Politik | Bozen

Wochenendschau

Die erste Post-Spagnolli-Woche in der Landeshauptstadt lässt sich dynamisch an. Ein Überblick über ein dichtes Wochenende.

Die meisten Wochenenden im Jahr sind weitgehend politfreie Zeitzonen. Abgesehen von Aussendungen unverbesserlicher Vielschreiber wie Heimatbund-Obmann Roland Lang oder dem Bozner Gemeinderat Claudio della Ratta, der einen oder anderen politischen Facebook-Diskussion oder politischen Sonntagsreden auf Euregio-Tagen oder Parteiversammlungen, fährt die Polit-Maschinerie auf Standby herunter. Eine Regel, die am Wochenende nach dem Rücktritt des Bozner Bürgermeisters klarerweise gebrochen wurde. Ein Überblick über einige der spannendsten Neuigkeiten zur politischen Lage in der Landeshauptstadt.

Bressas Handschellen

Die wohl wuchtigste Meldung des Wochenendes wurde Samstag Mittag allen HörerInnen von RAI Südtirol frei Haus geliefert: „Bricht die Südtiroler Volkspartei in Bozen mit dem PD, steht die Autonomie selbst auf dem Spiel“, donnerte da Staatssekretär Gianclaudio Bressa. Eine Reaktion auf die von Stadträtin Judith Kofler Peintner ins Spiel gebrachte Hypothese, dass die SVP sich im nächsten Wahlgang durchaus den Weg der Blockfreiheit überlegen könnte. Nix da, lassen sich die Aussagen des als verlässlicher Südtirol-Freund bekannten PD-Politikers auf den Punkt bringen. „Die SVP hat Alleingänge immer mit politischer Isolation bezahlt“, warnte er unter anderem. Ein Bruch mit dem PD bei den anstehenden Neuwahlen wäre absolut verantwortungslos, so der Staatssekretär. Denn er käme einem Bruch des bestehenden Pakts gleich – womit auch die Vereinbarungen mit der Regierung in Rom sowie die dynamische Entwicklung der Autonomie auf dem Spiel stünden.

Starker Tobak, der nicht unkommentiert blieb. Bozens SVP-Stadtobmann Dieter Steger ließ sich zwar nicht einmal dadurch von seinem Vorhaben abbringen, erst nach dem SVP-Koordinierungsausschuss am Mittwoch an die Öffentlichkeit zu gehen. Dafür schoss der Landesobmann über die Sonntagszeitung Zett zurück. „Warnungen oder Drohungen – gerade zu diesem Zeitpunkt – sind fehl am Platz“, erklärte Philipp Achammer. Auch wenn man mit dem PD aufgrund thematischer Vereinbarungen zusammenarbeite: „Wir haben stets zum Ausdruck gebracht, dass es nicht eine Zusammenarbeit ist, bei der man sich in Handschellen legt.“  Über Wahlstrategien in der Landeshauptstadt zu reden, ist zum derzeitigen Zeitpunkt laut Achammer ohnehin verfrüht. Der SVP-Parteiobmann stellte aber klar, dass das Modell Leifers für ihn in Bozen absolut unvorstellbar sei. Dennoch gefalle ihm die Drohung aus Rom keineswegs: „Denn wir haben immer frei entschieden.“

Nicht entgehen ließ man sich die Steilvorlage aus Rom klarerweise bei den Freiheitlichen: Fraktionssprecher Pius Leitner bezeichnet die Proteste aus der SVP-Zentrale in einer Aussendung als „nicht nur unglaubwürdig, sondern geradezu peinlich.“

„Wovor wir Freiheitlichen stets gewarnt haben, wird nun für alle ersichtlich: Die SVP steckt im Würgegriff des PD, mit dem sie einen politischen Pakt geschlossen hat. Diesen Pakt hat sie seinerzeit als großen Erfolg und als Absicherung für Südtirol verkauft; nun droht er zu einer schweren Hypothek zu werden.“

Wenn SVP-Obmann Achammer und Landeshauptmann Kompatscher der Stadt Bozen und Südtirol insgesamt einen Gefallen tun wollen, sollten sie den Mut aufbringen und diesen Pakt aufkündigen, so Leitner.

Kompatschers Versprechen

Dieser Aufforderung kam der Landeshauptmann wenig überraschend nicht nach. Dafür kündigte Arno Kompatscher eine andere Art eines möglichen Rettungsankers für die verzwickte politische Lage in der Landeshauptstadt an. „Cambieremo la legge elettorale in tempo utile per garantire la governabilità del capoluogo“, verspricht der Landeshauptmann in der Sonntagsausgabe des Corriere dell’Alto Adige.  Ohne neues Gesetz seien Wahlen in Bozen sinnlos, die neue Mehrheit müsse auch regieren können, präzisierte er später am Tag auch gegenüber RAI Südtirol. Deshalb wolle er noch im November mit Unterstützung seines Trentiner Amtskollegen Ugo Rossi ein neues Wahlgesetz im Regionalrat einbringen, das einen Mehrheitsbonus für jene Koalition vorsehen soll, die den Bürgermeister stellt.

Ganz so neu ist dieses Versprechen allerdings nicht. Bereits Ende Juli hatte der zuständige Regionalassessor Sepp Noggler auf salto.bz erklärt, das neue Wahlgesetz spätestens Anfang 2016 im Regionalrat einbringen zu wollen. „Später darf es nicht werden, meinte er damals. „Denn im Trentino wird im Mai schon wieder in all jenen Gemeinden gewählt, die nun fusioniert haben.“

Kandidatenkarusell

Nun wird zusätzlich auch in Bozen gewählt – auch wenn eine der größten ungelösten Fragen derzeit lautet: Wen bitte schön? Das Jobprofil des Bozner Bürgermeisters ist derzeit so wenig reizvoll wie die Liste der papapile verheißend. Wenn der Mann, der Bozen die letzten zehn Jahre regiert hat, dann auch noch publikumswirksam erklärt: "Non lo rifarei, non ne vale la pena“, wird die Sache auch nicht einfacher.

Doch während Wunschkandidaten wie Francesco Palermo oder Alberto Zocchi („non vorrei più vedermi citato a questo proposito“) dankend abwinken, bringen sich zumindest einige andere ins Spiel: Der ehemalige Vize-Bürgermeister Elmar Pichler Rolle, der derzeit als Athesia-Mann die Schnalstaler Gletscherbahn führt, lässt sich von der Verbitterung seines früheren Weggefährten nicht abschrecken – und bezeichnet eine Rückkehr in die Gemeindepolitik als „reizvolle Sache“.  Immer und überall mit dabei auch Elena Artioli:

„C’è un pressing su di me anche dai piani alti di Bolzano e Roma, non solo dai cittadini che mi fermano per strada.“

Allerdings würde sie nur als Bürgermeisterkandidatin zur Verfügung stehen, wenn sie die Garantie hätte, vom PD nicht abgeschossen zu werden. Michaela Biancofiore bringt einmal mehr Franco Frattini ins Spiel. Im PD gilt laut Alto Adige  CNA-Präsident Claudio Corrarati als heißer Tipp. Weitere Namen, die dort gehandelt werden: Mauro Randi, Roberto Bizzo, Paolo Berlanda, Chiara Pasquali, Carlo Bassetti und Barbara Repetto.

Noch gibt es aber in Bozen grundlegendere Fragen zu beantworten. Zum Beispiel: Haben wir am Ende der Woche noch einen operativen Stadt-  und Gemeinderat? Deshalb lassen wir sie erst einmal starten, diese erste Post-Spagnolli-Woche. Langweilig wird sie sicher nicht.