Kräftemessen mit Martha Stocker
Der Countdown für die kleinen Geburtenstationen im Land hat begonnen. Am kommenden Montag will Gesundheitslandesrätin Martha Stocker dem zweithöchsten Gremium ihrer Partei den überarbeiteten Entwurf für die Sanitätsreform vorstellen. Und wie alle Rückmeldungen aus dem Sanitätsressort der vergangenen Wochen vermuten lassen, dürfte dabei zumindest die Schließung der Geburtenstationen in Innichen und Sterzing bestätigt werden. Denn trotz verschiedener Widersprüche, die in der vergangenen Woche auch von bekannten Juristen wie Ex-Präsident Guido Bruccoleri gekommen sind, bleiben Martha Stocker und ihr Team felsenfest bei der Interpretation: Rechtlich ist eine Weiterführung der Geburtenstationen nur bei mindestens 500 Geburten und einem 24-Stunden-Aktivdienst eines Vierer-Teams aus Gynäkologen, Kinderarzt, Anästhesisten und Hebamme möglich.
Doch nach Arbeitnehmerchef Helmuth Renzler zweifeln dies nun auch die SVP-Vertreter der betroffenen Bezirke offen an. Sie haben für die Parteileitung am Montag Nachmittag einen Antrag eingebracht, in dem die Entsendung einer parteiinternen Delegation nach Rom zur Klärung der Frage gefordert wird. Konkret: Eine Delegation, die von Landeshauptmann Arno Kompatscher angeführt wird, und in der weiters die Bürgermeister von Sterzing, Schlanders und Innichen sowie die SVP-Parlamentarier Albrecht Plangger und Hans Berger vertreten sein sollen.
"Es gibt nur mehr geringes Vertrauen in Stocker"
Ein Manöver, das klar als Kriegserklärung an Martha Stocker verstanden werden kann. Immerhin wird damit ihr Wort offen in Frage gestellt. Und: Statt der Gesundheitslandesrätin soll laut dem Antrag der Bezirksobmänner nun der Landeshauptmann bei der Klärung der Frage das Ruder übernehmen. „Für mich persönlich kann ich sagen, dass es nur mehr geringes Vertrauen in Landesrätin Stocker gibt“, sagt der Wipptaler SVP-Bezirksobmann Karl Polig. „Denn wir glauben, dass es hier sehr wohl Gestaltungspielraum gibt.“
Keine leichte Entscheidung für das Leitungsgremium der Volkspartei also, das heute Nachmittag über den entsprechenden Tagesordnungspunkt abstimmt. Landeshauptmann Arno Kompatscher ließ über RAI Südtirol bereits wissen, dass er hinter Martha Stocker steht. Doch die Bezirke haben bereits in den vergangenen Monaten bewiesen, dass sie auch vor Revolten nicht zurückschrecken. Innichens Bürgermeister Werner Tschurtschenthaler klingt zwar bei weitem nicht mehr so rebellisch, wie in den Zeiten als gar ein Marsch auf Bozen in Aussicht gestellt wurde. Er hofft auf die Aufnahme des Vorschlags, in Innichen ein Frauengesundheitszentrum zu errichten, und spricht von „pro-aktiver Mitarbeit, um dem Krankenhaus endgültig ein klares Profil zu geben“. Dennoch wäre der Innichner Bürgermeister bei einer Rom-Fahrt dabei. „Es ist sicher legitim, wenn man nun noch versucht, auszureizen, was rechtlich möglich ist“, meint er, „die Frage ist nur, ob das politisch gewollt ist oder nicht.“
Und was passiert, wenn nicht? Karl Polig will sich einer solchen Hypothese vorab gar nicht hingeben. „Ich kann mir nicht gut vorstellen, dass die Parteileitung zu einer Abklärung von autonomiepolitischen Befugnissen Nein sagen kann.“
Es glaubt doch niemand
Es glaubt doch niemand ernsthaft, dass die Sanitätsreform, abseits des Präsidialbüros, allein auf Martha Stocker Misthaufen gewachsen sei!? Dem ist ganz bestimmt nicht so. Ein Beispiel: Noch bevor Stocker im vergangenen Herbst mit den aufgebrachten Innichern zusammengetroffen war, hatte der Präsident der Provinz bei einem öffentlichen Auftritt in Toblach die Schließung der Geburtenabteilung am Innigster Krankenhaus angekündigt. Es bestand und besteht diesbezüglich Einvernehmen zwischen Stocker und Kompatscher. Ist auch nicht anders zu erwarten.