Politik | Bozen

Wie geht’s weiter mit der Mehrheit?

Welche Auswirkungen hat die Abstimmung vom Donnerstag Abend auf die Bozner Regierungsmehrheit? Eine Frage, die erst im Herbst geklärt werden dürfte.

Für den Koordinator von Forza Italia Enrico Lillo ist die Sachlage klar. Bozens Bürgermeister hat keine Mehrheit mehr. Deshalb: Spagnolli go home, lautet auf den Punkt gebracht die Rücktrittsforderung, die er am Tag nach der Abstimmung dem Bürgermeister zukommen ließ. Tatsächlich scheint die Annahme, dass sich die Regierungsmehrheit mit einem Nein zum Benko-Projekt halten würden, wohl am gestrigen Abend vor der Augen tausender Zuschauer im Saal des Bozner Gemeinderats zerschlagen zu haben. Denn kurz vor dem überraschenden Abstimmungsergebnis verpasste der Bürgermeister den Grünen gleich eine doppelte Ohrfeige: Zuerst seine Ankündigung für das Projekt zu stimmen – und dann eine offene Kritik in Richtung Fraktionssprecherin Cecilia Stefanelli: „Ich habe kein Vertrauen zu den Grünen, es besteht keine Garantie für eine Zusammenarbeit.“

Ist damit der wacklige Pakt vom 25. Juni, dank dem Spagnolli auf eine Mehrheit von 24 von 45 Stimmen kam, endgültig gescheitert?  Für Cecilia Stefanelli scheint es daran keinen Zweifel zu geben: „Für mich persönlich gibt es keine Voraussetzungen für eine Zusammenarbeit mehr“, erklärte sie noch am Donnerstag Abend. Auch ich habe kein Vertrauen dem Bürgermeister gegenüber, gab sie Spagnolli seine Äußerung in gleicher Münze zurück. Deshalb: „Ich schließe aus, dass ich in die Mehrheit gehe.“ 

Gemäßigtere Töne folgten am Freitag in einer Pressemitteilung der Landesgrünen. Darin wird ausführlich auf den langen Widerstand der Partei gegen das Projekt eingegangen und Freude zum Ausdruck gebracht, dass „in Bozen doch eine breite Front unsere Zweifel teilte“.  Auch hier bekommt Luigi Spagnolli durchaus sein Fett ab.

„Leider führt Gigi Spagnolli seinen eigenartigen politischen Trampelkurs fort und scheint es auf ein definitives Beziehungsende mit den Grünen anzulegen. Das ist schade. Zehn Jahre gemeinsames Regieren in der Landeshauptstadt hätte einen anderen Stil nahe gelegt und es auch dem Bürgermeister selber leichter gemacht, aus dem Schlamassel heraus zu finden. Gestern hat er nur wieder neue Fronten aufgebaut."

Dennoch scheint man in der Partei ebenso wenig Türen zuschlagen zu wollen wie Heinz Peter Hager.  „Wir wollen es uns als Grüne offen lassen, kühlen Kopfes darüber zu diskutieren, wie es in unserer Stadt Bozen weiter gehen soll“,  lautet die wichtigste Botschaft der Grünen. Nach Ferragosto sollen dafür WählerInnen und SympathisantInnen zu einer Stadtversammlung eingeladen werden, um Stimmung und Meinungen zur künftigen Stadtregierung einzuholen. „Falls es eine solche überhaupt geben wird“, wie die Grünen vorsichtshalber ergänzen.

Spagnolli: "Wir werden sehen"

Was aber sagt der Bürgermeister selbst? Ist die Zusammenarbeit mit den Grünen beendet? „Wer weiß, wir werden sehen“, hält sich auch Luigi Spagnolli noch alles offen. Er habe auch anderes zu tun, als nur über Koalitionen nachzudenken, lautete seine flapsige Antwort in den ersten Interviews nach der Abstimmung. „Ich bin im Amt, die Stadtregierung ist im  Amt und die nächste Gemeinderatssitzung wird im September stattfinden.“  Auch am Tag danach steht Spagnolli in jedem Fall voll und ganz hinter seiner Botschaft an die Grünen. „Ich bin nicht zufrieden mit dem, was sie bisher gemacht haben“, sagt er er im Mittagsmagazin von RAI Südtirol. „Und wenn sie mit mir arbeiten wollen, müssen sie sich anders verhalten.“ Zumindest vorübergehend kann er sich auch vorstellen, sich von Abstimmung zu Abstimmung seine Mehrheit zusammenzusuchen.  Doch letztendlich muss sich wohl der gesamte Gemeinderat fragen, ob sich Bozen angesichts der aktuellen Lage  nicht einen Neustart verdient, ließ der Bürgermeister verstehen. 

Man sollte mal diesen dummen Abstimmungsmodus ändern. Wenn ich mich der Stimme enthalte, möchte ich micht der Stimme enthalten und nicht mit NEIN abstimmen. Ansonsten sollte man die Möglichkeit der Enthaltung einfach streichen und ein klares JA oder NEIN verlangen.

Fr., 24.07.2015 - 22:08 Permalink

Ich weiss nicht, wer die Enthaltungen per Gesetz zu Nein-Stimmen gemacht hat! Ob es ein Regional- oder Staatsgesetz war. Eines habe ich aber in 20 Jahren Gemeinderat mitbekommen: es war eine herrliche Methode für SVP-Gemeinderäte, NEIN sagen zu können und doch nicht mit NEIN stimmen zu müssen!! So konnte man der eigenen Fraktion eins auswischen, ohne offiziell GEGEN etwas gestimmt zu haben! Daher gilt in Südtirol : Enthalten heisst NEIN, nur ein bisschen unehrlicher!

Sa., 25.07.2015 - 11:57 Permalink