Politik | Bizarr in Bruneck

Südtiroler, frei, heit! Und morgen?

Wer sich über den Autonomiekonvent freut, sollte sich auf einiges gefasst machen.
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.

Ich gebe zu: Ich habe mich auf den Autonomiekonvent gefreut. Auf interessante Debatten über die Zukunft des Landes, auf Fragen, wohin sich die Gesellschaft entwickeln könnte und auf Antworten auf diese Fragen. Oder zumindest ansatzweise.

Da ich beim Konventstermin in Brixen keine Zeit haben werde, habe ich mich gestern auf den Weg nach Bruneck gemacht. In der Röd-Schule angekommen, dachte ich zuerst, am falschen Ort gelandet zu sein: War das ein Treffen der Töldrer Heimatfernen oder die Jahresversammlung der Zimmerhofer-Partisanen?

Als ich das mausgraue Plakat mit dem kleinen A sah, schwante es mir dann: Die nichtlinke Reichshälfte hatte massiv mobilisiert und alles an die Autonomiefront geworfen, was sie aufbieten konnte.

Die Suche nach mir ähnlich Gesinnten wurde erst nach einigem Umherirren zwischen zu allem entschlossenen Autonomie-Entwicklern mit aufgestickten und/oder tätowierten Treueschwüren mit Erfolg gekrönt. Ein kleines Häuflein stand verloren im Foyer und wir harrten der Dinge, die da autonomiemäßig  über uns zusammenschlagen würden.

Es ging los! In der Aula Magna wurden uns die Spielregeln eingeschärft, an die wir uns von 9 bis 16 Uhr zu halten hatten.

Schon vorher hatte ich meine Kandidatur zum Forum der 100 eingereicht. Die 100 sollen ja aus allen Bewerbungen ausgelost werden und sozusagen das Rückgrat der Konventsarbeiten bilden, nur überstrahlt vom Rat der 33, in den die 100 acht Mitglieder entsenden dürfen.

Sagen wir es anders: Ich habe versucht, für das Forum der 100 zu kandidieren. Wahrscheinlich mit wenig Aussicht auf Erfolg. Denn es steht zu befürchten, dass meine Kandidatur aus dem Rennen ist, bevor sie richtig anfängt.

Dazu musste ich ein Formblatt ausfüllen. Namen, Nachnamen, Ort, Geburtsdatum, Emailadresse, Telefonnummer und – die Zugehörigkeit zu einer der drei Sprachgruppen, die so privilegiert sind, unser Ländlein zu bevölkern und es sich untereinander aufzuteilen. Nachdem ich der Meinung bin, dass die Zugehörigkeit zu einer Sprachgruppe im Europa des 21. Jahrhunderts keine Qualifikation für was auch immer sein kann, habe ich daneben notiert, dass ich die Erklärung verweigere, so wie ich das zusammen mit tausenden Südtirolerinnen und Südtirolern auch bei der Volkszählung gemacht hatte. Das wird mir jetzt wohl einen Ausschluss aus den „Papabili“ bescheren. Ich harre der diesbezüglichen Erklärung von Seiten der Konventseltern, die ich angefordert habe.

Zurück auf den harten Boden der Röd-Schule. Von den geschätzten 130 bis 150 Anwesenden kamen gefühlte 120 bis 140 aus dem „Toule“. Sie waren pünktlichst und geschlossen eingerückt und haben den Konvent in Bruneck wohl gerettet. Die Töldra haben sich als verlässliche Stützen der Autonomie erwiesen und gestalten sie nun mit vollem Recht mit, denn im Gegensatz zu den verpennten Rest-Pusterern haben sie die Mühe auf sich genommen, einen Tag lang BürgerInnenbeteiligung gespielt und sich redlich um die Bekehrung der Welt außerhalb ihres „Toules“ zu wahren Autonomiewerten und wirklich wichtigen Zielen für die Südtiroler Politik engagiert.

Dass sie zügig zum Wesentlichen kommen wollten, konnte man schon erkennen, als es um die Themenfindung ging. Wie von der Tarantel gestochen sprangen rund zwei Dutzend TeilnehmerInnen auf und drängten ans Podium. Manche hatten schon Zettel mit, auf denen die Themen standen und dann ging es los: Schon bald füllte sich die Wand von Selbstbestimmung einmal um den kleinen Südtiroler Freiheitsglobus und zurück bis zur Selbstbestimmung. Über allem schwebte ein sehr deutliches „Los von Rom“ und auch die Begnadigung der Südtirol-Attentäter und topaktuelle Themen wie die Einwandererfrage kamen zügig an die Wand. Übrigens brandete bei genau den beiden letztgenannten Themen „spontaner“ Applaus auf.  

Bastion 1 war also genommen. Geschätzte 20 bis 22 von schließlich 28 Themen kamen aus den wohlorganisierten Reihen der nichtlinken Reichshälfte.

Dann ging es ans Debattieren. Waren einige der Themen noch halbwegs neutral formuliert, kamen die forschen Herren und wenigen Damen von Südtiroler Freiheit & Co. ohne viele Umschweife zur Sache. Die Schule sei ein wichtiges Thema, daran dürfe nichts geändert werden, CLIL ist der Untergang der Schule, die Deutschstunden sind auszubauen, Italienisch sei als Fremdsprache zu unterrichten, der Dialekt zu fördern – so die weitaus größte Mehrheit beim Thema „Schutz der deutschen Schule“. Der Themeneinbringer war mit einer Seite DIN A4 an „Fakten“ ausgestattet. Entsprechende und gleich gestaltete Themenzettel habe ich auch bei drei anderen der fünf von mir besuchten Debatten gesehen – auch hier: penible Vorbereitung, kerniger Vortrag. Die Protokollführer waren stets hurtigst ernannt und kaum jemand machte sich die Mühe, zu überprüfen, was diese eifrigen Herren für erhaltenswert für die Nachwelt hielten.

Ich werde mir die Protokolle, die ich nicht alle kontrollieren konnte, auf jeden Fall sehr genau ansehen, wenn sie veröffentlicht werden und behalte mir vor, Änderungen oder Ergänzungen zu verlangen.

Wer sich ein Bild über die aktuelle Hitliste von Rassismus und Sozialneid machen wollte, war in der Gruppe „Einwanderungsproblematik“ gut aufgehoben, wobei zu sagen ist, dass sich in dieser Gruppe einige Gutmenschen – die von den „anderen“ auch gleich als solche identifiziert und attackiert wurden – sich sehr wacker und konsequent geschlagen haben. Trotzdem empfand ich den Gong-Schlag als Befreiung, der das Ende der Debatte festlegte.

Fast irrwitzig gestaltete sich die Debatte in der Gruppe „Wiedervereinigung Tirols“. Da ich vorher beim populistisch ein- und vorgebrachten Thema der „Entmilitarisierung Südtirols“ kurz deponieren musste, dass damit wohl auch die Entmilitarisierung der Gesellschaft und somit auch militärisch organisierter Vereine gemeint sei, stieß ich etwas später zur Wiedervereinigung hinzu. Schon fast mit rührender Naivität wurden dort Milch, Honig und Kubaturerweiterung herbeigeträumt, die sich mit der Wiedervereinigung des historischen Tirols über das Land ergießen würden. Immer wieder auch das Schlagwort der Tiroler Identität, was mich zur Bitte veranlasste, der Einbringer möge die drei wichtigsten Bestandteile der Tiroler Identität zusammenfassen, um die Tirolität oder Nichttirolität eines Menschen messen zu können. Dem Wunsch wurde entsprochen und seither weiß ich das erstens der katholische Glaube, zweitens der Schutz der Umwelt und die Bewahrung des Gewachsenen und drittens die Liebe zu den Menschen einen Tiroler, eine Tirolerin ausmachen. Die Frage, ob ein Bayer oder ein Kalabrese, der diese Kriterien erfülle, somit auch ein Tiroler werden könne, wurde zuerst bejaht, dann nach einigen Blicken aus und in die überschaubar große Gruppe relativiert und dann wurde schleunigst das Thema gewechselt.

Ich hatte es auch geschafft, zwei Themen einzubringen. Einmal ging es mir darum, zu debattieren, wie man es schaffen könne, den im Autonomiestatut dominanten Aspekt der Trennung zu Gunsten einer inklusionsbereiten und offenen Gesellschaft zu verändern. Die Gruppe war gut besucht, die Beiträge durch die Bank eindeutig, von ganz wenigen etwas nachdenklicheren Wortmeldungen einmal abgesehen. Die Autonomie sei für eine bedrohte Minderheit gemacht, der „walsche Stoot“ arbeite weiter an der Auslöschung der deutschen Kultur der österreichischen Minderheit in Südtirol, eine offene Gesellschaft könnten wir uns nur in einem Freistaat leisten, wenn „WIU“ da Sagen haben, es sei bedauerlich, dass Südtiroler den Untergang „unserer“ Kultur tatkräftig fördern – so blies es aus dem einseitigen Teilnehmerforum heraus.

Auch bei meinem zweiten Thema ging’s nicht anders. Da hatte ich die Frage aufgeworfen, ob es eine kollektive Selbstbestimmung brauche, wenn der individuelle Freiheitsrahmen einen sehr hohen Spielraum für die individuelle Selbstbestimmung bietet. Das einzige was uns retten können, sei in dieser bedrohlichen Phase engagiertes Zusammenhalten, der Staat plündere uns aus und gehe in absehbarer Zeit sowieso vor die Hunde, die Heimat ist bedroht, los von Rom bevor alles zu spät ist und auch hier wieder: Wenn wir einen Freistaat haben, dann schon, dann könne der Lobis seine Meinung frei vertreten und eine wirklich freie und pluralistische Gesellschaft entstehen – wenn „WIU“ bestimmen dürfen, wo’s lang geht.

Mein Fazit nach dem tiefen Eintauchen in die Jahresversammlung der Südtiroler Freiheit? Zum ersten war es ein sehr anstrengender Tag, bei dem man sich allerdings fair zugehört hat. Die politische Majorisierung der Veranstaltung war vielleicht unangenehm, aber es ist den anwesenden konservativen Selbstbestimmungsapologeten und Untergangspropheten hoch anzurechnen, dass sie die Bedeutung des demokratischen Konventsprozesses erkannt und sich engagiert eingebracht haben. Das Fehlen der politischen Mitte und des fortschrittlichen Teils der Pusterer Gesellschaft ist eine peinliche Geringschätzung von Partizipation und Demokratie, die ein sehr schlechtes Licht auf die Südtiroler Gesellschaft wirft.

Und noch eine Erkenntnis habe ich aus Bruneck mitgenommen: Drei oder vier der Anwesenden, die ziemlich konservative und von mir nicht geteilte Positionen engagiert und fundiert vertraten, könnten zu meinen Freunden werden, trotz ihrer Positionen. Und das ist für mich eine sehr positive Erkenntnis, für die ich dem Autonomiekonvent dankbar bin.

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Sigmund Kripp So., 31.01.2016 - 13:06

Man kann vielleicht die Gedanken und Vorstellungen der Töldra belächeln oder auch ablehnen - aber: sie waren DA! Wer zuhause bleibt, darf sich nachher nicht beklagen. Das ist schon bei Wahlen so und erst recht bei einer solchen - für Südtirol doch einmaligen - Gelegenheit! Aber jahrzehntelange Bevormundung der SüdtirolerInnen durch SVP + Dolomiten tragen eben ihre Früchte....

So., 31.01.2016 - 13:06 Permalink
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gorgias So., 31.01.2016 - 14:38

Man kann hier nur die schlechte Vorbereitung der breiten Gesellschaft durch die Organisatoren des Konvents anprangern. Wenn vorwiegend eine Gruppe von Personen kommt, die durch Gesingungsorganisationen mobilisiert wurde, hat man hier eindeutig etwas verabsäumt.
Es sollte, wenn schon der einzelne Bürger die Motivation finden an dieser Veranstaltung teilzunehmen und dafür braucht es auch eine mehrmonatige breit angelegte Informationkampagne. Diese fahlen asch-grauen Plakatfarben haben anscheinend nicht dazu beigetragen.

Weiter verstehe ich nicht, wie im Rahmen des Autonomiekonvents gewisse Themen besprochen werden können. Dann kann man gleich auch darüber diskutieren, ob aus Südtirol nicht eine konstitutionenelle Monarchie werden sollte.

So., 31.01.2016 - 14:38 Permalink
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Sigmund Kripp So., 31.01.2016 - 16:48

Antwort auf von Dr. Streiter

ich denke, es zeugt von wenig Kenntnis europäischer Monarchien, wenn man sie nur mit Steuerhinterziehung in Verbindung bringt. Immerhin gelten Schweden, Norwegen, Dänemark, aber selbst Holland als Statten, die oft wegen ihrer vorbildlichen Staatsorganisation genannt werden. Selbst in Belgien oder GB hat der/die Monarch/in immer noch eine nicht zu unterschätzende Rolle in Bezug auf die positive Identifizierung der Einwohner mit ihrem Staat. Und Südtirol hat in 25 Jahren Durnwalder gezeigt, dass es nach einem Monarchen lechtzt! Der Fehler war nur, dass die monarchische Selbstanmaßung Durnwalders (die willfährig von den 6-Uhr-Bettlern mitgetragen worden ist) auf keinem legistischen Fundament stand. Dem könnte - auch durch den Konvent - abgeholfen werden. Lesen Sie zur Weiterbildung die liechtensteinische Verfassung, dann können wir weiter reden.

So., 31.01.2016 - 16:48 Permalink
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Dr. Streiter So., 31.01.2016 - 17:44

Antwort auf von Sigmund Kripp

Es liegt sicher in ihrem Interesse einen Kausalzusammenhang zwischen Konstitutioneller Monarchie und Wohlfahrt eines Staates herzustellen. Leider ist das schwierig zu beweisen und man kann auch gut andere Erklärungsmodelle finden: alle romanisch geprägten Staaten performen schwach und alle germanisch geprägten performen gut. Ich könnte somit genauso behaupten es ist diese eine Kulturfrage und die Representationsmonarchie hat wenig Einfluss. Wird so auch oft behauptet, finde ich aber zu einfach. Das Südtirol nach einen Monarchen lechtzt ist eine widerliche Behauptung. Auch fragt man sich ob zuerst die Henne oder das Ei da war. Hat Durnwalder die Menschen zu Bittstellern erzogen oder wartete das Volk nur auf den "Monarchen"? Ich kann mir leider ersteres sehr gut vorstellen.

Ich habe ihren Rat mich mit der liechtensteinerschen Verfassun gzu befassen ernst genommen, und finde gleich eine klägliche Posse des Potentaten:

Eine deutliche Verschiebung des Gleichgewichts zwischen Fürst und Volk zugunsten des Fürsten stellt die Verfassungsnovelle von 2003 dar. Die Bevölkerung hatte dem Verfassungsentwurf mit 64,3 % zugestimmt, nachdem Hans-Adam II. erklärt hatte, er werde das Land im Falle einer Ablehnung verlassen.
Der Landesfürst kann seither den Landtag jederzeit „aus erheblichen Gründen“ auflösen und mittels Notverordnungen selbst regieren. Zudem kann er einseitig, d.h. ohne die Zustimmung des Parlaments und ohne Angabe von Gründen, die Regierung entlassen. Sämtliche Richter werden aufgrund der Novelle 2003 von einem Richterauswahlgremium dem Parlament zur Wahl vorgeschlagen. In diesem Gremium hat der Fürst ein Vetorecht, sodass er entscheidenden Einfluss auf die Frage der Richterbestellung hat. Dem Volk steht seit 2003 umgekehrt das Recht zu, dem Fürsten das Misstrauen auszusprechen und diesen abzusetzen.
Die Verfassungsänderung wurde sowohl national als auch international teilweise scharf kritisiert. Der Europarat war der Meinung, die Demokratie in Liechtenstein sei durch die fürstliche Vormachtstellung gefährdet.

https://de.wikipedia.org/wiki/Verfassung_des_F%C3%BCrstentums_Liechtens…

So., 31.01.2016 - 17:44 Permalink
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Ferruccio Cumer So., 31.01.2016 - 18:29

Interessante lo scambio d'idee su meriti e demeriti delle varie monarchie europee e sulla monarchia in generale, ma non è leggermente OT?

So., 31.01.2016 - 18:29 Permalink
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Dr. Streiter So., 31.01.2016 - 19:55

Antwort auf von Sigmund Kripp

Eure Hoheit, Sigismund der Münzreiche, König von Südtirol, Herzog von Ober und Untervinschgau, Graf von Partschins, Freiherr von Jenesien, Kaiser von Kaiserau, selbstverständlich wird Eurer Majestät die kaiserlich königliche Krone vorzüglich zu Gesichte stehen! Erlaube mir in Meran einen Entwurf zu präsentieren.

So., 31.01.2016 - 19:55 Permalink
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Markus Lobis So., 31.01.2016 - 19:17

Am nächsten Samstag macht der Autonomiekonvent in Meran Halt. Bin gespannt, ob dann das Thema "Einführung der Monarchie" an der großen Wand auftaucht...

So., 31.01.2016 - 19:17 Permalink
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Robert Tam... So., 31.01.2016 - 23:44

Ich fand Susanne Pitros Artikel "Ideensammlung mit Rechtsdrall" letzte Woche schon schlecht. Markus Lobis’ Beitrag unterbietet das bisherige Niveau deutlich.

Als ich Lobis‘ Zeilen las, fragte ich mich sofort: wie ernst kann es dieser ehemalige Politiker aus dem grünen Dunstkreis gemeint haben, als er schrieb, er freue sich "auf interessante Debatten"?
Wohl nicht so ernst, wenn er seine Diskussionspartner nach oberflächlichen Kriterien so arrogant beurteilt. Was für Vorurteile muss der Mann haben, wenn er den Pejorativ "Töldrer" in den Mund nimmt?
Was hätte er geschrieben, wenn ein pakistanischstämmiger Zuwanderer dabeigewesen wäre? "Ziegenhirte aus Belutschistan"? Bei einem italienischen Bozner etwa "Shanghai-Ziagl"?
Und was bei einem Schwarzafrikaner? Doch bitteschön nicht das N-Wort!!!

Blöd, wenn zu einer offenen Veranstaltung Menschen kommen, die Herrn Lobis nicht in den Kram passen – aus dem "Toule", wie er mehrmals spöttisch schreibt.
Zum Beispiel waren angeblich "Zimmerhofer-Partisanen" da. Warum konnte Herr Lobis – um einmal seine Sprache zu nutzen – nicht seine "Foppa-Talibans" mitnehmen?

"Die nichtlinke Reichshälfte hatte massiv mobilisiert und alles an die Autonomiefront geworfen, was sie aufbieten konnte." schreibt Lobis.
Die GVA (Grüne Volksarmee) hingegen konnte keine wehrhaften Leute zwischen 18 und 50 Jahren zusammenkratzen und musste deshalb den Volkssturm an die Autonomiefront werfen – so kam Herr Lobis zum Handkuss. Das letzte grüne Aufgebot eben.

Unfreiwillig witzig wird Herr Lobis aber, wenn er behauptet, es seien 28 Themen zur Diskussion gestanden. Im Foto erkennt man aber, dass es 35 waren.
Herr Lobis, aufgepasst: Sieben mal fünf ist 35, nicht 28. Vielleicht sollten sie mal ins "Toule" fahren und bei den "Töldrern" Mathematiknachhilfe nehmen.

Das Brixner Mathematikgenie sinniert abschließend über das angebliche Fehlen des fortschrittlichen Teils der Pusterer Gesellschaft. Es ist ihm noch nicht aufgefallen, dass ausgerechnet er zum altbackenen Teil der Gesellschaft gehört, der sich gegen eine grundlegende Änderung sträubt.

So., 31.01.2016 - 23:44 Permalink
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Joe Meola Mo., 01.02.2016 - 09:21

Antwort auf von Robert Tam...

Habe mich auch zum Forum der 100 angemeldet, wurde da aber im Gegensatz zu Lobis nirgends nach meiner Sprachgruppe gefragt.
Im übrigen (versuchen) auch Lobis Gesinnungsgenossen massiv zu mobilisieren, nur scheinen die Salonsozialisten lieber zuhause am warmen Kamin zu bleiben, als sich auf Debatten mit Menschen mit anderen Meinungen einzulassen...

Mo., 01.02.2016 - 09:21 Permalink
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gorgias Mo., 01.02.2016 - 11:52

Antwort auf von Joe Meola

Ich sehe das Problem hauptsächlich darin das Teilnehmer nicht als Individuen dort sind um mit anderen offen zu diskutieren, sondern als Gruppe mit einem Korpsgeist eine Position verteidigen und Diskussionen dominieren. Welche Interessengruppe da mehr Erfolg bei der Mobilisierung hat, ist da zweitrangig.
Ich werfe da einzelne Gruppierungen auch nicht vor dass, sie erfolgreich sind, sondern den Veranstaltern die es nicht geschafft haben die breite Bevölkerung zu erreichen und so ein natürliches Gegengewicht zu schaffen.
Was man aber schon kritisieren kann ist welche Themen da teilweise aufkommen,die auf einem Autonomiekonvent zum Anlass das Gesetz des Autonomiestatut zu ändern, vollkommen deplatziert sind.
So wie ich bei dieser Gelegenheit keine Lust habe über die Kollektivierung der Produktionsmittel zu diskutieren, kann ich getrost auch auf andere Abstrusitäten verzichten.

Mo., 01.02.2016 - 11:52 Permalink
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Harry Dierstein Mo., 01.02.2016 - 10:14

Ich muss Markus Lobis sehr in Schutz nehmen und kann mich nur allzu gut in ihn hineinversetzen!

Das Geschäftsmodell von SF, FH und BU besteht ja im Kern darin, dem (Süd-) Tiroler seine vorgefasste Meinung zu bestätigen, dass er qua Geburt die Krone der Schöpfung darstellt und darüber hinaus auch noch am Nabel der Welt wohnen darf.

Es gibt ja nicht wenige Einheimische, die das gerne hören und dementsprechend leicht zu mobilisieren sind. (Umso anstrengender ist es, GEGEN solch eine identitäre Einstellung zu argumentieren bzw. das Sakrileg zu begehen, einmal zu hinterfragen, ob denn „Rom“ bzw. der „walsche Stoot“ wirklich an allen Missständen hier in der Provinz Schuld sind?)

Eine solche Diskussion kann nicht nur anstrengend sein, eine solche Diskussion kann auch völlig zermürben. Insofern ist es nur verständlich und sogar plausibel, wenn der fortschrittliche Teil der Bevölkerung sich diese sinnlose Energieverschwendung gar nicht erst antut. (Aus dem gleichen Grund sagen derzeit übrigens Politiker aus der Mitte des demokratischen Spektrums Fernsehtermine mit Frauke Petry ab. Der Vergleich hinkt, ich weiß. Aber auch sie wissen, dass es nur Zeit und Geld kostet und es die Sache überhaupt nicht weiterbringt.)

Markus Lobis hat insgeheim natürlich geahnt, was ihn in Bruneck erwartet und ist aber TROTZDEM hingefahren, was ihm wirklich hoch anzurechnen ist. Sein Bericht ist verständlicherweise sehr sarkastisch verfasst und hat möglicherweise auch eine therapeutische Wirkung für ihn, weil er ihm als Ventilfunktion dient. Ich habe seine Lektüre jedenfalls sehr genossen und musste mehrfach laut lachen.

Lobis‘ Gesinnungsgenossen sind übrigens mitnichten nur bequeme Salonsozialisten bzw. altbackener Teil der Gesellschaft, sondern es ist ihnen schlicht und ergreifend zu dämlich, sich mit Talbewohnern auseinanderzusetzen, die nicht nur Italienisch zur Fremdsprache degradieren, sondern eigentlich auch Deutsch.

Mo., 01.02.2016 - 10:14 Permalink
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Harry Dierstein Mo., 01.02.2016 - 18:05

Antwort auf von Robert Tam...

Ach Gott, halb so wild, Hr. Tamanini. :-)
Ich komme ja aus Bayern, wo "Demokratie" ziemlich ähnlich funktioniert wie in Südtirol. Dort bestellt man die Landbevölkerung in alkoholgeschwängerte Bierzelte und erzählt ihnen dann, dass sie die absolut Größten sind. (Das reicht der dortigen CSU in manchen Jahren sogar für eine Zweidrittelmehrheit.)
In den Städten hingegen, wie z. B. Nürnberg oder München, kommt man mit völkischer Arroganz natürlich nicht sehr weit, denn dort interessieren sich die Bürger nämlich erheblich mehr für Politik.

Mo., 01.02.2016 - 18:05 Permalink
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Profil für Benutzer Robert Tam...
Robert Tam... Mo., 01.02.2016 - 18:30

Antwort auf von Harry Dierstein

Tut mir leid Herr Dierstein, ich kann Ihrer politischen Analyse nicht so recht glauben. Wer so arrogant schreibt, dass es ihm schlicht und ergreifend zu dämlich sei, sich mit Talbewohnern auseinanderzusetzen, dem fehlt neben den einfachsten Manieren das einfachste Demokratieverständnis.

Was für einen Aufschrei würde es (zu Recht!) geben, wenn ein führender CSUler die fehlenden Wahlerfolge in gewissen Großstadtvierteln (z. B. in Nürnberg oder München) damit erklären würde, dass es der CSU schlicht und ergreifend zu dämlich sei, sich in Stadtvierteln mit viel Zuwanderern an Wahlkampfveranstaltungen zu beteiligen, in denen die Bewohner mit Migrationshintergrund Deutsch zur Fremdsprache degradieren?

Mo., 01.02.2016 - 18:30 Permalink
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Harald Knoflach Mo., 01.02.2016 - 18:50

Antwort auf von Harry Dierstein

genau so ist es. landbevölkerung = rückwärtsgewandt, konservativ, politisch uninteressiert und ein bissi dämlich. stadtbevölkerung = progressiv, liberal, politisch interessiert und alles-checker. wo bitte lebst du? guter rat von mir - wage einmal einen schritt hinaus aus südtirol und bayern und du wirst erkennen, dass sich obige attribute quer durch alle bevölkerungen dieser welt ziehen und sich nicht notwendigerweise an die wohnumgebung koppeln lassen. ich denke, schwarz-weiß-denken sollten wir der pegida überlassen. wenn du aber auf deiner schwarz-weiß-welt bestehst, dann hab ich noch einen: provinz ist dort, wo provinzler provinzler provinzler schimpfen.

Mo., 01.02.2016 - 18:50 Permalink
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Markus Lobis Mo., 01.02.2016 - 11:00

Ich bin immer wieder bass erstaunt, zu welchen Assoziationen einige Begriffe in den Hirnen wackerer Recken aus der nichtlinken Reichshäfte führen, wenn sie im Land an der Etsch ins Feld geführt werden, unabhängig davon in welchem Zusammenhang. Südtirol ist nicht nur das Land, in dem - wenn wir mal von Rom weg sind, einen Flughafen, den BBT, hohe Apfelpreise, verschwendungssüchtige Gäste und ausreichenden Zusammenhalt haben - Milch, Honig und Kubaturerweiterung fließen werden, sondern auch das Paradies für Pavlov-Apologeten.

Man braucht nur das Wort Selbstbestimmung in den Mund nehmen und nicht zu den systematisch erfassten und organisierten Tirolibans zu gehören und schon startet in den Untiefen der nichtlinken Reichshälfte die Mission "Gib ihm"!

Dieser Pavlovsche Beißreflex ist einfach nur primitiv und ich gehe auch nicht näher auf die standardmäßig heruntergeleierten Beschimpfungen und Unterstellung des Herrn Tam ein, von dem ich übrigens gern wüsste, wie er wirklich heißt.

Ich lade nur alle ein, meinen Text aufmerksam zu lesen, bevor sie in der durchaus ehrenhaften Absicht, die Hoamet zu retten, loskoldern.

Ich habe keinen Zweifel daran gelassen, dass alle, die am Konvent teilgenommen haben, dies natürlich mit vollem Recht getan haben. Die Bezeichnung Tölderer hat absolut nichts abwertendes, so wie es Kalterer, Meraner oder Eisacktaler gibt, gibt es auch Tölderer. Und auch das "Toule" ist einfach nur das Toule.

Die Gespräche und Debatten beim Konvent waren - mit wenigen Ausreißern - fair und korrekt und wir haben uns respektvoll zugehört. Dass das Forum sehr einseitig zusammengesetzt war, war offensichtlich, aber der moderate und progressive Teil der Pusterer Gesellschaft hat die nichtlinke Reichshälfte durch Abwesenheit delegiert, den Konvent zur partriotischen Spielwiese umzufunktionieren.

Und jetzt können wir wieder weiterdebattieren.

Mo., 01.02.2016 - 11:00 Permalink
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Harald Knoflach Mo., 01.02.2016 - 14:43

Antwort auf von Markus Lobis

Willkommen im Club, Markus.
Ich kann dich sehr gut verstehen. Den Beißreflex hab ich in den vergangenen Jahren nur zu gut kennengelernt. Nur halt bei Menschen, der nichtrechten Reichshälfte (der ich mich auch zugehörig fühle) wenn man das Wort Selbstbestimmung in den Mund nimmt. Denn dann ist man - ohne dass auf Argumente eingegangen wird - vom Nazi abwärts so ziemlich alles. Auch wenn man mit Volk, Blut und Boden nichts am Hut hat.
Umso schader finde ich es trotzdem, dass eben Menschen, die sich nicht in Blut und Boden wälzen wollen, beim Konvent durch Abwesenheit glänzen. Diersteins Argumentation, sich das nicht antun zu wollen ist haarsträubend, herablassend und demokratieunwürdig.

Mo., 01.02.2016 - 14:43 Permalink
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Markus Lobis Mo., 01.02.2016 - 14:51

Antwort auf von Harald Knoflach

Ich bin dafür, dass es möglich sein muss, auch die Selbsbestimmung zu fordern und diese evtl. am Ende eines entsprechenden Prozesses auch auszuüben. Ich bin nur schockiert darüber, welch naives Traumvorstellungen als Haupttriebkräfte dargestellt werden und wie wenig Ahnung die feurigsten Proponenten von einem Verfassungsprozess haben, bzw. wie unfundiert entsprechende Modelle aus der nichtlinken Reichshälfte sind. Es wäre nahezu verwegen, auf dieser Grundlage einen Abstimmungsprozess in Gang zu bringen.

Was nicht außer Acht gelassen werden darf, ist auch der Umstand, dass eine Abstimmung einer solchen Tragweite wohl einem der unseligsten Abschnitte der (sehr) kurzen Südtiroler Geschichte gleich kommen würde: Wir hätten nichts geringeres als eine neue Option mit allem Drum und Dran.

Mo., 01.02.2016 - 14:51 Permalink
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Harald Knoflach Mo., 01.02.2016 - 17:20

Antwort auf von Markus Lobis

jetzt hätte ich dir fast schon zugestimmt zu deinem kommentar. denn genau deswegen bräuchte es ja einen fundierten prozess, mit einer befruchtenden dialektik anstatt der derzeitigen gesprächsverweigerung (beißreflex). wie gesagt, fast hätte ich dir zugestimmt. doch dann hast du den letzten satz geschrieben. "nichts geringeres als eine option mit allem drum und dran"? geht's dir noch gut? du vergleichst allen ernstes eine basisdemokratische abstimmung in einem demokratischen europäischen land mit dem perversen machtspiel zweier nazi-faschistischer diktatoren während des zweiten weltkriegs, das menschen gezwungen hat, entweder ihre heimat oder ihre sprache/kultur aufzugeben?
eine sagenhafte verharmlosung ist das.
aber wenn du willst, erklär ich dir kurz den unterschied zwischen der sog. option und einer etwaigen abstimmung über den zukünftigen institutionellen rahmen südtirols.
- bei der option gab es nur verlierer. man musste zwischen zwei übeln wählen. bei einer abstimmung über die zukunft südtirols würde man zwischen zwei positiven modellen (viel unabhängigkeit oder sehr viel unabhängigkeit) entscheiden.
- egal wie eine etwaige abstimmung ausgeht - niemand müsste südtirol verlassen oder irgend eine änderung seines lebensstiles vornehmen
- bei der option musste das familienoberhaupt für die ganze familie entscheiden. bei einer demokratischen abstimmung hat jeder entscheidungsfreiheit
- die option zeriss die südtiroler bevölkerung - quer durch dorfgemeinschaften - physisch. eine abstimmung über den institutionellen rahmen würde dies nicht tun
- es gäbe keine dableiber oder optanten, denn alle würden weiterleben wie bisher. im falle einer unabhängigkeit halt mit einem größeren regionalen entscheidungsspielraum.
- bei der option musste man sich öffentlich deklarieren. zumindest wurde klar, wer geht und wer bleibt. bei einer demokratischen abstimmung gilt der grundsatz der demokratischen wahl - sie ist frei, gleich, geheim und unmittelbar. niemand müsste seine entscheidung öffentlich machen, der das nicht wollte. wie das ja jetzt auch bei wahlen der fall ist.

zu guter letzt frage ich mich, warum die staatliche zugehörigkeit mehr "tragweite" hat, als zum beispiel eine abstimmung für oder wider die atomkraft. das mit der staatlichen zugehörigkeit sollten wir doch im europa von heute etwas entspannter sehen. wenn die katalanen friedlich und demokratisch ausdrücken wollen, dass sie ein eigenes gemeinwesen losgelöst von spanien haben wollen, dann sollen sie das doch bitte tun dürfen. wo ist das problem? der einzige, der ein problem mit einem zugehörigkeitswechsel hat ist der nationalist. und auf den möchte ich jetzt primär nicht rücksicht nehmen wollen. für mich hat eine abstimmung über den ausstieg aus der atomkraft größere tragweite als eine über die staatliche zugehörigkeit. bei einer abstimmung über die atomkraft würde ich aber nicht von option sprechen wollen. und bei einer über die zukünftige verwaltungsform südtirols ebenfalls nicht. wer da von option spricht hat wahrlich die "tragweite" der option nicht kapiert.

Mo., 01.02.2016 - 17:20 Permalink
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Markus Lobis Mo., 01.02.2016 - 21:44

Antwort auf von Harald Knoflach

Ja, ich stimme zu, dass der Vergleich mit der Option 39 der Zuspitzung geschuldet ist und eigentlich so nicht stehen bleiben kann. Ich nehme ihn in dieser Schärfe zurück und stelle die Frage, ob es nicht zu einer "neuen Option" kommen könnte. Die natürlich nicht so dramatisch ist, wie die von 39, in ihren Auswirkungen auf die Gesellschaft und deren Entwicklung aber ähnliche Folgen haben könnte.

Mo., 01.02.2016 - 21:44 Permalink
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Profil für Benutzer Harald Knoflach
Harald Knoflach Mo., 01.02.2016 - 22:54

Antwort auf von Markus Lobis

ich glaube an keine so dramatischen auswirkungen auf die gesellschaft. die möglichkeit einer demokratischen abstimmung im europa von heute sollte einfach nur normalität sein und nicht etwas, wovor man sich fürchten müsste. als aufrechte demokraten würden wir das ergebnis einfach anerkennen. wie wir das bei jeder wahl (und war sie für einen persönlich auch noch so bitter) seit dem weltkrieg getan haben. wir sind zudem in sachen politischer und gesellschaftlicher situation so weit von 1939 entfernt (halb europa diktatorisch regiert und im weltkrieg), dass ich da nicht den geringsten zusammenhang zur option erkennen kann.
auch befremdet mich dein konservatismus einigermaßen. warum misst du dem status quo bzw. dem unbehagen derer, die sich vor einer veränderung fürchten einen höheren stellenwert bei als jenen, die ein unbehagen mit dem status quo empfinden und diesen verändern möchten?
ist die gefahr eines "auseinanderdriftens" der gesellschaft bei verweigerung einer demokratischen abstimmung nicht mindestestens so groß oder gar größer, wie wenn eben demokratisch entschieden würde, wohin wir alle in diesem land uns bewegen möchten?
für einen aus der nicht-rechten reichshälfte ist das für mich zumindest ein recht widersprüchliches demokratieverständnis und eine eigenartige "links-progressive" positionierung.

Mo., 01.02.2016 - 22:54 Permalink
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Profil für Benutzer Christian Mair
Christian Mair Mo., 01.02.2016 - 23:55

Antwort auf von Harald Knoflach

Ich verwehre mich dagegen, dass eine Ablehnung der Selbstbestimmung als Konservatismus gestempelt wird. Es existieren sehr wohl progressive Ansätze, die einen Selbstbestimmungsprozess als obsolet betrachten. Genau zu diesem thema und der Lösung der Kurdenfrage mit autonomen nichtstaatlichen Ansätzen findet derzeit ein Gipfel an der Universität Utrecht statt:
https://vimeo.com/138773255 #statelessdemocracy #Rojava

Mo., 01.02.2016 - 23:55 Permalink
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Markus Lobis Di., 02.02.2016 - 09:49

Antwort auf von Christian Mair

Sehe es auch so. Würde nur den Begriff etwas präzisieren: Hier geht es um das Recht der kollektiven Selbstbestimmung einzelner Völker. Wer genau Subjekt dieses Prozesses sein kann, wäre auch noch zu klären und gerade im Fall von Südtirol ist das gar nicht so eindeutig.

Gedanklich setze ich der vermeintlichen Notwendigkeit zum kollektiven Handeln in einer weitgehend konstruierten Notlage die Möglichkeiten der individuellen Selbstbestimmung entgegen.

Di., 02.02.2016 - 09:49 Permalink
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Harald Knoflach Di., 02.02.2016 - 11:36

Antwort auf von Markus Lobis

ich finde es anachronistisch, sich im 21. jahrhundert auf ein recht von zu beginn des 20. jahrhunderts zu berufen. wir müssen solche prozesse territorial (willensgemeinschaft) und nicht völkisch verstehen. sich auf das selbstbestimmungsrecht der völker zu berufen ist eine nationalistische sackgasse. es geht um die ermächtigung des demos - nicht des ethnos. siehe skolast ausgabe 2013-1 auf seite 52: http://issuu.com/sh.asus/docs/2013-1/1?e=5517113%2F5936651
das einmal zum einen.
zum anderen: individuelle und kollektive selbstbestimmung sind keine gegensätze - vielmehr bedingen sie einander. pervasion hat das einmal sehr schön formuliert: "In einer Demokratie kann die individuelle Selbstbestimmung nur selbstbewusste, eigenständig denkende und mit allen demokratischen Rechten ausgestattete Bürger hervorbringen, die als Voraussetzung für die kollektive Selbstbestimmung gelten. Wenn eine breite Mehrheit selbstbestimmter Individuen in einem Gebiet die territoriale Selbstverwaltung wünscht, wird ihnen in einer Demokratie über kurz oder lang niemand verbieten können, dies mittels eines basisdemokratischen Entscheids umzusetzen. Alles andere hätte — über die Einschränkung der kollektiven Selbstbestimmung — auch die Einschränkung der individuellen Selbstbestimmung zur Folge."

Di., 02.02.2016 - 11:36 Permalink
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Alfonse Zanardi Di., 02.02.2016 - 11:58

Antwort auf von Harald Knoflach

Ich würde mich erst an eine kollektive Selbstbestimmung "wenden" wenn meine individuelle in irgendeiner Weise eingeschränkt wäre. Dafür sehe ich aktuell keinerlei Anzeichen (vermutlich aber hypothetisch in den 1920er Jahren).
Wenn ich mich einem geistig definiertem Kollektiv mitteleuropäisch-österreichischer Prägung zugehörig fühle und das ausleben kann sind meine Bedürfnisse in dieser Richtung erfüllt. Dass ich einen italienischen Pass habe und mich auch in Mailand oder Syrakus problemlos bewegen kann sehe ich im Sinne des "sowohl als auch" als reine Bereicherung.

Umgekehrt darf man wohl die Frage aufwerfen wie zeitgemäss die Bindung der Selbstbestimmung an den Boden ist. Wir leben im Zeitalter der Information, Zugang geht vor Besitz, Wissen vor Materie, da kann ich überall Tiroler sein – wenn schon.

Di., 02.02.2016 - 11:58 Permalink
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Harald Knoflach Di., 02.02.2016 - 14:17

Antwort auf von Alfonse Zanardi

ich glaube nicht, dass man das trennen kann. zumindest nicht, wenn man kein 100%iger egoist ist. und auch dann bräuchte es ein gemeinwesen (sprich ein kollektiv), das den rahmen für meine individuellen freiheitsrechte absteckt.
wenn dann selbstbestimmte individuen entscheiden, sich auf freiwilliger basis kollektiv so zu organisieren, wie sie das wünschen, dann ist das für mich demokratie und zivilisation.
niemand sagt, dass es uns schlecht geht und man kann sich in südtirol weitgehend entfalten. gleichzeitig ist das kein hindernis, weitere verbesserung zu suchen und zu glauben, dass ein anderer rahmen diese bringen könnte.
angenommen du wärst homosexuell. dann ist deine individuelle selbstbestimmung in italien mehr eingeschränkt als in den meisten anderen eu-staaten. da die akzeptanz und toleranz für homosexualität in südtirol die höchste im regionenvergleich ist und weit vor dem italienischen durchschnitt liegt (über 90 % in südtirol/trentino und nur 75 % in ganz italien laut einer studie des community media research centers and der universität padua unter der leitung von daniele marini), wäre meines erachtens auch die chance höher, dass es eine entsprechende gesetzgebung hierzulande gäbe (hätten wir die entsprechende zuständigkeit), die der sexuellen selbstbestimmung besser gerecht wird. nur so als beispiel.
ad bindung der selbstbestimmung an den boden: das klingt natürlich sehr schön, was du da schreibst. aber im sinne der effizienz, subsidiarität und regionaler kreisläufe - wie sonst soll das gemeinwesen organisiert sein, wenn nicht mittels überschaubarer stimmiger geographischer einheiten?
p.s.: ist ein italienischer pass voraussetzung, sich in milano oder saraùsa problemlos bewegen zu können? bliebe einem diese zweifelsfreie bereichung in irgend einem andere falle vorenthalten?

Di., 02.02.2016 - 14:17 Permalink
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Christian Mair Di., 02.02.2016 - 14:51

Antwort auf von Harald Knoflach

Wenn eine Wiedervereinigung Tirols zur Abstimmung stehen würde, müsste dann Deiner Logik von sich in kollektiver Selbstbestimmung äussernde individuelle Selbstbestimmung folgend, nicht auch der Nordtiroler und der Trentiner (falls es einen Stereotypen überhaupt gibt), abstimmen dürfen.

Di., 02.02.2016 - 14:51 Permalink
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Sigmund Kripp Di., 02.02.2016 - 15:13

Antwort auf von Christian Mair

Im Prinzip ja! Erst müsste sich die Südtiroler Bevölkerung mehrheitlich dafür aussprechen. Dann müssten die beiden anderen Provinzen - in Abfolge oder gleichzeitig - befragt werden, ob sie das auch wollen. So könnte - immer ganz theoretisch - eine Vereinigung mit nur einer der beiden Provinzen oder mit beiden erfolgen. Aber wie gesagt: ich halte es für vergebene Liebesmühe... Interessanter ist es, ZUERST die SüdtirolerInnen nach dem Status zu befragen, den sie haben wollen. Es kann ja auch sein, dass eine Mehrheit sagt: es ist alles herrlich (obwohl Durnwalder fehlt!) und wir belassen alles so, wie es ist.

Di., 02.02.2016 - 15:13 Permalink