teilgebiet der Stadt und kann nicht gesondert betrachtet werden, ganz besonders nicht, wenn es ein Bereich ist, der so zentral liegt. Bevor überhaupt darüber geredet werden kann, was dort passieren soll, wer dort aktiv werden soll und vor allem wer dort eingebunden wird, muss erst einmal klar sein, was denn die Stadt überhaupt dringend braucht, welche Prioritäten es gibt bzw. wo sie sich hin entwickeln will und was dieses Areal dann auch an Potential hergibt.

Das sind die Grundvoraussetzungen, die geschaffen werden müssen. Und diese müssen erst einmal durch Informationen und Daten, Analysen verschiedenster Art, sowohl quantitativ als auch qualitativ, unterfüttert werden um eine Diskussionsbasis zu schaffen... um fachlich auch richtig zu argumentieren UND, und das ist das wirklich diffizile an der Geschichte: um auch richtig steuern zu können.
Und dann muss man mit Bürgern über Probleme und Bedürfnisse sprechen, die die GESAMTE STADT betreffen. Und genau hier wird die Fähigkeit, zu steuern dann auf die Probe gestellt. Wer hier nicht fest im Sattel sitzt, wird untergehen.

Erst danach kann man sich mit konkreten Projekten wie etwa die Neuordnung des Busbahnhofsareal auseinander setzen. Erst dann wird von Fall zu Fall, von Projekt zu Projekt, von Areal zu Areal auch klar, ob es nochmals eine Beteiligung geben muss, weil es sich um große Veränderungen handelt oder ob es gar keinen Sinn macht.

Ich kritisiere, dass hier das Pferd von hinten aufgezäumt wird, weil man nun mit lautem Geschrei versucht, Bürgerbeteiligung herauf zu beschwören ohne ernsthaft darüber nachzudenken, zu welchem Zeitpunkt und in welchem Umfang sie überhaupt sinnvoll ist... auch hier bedarf einer Differenzierung. Bürgerbeteiligung ist nur ein Instrument von vielen in der Stadtentwicklung. Es ist aber beileibe nicht das einzige und es ist, so wie ich das selbst erlebe, mitnichten das Instrument, das am Ende nur hochwertige Ergebnisse hervorbringt, mit denen alle zufrieden sind. So etwas gibt es nicht...

Fr., 24.07.2015 - 16:45 Permalink
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Michael Schlauch Fr., 24.07.2015 - 17:53

Antwort auf von Lorenz Brugger

Du hast ja recht in deinen Punkten. Wohl bleibt mir persönlich, da ich nun Bürger und kein Politiker bin, nichts anderes übrig, als zu versuchen, mich am Diskurs zu beteiligen, mich und andere zu informieren, und einiges an eigener Zeit und Arbeit den Problemen der Stadt zu widmen - und andere aufzuforden, das gleiche zu tun, wenn sie an einer Lösung interessiert sind. In diese Richtung geht meine Aussage - von Bürger zu Bürger. Wie, ob und mit welchen Voraussetzungen das Instrument "Bürgebeteiligung" angewendet werden sollte, bzw. auch welche Gefahren es gibt (da gehe ich komplett mit: unvollständige Information machen uns alle verwundbarer gegenüber talking points hinter denen eine spezifische Agenda steckt - dazu zähle ich auch die "Degrado"-Polemiken und die naive Darstellung eines Einkaufszentrums als allesheilenden "Wirtschaftsmotor"), das müsste direkt an die Adresse der politischen Parteien gehen (vorausgesetzt diese lassen sich darauf ein).

Fr., 24.07.2015 - 17:53 Permalink
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gorgias Fr., 24.07.2015 - 11:59

Vielleicht ist das Beste Neuwahlen.
Spagnoli weg - Pitarelli weg und Grüne weg

Mit so einem Haufen ist sowieso kein Staat zu machen.

Fr., 24.07.2015 - 11:59 Permalink
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Rita Barbieri Fr., 24.07.2015 - 17:57

Antwort auf von gorgias

Sie werfen alle in den gleichen Eimer, Gorgias. Spagnolli ist Bürgermeister, die Grünen haben ihn unterstützt und Frau Pitarelli ist ein einfaches Ratsmitglied. Bitte etwas zu differenzieren, bevor so etwas geschrieben wird. Danke.
Neuwahlen wären nicht schlecht, und der "Haufen" wird sich entwirren.

Fr., 24.07.2015 - 17:57 Permalink