Politik | Sanität

Rechtlicher Spielraum für die Geburtenabteilungen?

Ist die „motivazione giustificata“ die Rettung der Geburtenabteilungen? Ein vorsichtiges Ja kommt von SVP-Parlamentarierin Renate Gebhard.

Frau Gebhard, Sie waren gestern, am 22. Oktober, mit dabei im Ministerium, als es um die Rettung der Kleinkrankenhäuser ging. Was ist heraus gekommen?
Das Gespräch war sehr intensiv, wir haben eine ganze Stunde über die mögliche Rettung der Geburtenabteilungen in Südtirol gesprochen. Der Sukkus ist folgender: Das Ministerium sagt, in Ausnahmefällen, die gut begründet sein müssen, kann unter die 500 Geburten heruntergegangen werden.

Einen Spielraum gibt es also?
Grundsätzlich gilt ja das Gesetz von 2010, um das wir jetzt ja ständig kreisen und das es gilt einzuhalten. Die famosen Standards, die Rom vorgibt, und die einzuhalten sind, ist die Gewährleistung, dass 24 Stunden vier Menschen im Krankenhaus, in der Struktur eben, präsent sein müssen: eine Hebamme, ein Gynäkologe, ein Pediater, ein Anästhesist. Nun gilt es, von unserer Seite eine begründete Ausnahme, eine motivazione giustificata, zu formulieren, die erklärt, warum diese Regelung für unsere Geburtenabteilungen nicht zutreffen kann.

Es klingt nach dem Versuch der Rettung der Gerichte. Damals wurden auch der Schnee, die Berglage, die Entfernung zu den Zentren als Argumente gegen die Schließung ins Feld geführt. Schlussendlich half alles nichts.
Von außen mag das so aussehen, aber die Qualität der Gespräche ist jetzt eine ganz andere. Man fühlt sich ernst genommen. Es geht um die Sicherheit von Mutter und Kind, und wenn man erklärt, dass die Krankenhäuser bei uns extrem gut funktionieren und dass es einfach schwierig ist, wenn eine Gebärende 80 Kilometer vom Vinschgau nach Meran oder nach Bozen gebracht werden muss, dann stößt das sehr wohl auf Verständnis. Die Entfernung, der Schnee...das können alles Argumente sein, die zählen. Und es ist einfach so: Es hängt davon ab, mit welcher Person man sprechen kann.

Gesprochen wurde auch über die Anerkennung der Facharzttitel, die immer noch in Rom liegt?
Nein, wir haben uns wirklich auf die Geburtenabteilungen konzentriert. Anwesend waren ja der Generaldirektor und zwei MitarbeiterInnen, die für die Facharzttitel-Anerkennung nicht zuständig sind. Die Landesrätin Martha Stocker hat aber sehr wohl das Thema aufs Tapet gebracht und ausgedrückt, dass es eine hohe Dringlichkeit für Südtirol gibt. Dass in diesem Bereich einfach nichts weitergeht, ein untragbarer Zustand ist.

Es geht um die Sicherheit von Mutter und Kind, und wenn man erklärt, dass die Krankenhäuser bei uns extrem gut funktionieren und dass es einfach schwierig ist, wenn eine Gebärende 80 Kilometer vom Vinschgau nach Meran oder nach Bozen gebracht werden muss, dann stößt das sehr wohl auf Verständnis.

Landesrätin Martha Stocker hat es heute, am 23. Oktober, im Rai Morgengespräch erwähnt: „„Schlanders ist in einer anderen Situation“. Das klingt nach einer Rettung für das Vinschger Krankenhaus, und nach einem Todesstoß für Sterzing und Innichen.
Das würde ich so nicht sagen. Für Sterzing kann ein Kriterium das sein, dass sie für die sanfte Geburt bekannt sind, dass sie die Wassergeburt - ja eine internationale Anerkennung - haben. Wenn man mit den Menschen vor Ort spricht, dann hat jeder Argumente für sein Krankenhaus.
Was ich schon sagen will: Es war alles sehr vage bei dem Gespräch gestern. Und es ist auf jeden Fall als vorbereitendes Gespräch zu sehen.

Albin Thöni, ehemaliger Primar am Krankenhaus Sterzing meint: „Vor drei Jahren hat der damalige Landesrat Richard Theiner das untere Limit bereits bei 300 Geburten festgesetzt, deshalb gehört Innichen auf der Stelle zugesperrt.“ 

Die begründete Ausnahme wird jetzt schnell vorbereitet?
Ich nehme an: ja. Aber das liegt im Zeitplan der Gesundheitslandesrätin. Es wird mit dem Ministerium auf jeden Fall weitere Kontakte geben. Wir wissen alle, dass Einsparungen in der Sanität nicht länger warten können. Bis Ende November haben die Bezirke ja Zeit, bei der Landesregierung Vorschläge für eine Reform der Sanität einzureichen. Da wäre es sicherlich gut, wenn sie auch die begründete Ausnahme für ihr Krankenhaus formulierten.

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Willy Pöder Fr., 24.10.2014 - 09:01

Über diesen Artikel stand ursprünglich ein Foto, welches die beiden SVP-Politikerinnen Martha Stocker und Renate Gebhard "lachend" zeigte. Nachdem aber der Artikel "Einschläferung eines Spitals" erschienen war, der die offenbare Stimmungslage der beiden Frauen schon eingangs kritisch hinterfragte, wurde das Foto mit den lachenden Gesichtern von der Redaktion ausgetauscht, "weil unzutreffend", teilte man mir mit. Ergo wurde Martha ins Archiv zurückversetzt und das Antlitz von Frau Gebhard ernsthafter geformt und allein stehend veröffentlicht. Substanziell ändert das an der dezimierenden "Reformation", in der Hoffnung auf eine bessere Wiedergeburt, freilich nichts.

Fr., 24.10.2014 - 09:01 Permalink